Deutsch-türkischer Moscheeverband Verfassungsschutz wird Ditib-Zentrale wohl nicht überwachen

Berlin · Die Zentrale des deutsch-türkischen Moscheeverbandes Ditib entgeht einem Medienbericht zufolge offenbar einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Zuvor war sie zum Prüffall erklärt worden.

Polizisten vor der Ditib-Zentralmoschee in Köln.

Polizisten vor der Ditib-Zentralmoschee in Köln.

Foto: dpa/Marius Becker

Nachdem das Bundesamt in diesem Jahr die Ditib-Zentrale zum Prüffall erklärt und den Vorstoß für eine Überwachung gewagt hatte, halte man solche Maßnahmen nun nicht mehr für das geeignete Mittel. Das berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Sicherheitskreise (kostenpflichtiger Artikel).

Im Bundesamt und im Bundesinnenministerium ist man den Angaben zufolge inzwischen davon überzeugt, die Sache zurückhaltender anzugehen. Das zeige auch das Verhalten von Innenminister Horst Seehofer (CSU): Im Kreis der Länderkollegen habe er zuletzt deren Bewertung zugestimmt und signalisiert, dass es dringendere Probleme gebe. Zudem seien nachrichtendienstliche Mittel nicht zwingend notwendig, um die aktuellen Probleme mit der Ditib zu lösen. Stehe der schwerwiegende Vorwurf der Spionage im Raum steht, könne man ohnehin bereits heute nachrichtendienstliche Maßnahmen anwenden.

Offiziell sei aber noch keine Entscheidung gefallen, hieß es. "Wie in solchen Verfahren generell üblich, äußert sich das Bundesinnenministerium erst nach Abschluss", wird ein Ministeriumssprecher zitiert. Wann dies der Fall sei, könne derzeit nicht prognostiziert werden.

CSU-Innenexperte Michael Frieser hält indes den Druck aufrecht: "Nach meiner Auffassung muss die Ditib im Verdachtsfall ein Fall für den Verfassungsschutz sein", sagte er der "Welt am Sonntag". Das gelte etwa dann, wenn dort radikal-salafistische Imame Hass predigten.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) lehnt eine Überwachung dagegen ab. Der politische Einfluss Ankaras auf die Ditib habe sich seit dem Putschversuch in der Türkei 2016 zwar "deutlich verstärkt", so Pistorius. Der Verband sei als Gesprächspartner aber sehr wichtig. "Wir müssen unbedingt die unter Druck stehenden säkularen Kräfte in dem Moscheeverband unterstützen", mahnte er. "Dabei hilft es dem gemeinsamen Dialog in keiner Weise, den Eindruck zu vermitteln, eine Überwachung der Ditib sei notwendig." Der niedersächsische Verfassungsschutz etwa sehe auch "gar keine Anhaltspunkte für umfassende verfassungsfeindliche Bestrebungen beim Landesverband Niedersachsen/Bremen der Ditib".

(lukra/kna)
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