Betrunkener rast in Urlaubergruppe Sechs Deutsche sterben in Südtirol – vier Opfer stammen aus NRW

Luttach · Bei einem tödlichen Unfall in Südtirol sind sechs Deutsche - drei Frauen und drei Männer - getötet worden. Vier Opfer stammen aus den NRW-Städten Wuppertal, Köln und Dortmund. Der Autofahrer raste betrunken in die Urlaubergruppe.

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Sieben Deutsche sterben bei Unfall in Südtirol

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Ein betrunkener Autofahrer ist in eine Gruppe deutscher Skitouristen in Südtirol gerast und hat sechs junge Menschen getötet. Die Urlauber im Alter zwischen 20 und 25 Jahren seien in der Nacht zu Sonntag in Luttach noch am Unfallort gestorben, bestätigte die Feuerwehr. Elf Menschen seien verletzt worden. Vier von ihnen hätten schwerste Verletzungen erlitten, ein Mensch kämpft ums Überleben.

Die meisten Opfer kamen aus Nordrhein-Westfalen, wie Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Sonntag über den Twitter-Account der Staatskanzlei bekannt gab. Vier stammen aus NRW, wie aus Regierungskreisen in Düsseldorf verlautete. Zwei wohnten in Wuppertal, einer in Köln und einer in Dortmund. Das berichtete am Sonntagabend eine Sprecherin des Innenministeriums in Düsseldorf. Bei dem Dortmunder handele es sich um einen 22 Jahre alten Mann, teilte die Polizei der Ruhrgebietsstadt mit. Die Polizei und Notfallseelsorger hätten die Familienangehörigen informiert und würden sie jetzt betreuen.

Ein weiteres Todesopfer kam aus Niedersachsen. „Einer der Getöteten wohnte in Niedersachsen. Mein tiefes Mitgefühl gilt seinen Angehörigen, aber auch denen aller anderen Todesopfer“, zitierte die Staatskanzlei am Sonntag auf Anfrage Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Über die Herkunft des Opfers hatte zunächst Radio ffn berichtet.

Ein weiteres Opfer wohnte in Hamburg. Die Person stamme aus Baden-Württemberg, sei in der Hansestadt aber gemeldet gewesen, sagte ein Sprecher des Lagezentrums der Polizei am Sonntag in Hamburg.

Die Opfer kommen nach Angaben Laschets aus unterschiedlichen Städten. „Es war eine gemeinsame Gruppe, aber es waren auch andere dabei, und nicht alle haben sich gekannt“, sagte Laschet am Sonntag in Aachen. Der Reiseveranstalter komme wohl aus Nordrhein-Westfalen, aber „das ist nicht eine geschlossene Gruppe, das sind junge Leute, die gemeinsam Skiurlaub verbringen wollten in Südtirol, die wohl an dem Abend noch gefeiert haben, dann mit einem Shuttle in den Ort Oberluttach gefahren sind und dann beim Überqueren der Straße von dem Fahrzeug erfasst worden sind.“

Laschet bezeichnete das Geschehen als „schreckliche Tragödie“. Ein Raser unter Alkoholeinfluss habe die jungen Menschen aus dem Leben gerissen. Die Opferschutzbeauftragte des Landes werde nun den betroffenen Familien in NRW beistehen. Laschet dankte dem Landeshauptmann von Südtirol, den Rettungskräften, der Polizei, den Ärzten und Pflegern in den Krankenhäusern in Italien und Österreich.

Für die Familien der Opfer beginne das neue Jahr mit dem größtmöglichen Schrecken, sagte Laschet. „Ich kann das nachempfinden, weil auch meine eigenen Kinder oft im Skiurlaub mit einer Gruppe waren. Und wenn ich mir vorstelle, mich würde dann eine solche Nachricht ereilen, dann kann man nachempfinden, was im Moment die Eltern, die Geschwister, die Freunde in diesen Stunden empfinden.“

Unter den Verletzten sind auch zwei Südtiroler, die übrigen stammen aus Deutschland. Der Fahrer des PS-starken Sportwagens - italiensiche Medien sprechen von einem Audi TT - war stark betrunken, als er die Touristen tötete. Ein Polizeisprecher in Bozen sagte der dpa, ein erster Test habe mehr als 1,9 Promille ergeben. Ein Bluttest habe den hohen Alkoholwert später bestätigt, Der Mann, ein 27 Jahre alter Mann aus der Region, sei in ein Krankenhaus gekommen und werde auch auf Drogen untersucht. Er wurde festgenommen. Ihm wird unter anderem mehrfache Tötung im Straßenverkehr vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Mann steht unter Schock und sei dementsprechend im Krankenhaus in psychologischer Behandlung von Spezialisten, sagte ein Polizeisprecher in Bozen am Sonntag. Medien in Italien hatten berichtet, der Mann aus dem Südtiroler Ort Kiens sei in der Psychiatrie. Er habe gesagt, sich umbringen zu wollen, als er von der hohen Zahl der Toten erfahren habe. Er habe „Sachen gesagt“, die in diese Richtung gehen könnten, sagte der Polizeisprecher.

Die Gruppe war in den Skiferien und in dem Wintersportort auf dem Heimweg von einem Discobesuch. Gegen 1.15 Uhr nachts stiegen die junge Leute aus einem Shuttlebus und überquerten die Hauptstraße, wie ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur erzählte. Das Auto sei viel zu schnell unterwegs gewesen. Ihre Unterkunft lag ganz in der Nähe der Unfallstelle. Die Ermittler gehen von einem Unfall und nicht von einer absichtlichen Tat aus.

Nach dem tödlichen Unfall herrscht in der Touristenregion Entsetzen: „Das neue Jahr beginnt mit dieser schrecklichen Tragödie“, sagte der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher auf einer Pressekonferenz in Luttach. „Wir sind alle geschockt.“ Im Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, Mitarbeiter des Generalkonsulats Mailand stünden im Kontakt mit den zuständigen italienischen Behörden, die mit der Identifizierung der Verunglückten befasst sind und unterstützten bei der Betreuung der Betroffenen. Der deutsche Botschafter in Italien, Viktor Elbling, war unterwegs zur Unfallstelle.

Von den vier Schwerverletzten mussten nach Angaben der Feuerwehr drei vor Ort intubiert werden: Eine Frau kam ins Krankenhaus Bruneck, ein Mann ins Regionalkrankenhaus Bozen und eine schwerstverletzte Frau und ein schwerstverletzter Mann in die Universitätsklinik Innsbruck.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln nun nicht nur, ob der Mann im Rausch war, sondern auch, ob er zu schnell unterwegs war. Dies bestätigte auch ein Augenzeuge aus Luttach. Der Busfahrer, der die Gruppe zuvor transportiert hatte, sagte, er haben den Autofahrer mit viel zu hohem Tempo kommen sehen und um ihn zu warnen das Licht seines Wagens aufblenden lassen. „Da habe ich schon die Leute über die Straße fliegen sehen.“ In Luttach gab es nach dpa-Informationen aus dem Ort seit längerem Klagen über Autos, die auf der Hauptstraße rasen und über mangelnde Kontrollen.

Ein Sprecher der Feuerwehr in Luttach sagte der dpa, die Menschen seien auf der Hauptstraße des Ortes unterwegs gewesen. 160 Einsatzkräfte waren vor Ort. Helmut Abfalterer von der Feuerwehr schilderte der „Tageszeitung Online“ schlimme Szenen: „Es hat ausgesehen wie auf einem Schlachtfeld.“

Kanzlerin Angela Merkel erklärte über ihren Sprecher: „Ein fröhlicher Abend, der in der Katastrophe endet. Ich trauere mit allen, die dort heute Nacht Kinder, Geschwister, Freunde verloren haben. Den Verletzten wünsche ich Kraft und baldige Genesung.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bekundete den Familien sein Beileid: „Der Unfall in Südtirol hat auf furchtbare Weise das Leben von sechs jungen Menschen ausgelöscht, die unbeschwerte Urlaubstage verbringen wollten.“

Die Gegend liegt in Italien an der österreichischen Grenze und ist als Ski- und Wintersportgebiet bekannt. Luttach ist ein Dorf der Gemeinde Ahrntal, das etwas mehr als 1000 Einwohner hat. Es liegt in der Nähe von Bruneck. Der Ort ist bekannt bei deutschen Jugendgruppen, die zum Skifahren kommen.

Der Bürgermeister von Luttach, Helmut Gebhard Klammer, sprach von einer „Katastrophe“, wie sie das Tal noch nie erlebt habe. „Wir sind fassungslos“, sagte er und sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Gleichzeitig rief er zu einer „fairen Berichterstattung“ auf, dass der Unfall keinen „großen Schatten für die Zukunft auf unsere Talschaft wirft“.

In Südtirol kamen erst vor einer Woche mehrere Deutsche ums Leben: Am vergangenen Samstag verschüttete eine Lawine Skifahrer auf der Piste im Schnalstal. Eine deutsche Mutter mit ihrer Tochter aus Thüringen und ein Mädchen aus NRW starben.

Für Angehörige und Freunde der Opfer haben die Behörden eine Bürgernummer eingerichtet: +39 0471 551155.

(felt/mba/dpa)
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