Probleme bei der Verkehrserziehung in NRW Immer mehr Kinder fallen durch die Fahrradprüfung

Düsseldorf · Die Verkehrswacht schlägt Alarm: Bei Fahrradprüfungen in NRW steigt die Durchfallerquote. Viele Grundschüler seien zu unbeweglich. Der Fahrradclub moniert: Vielerorts fehlen sichere Radwege.

 Die Fahrradprüfung findet in Nordrhein-Westfalen in der dritten oder vierten Klasse statt (Symbolbild).

Die Fahrradprüfung findet in Nordrhein-Westfalen in der dritten oder vierten Klasse statt (Symbolbild).

Foto: Stadt Krefeld

In Nordrhein-Westfalen steigt nach Einschätzung von Experten die Zahl der Kinder, die die Anforderungen der Fahrradprüfung nicht erfüllen. „Während vor zehn Jahren im Durchschnitt zwei Kinder pro Klasse nachgeschult werden mussten, sind es mittlerweile fünf bis zehn“, sagte der Direktor der Landesverkehrswacht NRW, Burkhard Nipper, unserer Redaktion. Das sei besorgniserregend, denn die Kinder könnten so nicht sicher mit dem Fahrrad am Verkehr teilnehmen. „Vielen fehlt es an der nötigen Motorik. Die Beweglichkeit ist deutlich zurückgegangen. Manche können nicht einmal mit einer Hand fahren oder fahren selbst beidhändig Schlangenlinien“,  sagte Nipper.

Die Fahrradprüfungen finden in NRW in der dritten oder vierten Klasse statt. Sie bestehen aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Polizei und Verkehrswacht unterstützen die Grundschulen bei den Prüfungen. Nach Angaben der Verkehrswacht nehmen mehr als 95 Prozent der Kinder an der Radfahrausbildung der Grundschulen teil.

Der Bundesverband der Deutschen Verkehrswacht hat vor zwei Jahren die Radfahrausbildung an Schulen in einer Studie untersucht, für die rund 7000 Lehrer, Polizisten, Eltern und Kinder befragt wurden. Demnach verfügen bundesweit bis zu 14 Prozent der Grundschüler nicht über die für die Fahrradprüfung notwendige Motorik. „Und daran hat sich in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland auch leider nichts verbessert. Im Gegenteil“, sagte Hannelore Herlan, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Verkehrswacht.

Trotz unzureichender Fähigkeiten fahren viele Kinder bereits in der ersten und zweiten Klasse mit dem Rad zur Schule. Davon raten Experten dringend ab. „Vor der Radfahrausbildung in der dritten oder vierten Klasse sollten Kinder nicht unbeaufsichtigt mit dem Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs sein, also auch nicht zur Schule fahren“, sagte Herlan. Erst ab diesem Alter würden Kinder komplexere Verkehrssituationen erfassen können und mehr Bewegungssicherheit auf dem Rad bekommen. Deshalb halten Polizei und Verkehrswacht auch nichts von der Forderung, die Fahrradprüfung schon in die erste oder zweite Klasse zu verlegen. „Die kognitiven Fähigkeiten sind dann noch nicht gegeben“, sagte Nipper.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) in Nordrhein-Westfalen fordert angesichts dieser Entwicklung, dass das Thema Fahrradfahren wieder mehr in den Fokus des Unterrichts in Grundschulen rücken müsse. „Man könnte Workshops rund ums Fahrrad anbieten – angefangen mit der Reparatur und dem Flicken eines Reifens“, sagte Daniel Wegerich vom ADFC-Landesverband.

Auch Fahrradausflüge sollten die Grundschulen verstärkt unternehmen und gemeinsam mit den Kindern und Eltern sichere Radwege entwickeln. „Die Kinder lernen sonst kein selbstständiges Verkehrsverhalten mehr“, so Wegerich. Kern des Problems sei, dass sichere Radwege fehlten – vor allem in den Städten. „Die sind nicht sicher genug für die Kinder. Deshalb fahren auch immer weniger mit dem Fahrrad – und können es somit natürlich auch nicht richtig“, so der Experte.

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