Verunreinigtes Kita-Essen in Leverkusen Polizei ermittelt gegen Küchenhilfe

Leverkusen · Eine Mitarbeiterin der Leverkusener Kindertagesstätte wird verdächtigt, Spülmittel in die Speisen der Kinder gegeben zu haben. Viele Eltern sind verunsichert. Einige von ihnen haben ihre Kinder bereits aus der Kita genommen.

 Die Kita im Leverkusener Stadtteil Schlebusch.

Die Kita im Leverkusener Stadtteil Schlebusch.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Pfarrer Hans Höroldt merkt man seine Betroffenheit an, als er am Donnerstagmorgen vor die Öffentlichkeit tritt und über das Ausmaß des Vergiftungs-Skandals in einer Leverkusener Kita berichtet. „Eine solche Geschichte haben wir bisher noch nicht erlebt“, sagt der Geschäftsführer des evangelischen Kitaverbundes, zu dem die Einrichtung gehört. Man sei entsetzt und schockiert und könne den Unmut der Eltern gut verstehen. Auch einzelne Kinder seien verunsichert, sagt er.

In der Kindertageseinrichtung, in der rund 60 Kinder betreut werden, wurden im Februar innerhalb einer Woche zweimal die Speisen für die Kinder mit Spülmitteln verunreinigt. Und das offenbar absichtlich. Kinder wurden nicht verletzt, weil die Verunreinigung noch rechtzeitig vor der Essensausgabe bemerkt wurde. Unsere Redaktion hatte den Fall am Mittwoch öffentlich gemacht.

Eine Küchenhilfe der Kita wird verdächtigt, die Substanzen in das Essen gegeben zu haben. „Es gibt einen vagen Anfangsverdacht gegen eine Kita-Mitarbeiterin“, bestätigte Kölns Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Die Frau werde jetzt befragt. Sie lasse sich anwaltlich vertreten. Nach Informationen unserer Redaktion soll es sich bei der Frau um eine Ein-Euro-Jobberin handeln. Sie arbeitet mittlerweile nicht mehr in der Einrichtung. Die Verdächtige soll selbst das nach Reinigungsmitteln riechende Essen gemeldet haben. Sie habe sich wohl profilieren wollen und habe nach Anerkennung gesucht. „Nach dem Motto: Hätte ich das nicht entdeckt, wäre den Kindern jetzt was passiert“, heißt es aus gut informierten Kreisen.

Verunreinigtes Kita-Essen in Leverkusen
Foto: FOTOS: MISERIUS (2) | GRAFIK: C. SCHNETTLER

Schon der Versuch, Essen mit Spülmitteln zu verunreinigen, ist strafbar. „Es handelt sich bei Zugabe von Reinigungsmittel in Speisen um einen schweren Vorwurf des Herstellens gesundheitsschädlicher Lebensmittel“, sagt Ute Hering, bis 2016 Oberamtsanwältin in Köln und zuständig für lebensmittelrechtliche Verstöße. „Es kann doch nicht sein, dass eine Helferin unbeaufsichtigt mit dem Essen der Kinder umgeht, also vom Lieferanten in Empfang nimmt, die allgemeine Genusstauglichkeit prüft, portioniert und die Verteilung veranlasst“, kritisiert sie.

Der erste Fall hatte sich am 12. Februar ereignet, der zweite am 18. Februar. Die Kita erstattete am 7. März Strafanzeige bei der Polizei. „Wir sind anfangs von einer technischen Panne ausgegangen. Erst als der zweite Fall bekannt wurde, haben wir anders gedacht. So etwas kann ja auch keiner ahnen“, sagt Fachbereichsleiterin Nadja Georgi. Man habe mit der Anzeige gewartet, bis die Ergebnisse aus dem Labor vorlagen, sagt sie. Darin wurde nachgewiesen, dass es sich bei den Verunreinigungen um Bestandteile von Reinigungsmitteln handelt, die in der Kita verwendet wurden.

Beim ersten Mal wurde das Reinigungsmittel in eine Paprikasauce gegeben, im zweiten Fall in eine Suppe. „Mindestens einmal wurde die Substanz mit einer Spritze oder einem ähnlichen Gegenstand injiziert“, so informierte Kreise. „Es wurden Einstichstellen in einem Deckel des betroffenen Behälters gefunden. Und um die Einstichlöcher herum wurde die Substanz nachgewiesen.“

Besonders gefährlich sei die Substanz gewesen, die in die Suppe gefüllt worden sei. „Als man das nur gerochen hat, hat man das Gefühl bekommen, dass einem die Atemwege verätzen“, sagt eine Ökotrophologin, die im Labor die betroffenen Speisen untersucht hat. Welche gesundheitlichen Folgen die Einnahme der Speisen für die Kinder gehabt hätte, lässt sich nur mutmaßen. Kita und Caterer gehen aber auf jeden Fall von Bauchschmerzen und Durchfall aus.

 Bei den Eltern ist die Verunsicherung groß. Einige haben ihre Kinder bereits aus der Kita genommen. Manche fühlen sich von der Kitaleitung schlecht informiert. „Ich bin der Meinung, man hätte viel früher zur Polizei gehen können“, sagt eine Mutter. „In der Zwischenzeit hätte ja noch mehr passieren können“, meint sie. Am Donnerstagmittag kommt eine weitere Mutter, um ihre Tochter aus der Kita abzuholen. „Wir haben sie jetzt vor dem Essen abgeholt“, sagt sie.

Pfarrer Höroldt ist zumindest erleichtert darüber, dass kein Kind und kein Erwachsener etwas von den verunreinigten Mahlzeiten gegessen habe oder auch nur damit in Berührung gekommen sei. „Das darf nie wieder vorkommen“, sagt er. Deshalb würden jetzt alle Mahlzeiten nach dem Sechs-Augen-Prinzip überprüft und vorgekostet, bevor sie den Kindern serviert würden. Man werde alles unternehmen, was möglich ist, um sicheres Essen zu gewährleisten.

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