Pressestimmen "Wer Recht so verhöhnt, muss ausgewiesen werden"
"Bild": Ausgelassene Stimmung - Feiern weitgehend friedlich", überschrieb die Kölner Polizei am Neujahrsmorgen eine Pressemitteilung. Von Übergriffen gegenüber Frauen kein einziges Wort. Vier Tage hat es gedauert, bis das deutschlandweit bekannt wurde. Warum vier Tage? Hatte man im Innenministerium von Nordrhein-Westfalen etwa Angst, dass das eigene Weltbild ins Wanken gerät? Zur Ehrlichkeit gehört: Natürlich nicht alle, aber viele Männer aus dem arabischen Raum haben ein Verständnis von Ehre, von männlicher Stärke, das auch mit Gewalt verknüpft ist - vor allem gegen Frauen. Wir müssen deshalb auch allen neuen Zuwanderern sagen: Wer hier leben will, muss sich von solchen Vorstellungen von Ehre verabschieden. Sonst hat er hier keine Zukunft. Und wir müssen als Staat entschieden auftreten.
"Die Welt": Warum hat es so lange gedauert, bis die Dimension der Kölner Silvester-Nacht allen - der Stadt selbst, der Polizei, der Politik und der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit - bewusst wurde? Weil hier in der Kombination aus massenhafter sexueller Belästigung von Frauen und Diebstahl etwas Neues entstanden ist. Köln könnte ein Weckruf sein. Feigheit, als Vorsicht getarnt, freut nur die Feinde der Demokratie. Einzig Sicherheit garantiert Freiheit. Der polizeilichen Kontrolle des öffentlichen Raumes, einer strengeren rechtsstaatlichen Ahndung von Vergehen muss endlich viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Um als Gesellschaft großzügig, fair und liberal zu sein - und in diesen aufgewühlten Zeiten auch bleiben zu können.
"Frankfurter Rundschau": Manche glaube, die Übergriffe der Kölner Silvesternacht seien erst deshalb so spät so deutlich geschildert wurde, weil die mutmaßlichen Täter aus Nordafrika stammen sollen. Denn sicher: diese Feststellung ist Öl im Feuer der Rassisten. Doch die Sache aus politischen Gründen herunterzuspielen, ist falsch, weil es die grauenhaften Erlebnisse der Opfer verhöhnt. Und es ist gefährlich, weil nicht durch das Herunterspielen solcher Nachrichten Rassisten der Wind aus den Segeln genommen wird - sondern nur durch die größtmögliche Transparenz im Umgang mit solchen Ereignissen. Denn eins ist vor allem wichtig: In einem Rechtstaat ist es gleichgültig, woher die Täter stammen. Ob aus Nordafrika oder Köln-Deutz. Sie gehören bestraft.
"FAZ": Tatsächlich fürchtet die Regierung und auch der größte Teil der Opposition nichts so sehr wie eine Radikalisierung der innenpolitischen Auseinandersetzung und eine Zunahme der Fremdenfeindlichkeit. Die jetzt erhobene Forderung nach Härte (auch) gegenüber ausländischen Straftätern, unter Umständen - man höre und staune - sogar bis zur Abschiebung, wird daher stets verbunden mit der Warnung vor einer Vorverurteilung aller Migranten. Das grenzt freilich auch schon an eine Vorverurteilung, diesmal der besorgten, aber doch noch denkenden und urteilsfähigen Deutschen. Die lassen sich nicht für dumm verkaufen. Sie kennen die Verhältnisse in ihren Städten. Diese als besser auszugeben, als sie sind, würde am Ende politisch alles nur noch schlimmer machen.
"Handelsblatt": Mindestens so notwendig wie die Debatte über sexualisierte Männerhorden ist deshalb die über die Polizeiarbeit. Gerade eine liberale Gesellschaft muss ihre Regeln durchsetzen. Daran hapert es offenbar in vielen Städten. Ehe der Ruf nach härteren Gesetzen wieder laut wird: Polizeigewahrsam über Nacht ist heute durchaus möglich, Platzverweise sind es ebenfalls, Abschiebungen von Straftätern sowieso. Die Instrumente müsste die Polizei intensiver nutzen. Und die Politik muss sie nach all den Jahren der Kürzungen endlich auch personell flächendeckend wieder aufstocken. Damit sich Taten wie in Köln nie wieder in Deutschland wiederholen.
"Märkische Allgemeine": Wer als Ausländer Recht und Gesetz anerkennt, hat in Deutschland eine Chance verdient, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion. Wer aber Recht und Gesetz so verhöhnt wie in Köln, muss ausgewiesen werden.
"Westfälische Nachrichten": Wie steht es um die innere Sicherheit? Nicht gut, wenn ein marodierender Männer-Mob im Schatten des Kölner Doms und weitere Meuten andernorts die Silvesterfreude zu üblen Attacken gezielt auf Frauen nutzen können. Fast 100 Anzeigen, aber bisher kein Täter ermittelt - ein Armutszeugnis für die Verantwortlichen in der Domstadt. Zu lange weggeschaut? Zu lange viele Vergehen geduldet? Die Nacht in Köln, über die anfangs nicht einmal offen informiert wurde, hat eine Vorgeschichte. Auch Missbrauchstäter und Diebe führen sich erst derart respekt- und hemmungslos auf, wenn sie nichts zu fürchten haben und Polizisten verhöhnen können.
"Braunschweiger Zeitung": Der Rechtsstaat achtet die individuellen Rechte jedes Menschen. Er macht sich die Entscheidung über Aufenthaltsrecht und Freiheitsentzug schwer. Aber was in Köln geschah, ist eine Perversion des Rechtsstaatsgedankens. Da werden Täter geschützt, während Polizei und Justiz die Opfer alleinlassen. Die Kölner Sicherheitsbehörden haben dem Ansehen des Rechtsstaates schweren Schaden zugefügt. Wer sich so verhält, arbeitet Hetzern in die Hände - die nun freudig solche Kriminelle mit schutzsuchenden Flüchtlingen gleichsetzen.
"Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung": Die Ethnie der mutmaßlichen Täter kann keine Entschuldigung sein; Kulturrabatte für Sexualstraftäter darf es nicht geben, auch wenn sie aus Gesellschaften kommen sollten, in denen antiquierte, abwertende Frauenbilder vorherrschen. Aber klar muss auch sein: Nicht Ethnien begehen Verbrechen, sondern Straftäter. Die Übergriffe von Köln sind aber Wasser auf die Mühlen von Fremdenhassern, die sich in all ihren dumpfen Vorurteilen bestätigt fühlen und nach den Geschehnissen in der Silvesternacht das Netz mit hasserfüllten Vernichtungs- und Gewaltfantasien fluten. Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist kein kulturspezifisches Problem, auch wenn das jetzt wieder von zig Bewahrern des Abendlandes herbeigeredet wird. Sie findet täglich statt, auch in urdeutschen Schlafzimmern. Wenn sie nur dann thematisiert wird, wenn Ausländer die Täter sind, dann wird sie schändlich instrumentalisiert.
"Berliner Zeitung": Ja, wir dürfen uns in Europa zugutehalten, dass die Beziehungen der Geschlechter mittlerweile in der Regel von Respekt geprägt sind, so dass sich Frauen frei und ohne Angst bewegen können. Wir wollen, dass auf diese Umgangsformen nicht nur in Migranten-Wegweisern durch die deutsche Leitkultur hingewiesen wird, sondern, dass dieser mühsam errungene Zivilisationsgewinn mit allen Mitteln des Rechtsstaates verteidigt wird. Wir wollen, dass die Hirngespinste überängstlicher Fremdenfeinde nicht das Klima bestimmen. Auch deshalb müssen sich alle für den Schutz von Recht und Ordnung Zuständigen mehr einfallen lassen, um real heranziehende Übel wie Sexualterror eindämmen zu können.
"Nordkurier": "Mitten in Deutschland, mitten in einer Menschenmenge werden Frauen zu Freiwild, umzingelt, beschimpft, begrapscht, entkleidet, vergewaltigt, ausgeraubt. Wie widerwärtig! Selbst der Polizei fehlen die Worte. Doch anstatt lange nach Erklärungen zu suchen, hätten die Beamten längst tätig werden können. Der Bahnhofsvorplatz in Köln und das Areal rund um den Dom gehören nicht erst seit der vergangenen Silvesternacht zu Plätzen, die man nicht nur als Frau am besten meidet. Seit Jahren machen sich dort Drogendealer, Diebesbanden und Gewalttätige breit. Die Verantwortlichen der Rheinmetropole scheinen tatenlos zuzusehen. Noch schlimmer wäre es, hätten sie resigniert. Diese Hilflosigkeit ist mehr als bedenklich. Es dürfte sie nicht geben. Weil jede dieser Sex-Klau-Attacken in Deutschland eine zu viel, beschämend, erschreckend, eklig ist.
"Landeszeitung" (Lüneburg): Szenen, wie wir sie bisher nur mit dem Tahrir-Platz in Kairo oder den Straßen Indiens verknüpften, sind jetzt auch mit dem Kölner Bahnhofsvorplatz und der Reeperbahn verbunden - und schweben als Damoklesschwert über einer ohnehin schon überhitzt geführten Flüchtlingsdebatte. Dabei gibt es keinen Anlass, den aktuellen Kriegsflüchtlingen die Übergriffe anzulasten. Kölner Ermittler haben eher die Szene nordafrikanischer Intensivtäter rund um den Bahnhof im Verdacht, die als Trickdiebe und Dealer auffällig sind und schon länger hier leben. Damit solche Menschen unsere Werte respektieren, muss der Staat Grenzen aufzeigen. Der Skandal im englischen Rotherham sollte als Mahnung dienen, wo pakistanische Täter jahrelang Hunderte Mädchen missbrauchen konnten, weil die Polizei allzu zurückhaltend ermittelte, um sich nicht dem Rassismus-Verdacht auszusetzen.
