Von Aerobic bis Kegeln Warum Sportarten aussterben

Düsseldorf · Aerobic, Feldhandball und Kegeln waren gestern. Heute sind Crossfit und E-Sport angesagt. Ein Sporthistoriker erklärt, welche Sportarten nicht mehr gefragt sind und warum.

Das sind die Ups and Downs bei Sportarten 2018
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Ups and Downs bei Sportarten 2018

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Foto: dpa, spf fpt lof

Kegelvereine meldeten Anfang Januar einen dramatischen Rückgang der Aktiven. Doch das ist nicht die einzige Sportart, die immer weniger populär ist, sagt Ansgar Molzberger von der Deutschen Sporthochschule. Der Sporthistoriker hat beobachtet, dass Sportarten über lange Zeit komplett in Vergessenheit geraten können.

 Ansgar Molzberger von der Deutschen Sporthochschule.

Ansgar Molzberger von der Deutschen Sporthochschule.

Foto: Sporthochschule Köln

In den 80er Jahren schaute man Bahnradfahren im Fernsehen und jedes Kind der Zeit erinnert sich, wie Kino-Alien E. T. mit dem BMX-Fahrrad zurück nach Hause gebracht wurde. Der Trendsport ließ in Deutschland nicht lange auf sich warten und verschwand danach auch wieder. Doch wie sieht es im Breitensport aus?

Feldhandball etwa ist praktisch ausgestorben. Die Rasenvariante des heutigen Hallensports war bis vor rund 50 Jahren üblich. Heute taucht sie allenfalls als "Retrosport" wieder auf, den die Altherrenmannschaft beim Vereinsfest zeigt. Was war passiert? Molzberger sieht zwei Ursachen: Zum einen baute beinahe jede Stadt in Deutschland in den 60er Jahren eigene Turnhallen, zum anderen wird Feldhandball auf einer größeren Fläche gespielt. In der Feldmitte passierte wenig. In der Halle wurde der Sport schneller.

Sporthistoriker Molzberger erklärt das Phänomen wissenschaftlich: "Wir sprechen von Wirkungsbreite und Wirkungstiefe." Eine Breitenwirkung hatte etwa Jane Fonda in den USA mit Aerobic. In Deutschland hüpften tausende Hausfrauen zur ZDF-Sendung "enorm in Form" vor den Röhrenfernsehern durchs Wohnzimmer.

Ganz ausgestorben ist Aerobic aber auch heute nicht. In unserer Region etwa bietet die Turngemeinde Neuss sonntags einen "Body Workout" zum Thema. Der Experte aus Köln nennt dieses Auf und Ab für einen Trendsport typisch: "Fitnessgymnastik gab es auch vor Aerobic, und es gibt sie heute auch noch."

Auch Tennis erlebte mit den Siegen von Steffi Graf und Boris Becker in Wimbledon einen starken Zulauf. Immer mehr junge Leute meldeten sich bei den Vereinen an. 1993 hatte der Tennisverband nach der Statistik des Deutschen Olympischen Sportbundes mehr als 2,3 Millionen Mitglieder. 2017 waren es nur noch gut 1,3 Millionen - 45 Prozent weniger.

Um den Kegelsport ist es schlechter bestellt, sagt der Präsident des Deutschen Kegler- und Bowlingbundes, Uwe Oldenburg. Die Zahl der Kegler sei stark zurückgegangen: Von fast 200.000 Mitgliedern in den 1980 Jahren sind noch 80.000 geblieben. Einen Weg, den Niedergang zu stoppen, habe bislang niemand gefunden. Beim Bowling sei es nicht besser. "Es ist das Gleiche wie beim Kegeln."

Jürgen Ketelhake, Vorsitzender des Keglerverbandes Niedersachsen, sieht die Ursachen im Sport selbst: "Kegeln ist total überaltert". Der Deutschen Presseagentur bestätigte er: Ein körperlich einseitiger Sport in geschlossenen Kellerräumen biete wenig Anreiz für junge Menschen.

Molzberger schaut vorsichtig voraus und analysiert, welche Sportarten das Zeug zum zukünftigen Trendsport haben. "Manchmal gelingt es, dass etwas Altbekanntes zum Kult wird." Darts etwa habe gerade den Schritt aus den Kneipenkellern geschafft. Das Finale der Darts-WM haben in Deutschland im Schnitt 2,15 Millionen Zuschauer gesehen. Newcomer Rob Cross siegte über Rekordweltmeister Phil Taylor (beide England).

Auch im Breitensport gibt es neue Bewegungen. Im E-Sport gibt es große Turniere. Vereine wie Schalke 04 stellen ein eigenes Team. In Asien stehen die Stars der Szene bereits auf einer Stufe mit "normalen" Sportlern und durften im Vorfeld der Winterspiele in Pyeongchang die olympische Fackel tragen.

Bei den Frauen ist "Barre Workout" gefragt - ein Trainingskonzept aus den USA und Australien, bei dem Elemente von Ballett, Pilates und Ausdauertraining zusammengeführt werden. In Düsseldorf eröffnete jüngst das dritte Studio.

Bei den Männern ist eher Crossfit angesagt: Im Team machen sie Liegestütze sowie Klimmzüge und trainieren an Geräten. Ex-Zweitliga-Profi Thomas Hübener betreibt eine Crossfit-"Box" in Langenfeld.

(woa)
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