28 Verletzte in Essen Hätte das Konzert von Marteria und Casper wegen Unwetters abgesagt werden müssen?

Düsseldorf · Meteorologe Jörg Kachelmann kritisiert auf Twitter die Veranstalter eines Open-Air-Konzerts, bei dem 28 Menschen durch eine umgestürzte LED-Wand verletzt wurden. Hätte das Konzert abgesagt werden müssen? In Dortmund musste das große Lichterfest unterbrochen werden.

Fotos: Konzert von Casper und Marteria in Essen wegen Unwetter abgebrochen
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Konzert von Casper und Marteria in Essen abgebrochen

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Foto: dpa/Marcel Kusch

Das Gewitter mit heftigem Regen, das am Samstagabend zwischen 20 und 22 Uhr von Düsseldorf Richtung Nordosten zog, traf auch Essen. Dort hatte gegen 20.30 Uhr ein Open-Air-Konzert begonnen: Die Rapper Casper und Marteria beendeten ihre gemeinsame „Champion Sound Open Air“-Tour. Bei heftigem Regen und Wind wurde das Gelände geräumt. Doch es gab Verletzte: Offenbar riss der Wind eine LED-Videoleinwand los, die ins Publikum stürzte. 28 Personen wurden verletzt, zwei von ihnen schwer.

Auf Twitter kritisiert der Meteorologe Jörg Kachelmann die Veranstalter scharf. Seiner Aussage nach hätte spätestens um 20.40 Uhr klar sein müssen, dass das Wetter einen Abbruch des Konzerts nötig macht. „Sicherheitskonzept fast aller Konzerte: null“, schreibt Kachelmann auf Twitter.

Deutscher Wetterdienst warnte vor Windstärke 7 für Essen

Wäre das Unglück abzusehen gewesen? Laut Thomas Gerwin vom Deutschen Wetterdienst in Essen war vor dem Gewitter gewarnt worden. „Die Veranstalter wussten, was kommt.“ Publiziert wurde die Warnung um 19.30 Uhr.

Allerdings habe es sich nicht offiziell um ein Unwetter gehandelt; dementsprechend habe es auch keine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes gegeben. „Es gab fünf bis zehn Liter Regen in kurzer Zeit – das ist viel, aber auch keine weltbewegende Menge.“ Für Essen war Windstärke 7 vorausgesagt, insgesamt maximal Windstärke 8. „Möglich ist natürlich immer, dass zwischendurch auch mal eine Böe Windstärke 9 hat“, so Gerwin. Das lasse sich aber nicht vorhersagen. Grundsätzlich seien die meisten Veranstaltungen bis Windstärke 8 gesichert.

Daraus lässt sich schlussfolgern: Es hätte im Ermessen des Veranstalters gelegen, das Konzert früher abzubrechen – den Wetterdaten zufolge hätte man das aber nicht unbedingt tun müssen.

Aus der Diskussion unter Kachelmanns Tweet geht hervor, dass dessen Kritik sich nicht nur auf das Unglück mit der Videowand bezieht, sondern generell auf die Frage, ob es überhaupt einen geeigneten Plan für die Räumung gab. Unser Reporter berichtet, das Sicherheitspersonal sei von der Situation überrumpelt worden. Ähnliches berichten mehrere Nutzer auf Twitter. Im Tweet einer Konzertbesucherin heißt es, sie habe selbst dafür sorgen müssen, dass die Notausgänge geöffnet würden. Berichtet wird aber auch, es sei nicht zu einer Panik gekommen, alle Menschen seien ruhig geblieben.

Die Verantwortlichen des Seaside Beach Baldeney, auf dem das Konzert stattgefunden hatte, sehen bei sich keine Versäumnisse. „Diese plötzliche Wettersituation war nicht vorherzusehen“, heißt es in einem Post auf der Facebookseite der Location. „Wir betreiben den Seaside Beach schon seit knapp 15 Jahren und haben so eine plötzliche Windböe mit Starkregen noch nie erlebt.“ Das Seaside Beach habe mit Polizei, Feuerwehr und Sanitäter vor Ort ab dem Veranstaltungsbeginn die Wettersituation im Auge gehabt. Zur Ursache des Unglücks könne man noch nichts sagen.

Lichterfest in Dortmund unterbrochen

Andernorts verursachte das Gewitter ebenfalls eine Räumung: In Dortmund entschieden die Veranstalter des Lichterfests im Westfalenpark gegen 21.40 Uhr, den Park zu räumen. Kritisiert wurde auf Facebook, dass aus den Durchsagen im Park nicht hervorgegangen sei, weshalb die Räumung erfolgte. Es sei nur von „Sicherheitsgründen“ die Rede gewesen. Offenbar hatten einige Besucher daraus auf einen Terroranschlag geschlossen. Gegen 22.30 Uhr wurde die Veranstaltung fortgesetzt, auch das große Abschlussfeuerwerk fand statt. Allerdings nach Medienberichten vor deutlich weniger Besuchern, da die meisten bereits nach Hause gegangen waren.

Viele Feuerwehreinsätze in der Region

Zwischen Düsseldorf und Dortmund waren die Feuerwehren am Abend häufig im Einsatz. In Essen wurden an rund 30 Einsatzstellen umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste gemeldet. Aus Bochum meldet die Feuerwehr 16 Einsätze. Dort war besonders heftig die Weststraße in Wattenscheid betroffen, wo Äste abgerissen und auf Fahrzeuge und gegen Häuser geschleudert wurden. Laut Feuerwehr dauerte die Beseitigung allein dort Stunden. Gegen 21 Uhr wurden in der Kreisleitstelle Mettmann mehrere Einsätze wegen Gewitters gemeldet. Die Feuerwehr Ratingen wurde zu umgestürzten Bäumen, einem umgestürzten Bauzaun und zu einer Straßenlaterne, die sich durch die Windböen in eine gefährliche Schräglage befand, gerufen.

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