Kleve Totschlag in der Küppersstraße

Kleve · Ein 20-Jähriger hat gestanden, in der Wohnung seiner 48 Jahre alten Mutter einen 22 Jahre alten Bekannten mit Faustschlägen und Tritten getötet zu haben. Der Klever Haftrichter ordnete am Mittwoch Untersuchungshaft an.

 Beamte der Kriminalpolizei überwachen nach Einbruch der Dunkelheit den Abtransport der Leiche des am Nachmittag getöteten 22-Jährigen aus der Küppersstraße.

Beamte der Kriminalpolizei überwachen nach Einbruch der Dunkelheit den Abtransport der Leiche des am Nachmittag getöteten 22-Jährigen aus der Küppersstraße.

Foto: Schulmann

Die Küppersstraße in Kleve Mittwochvormittag: Hin und wieder geht ein Passant die Straße entlang. In einem Vorgarten schneiden zwei Mitarbeiter eines Gartenbaubetriebes Buchsbäume. Auch ansonsten machen die Vorgärten vor den Mehrfamilienhäusern einen durchaus gepflegten Eindruck. Rosen und andere Blumen blühen dort. Vor vielen Häusern stapeln sich zwar Säcke voller Plastikmüll. Doch nichts deutet darauf hin, dass sich in einem der Häuser am Vortag ein blutiger Totschlag ereignet hat.

 Gerd Hoppmann, Leiter der Krefelder Mordkommission.

Gerd Hoppmann, Leiter der Krefelder Mordkommission.

Foto: Lammertz

Durch zahlreiche Faustschläge und Fußtritte soll der 20 Jahre alte Michael N. in der Wohnung seiner 48-jährigen Mutter in einem Mehrfamilienhaus an der Küppersstraße den 22 Jahre alten Marcin R., einen Bekannten aus dem Verwandtenkreis der Mutter, so schwer verletzt haben, dass sein Opfer an einem Schädelhirntrauma starb.

Dies ergab laut Gerd Hoppmann, Leiter der ermittelnden Mordkommission Krefeld, die Obduktion des Toten, die gestern in der Duisburger Rechtsmedizin erfolgte. Der 20-Jährige, der etwa eine Stunde nach der Tat in seiner Klever Wohnung festgenommen worden war, sagte am Dienstag noch nichts, gestern legte er aber ein Geständnis ab. Mittags ordnete ein Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft wegen Totschlags an.

Der 22-jährige Pole war erst am 31. August dieses Jahres nach Kleve gekommen und hatte vorübergehend bei der 48-Jährigen gewohnt. Noch am Vormittag des Tattages hatten er, der 20-Jährige und dessen Mutter in den Niederlanden für ihn nach einer Arbeitsstelle gesucht. Streit gab es bis zur Rückkehr nach Kleve nicht, ermittelten die Fahnder.

In der Wohnung an der Küppersstraße eskalierte die Situation dann aber. In den rund 20 Minuten, in denen die 48-Jährige von kurz vor 15 Uhr bis etwa 15.15 Uhr das Mehrfamilienhaus verlassen hatte, spielte sich dort ein Blutbad ab.

Laut dem Geständnis von Michael N. schlug und trat er im Wohnzimmer sowie in der Küche der Wohnung auf sein Opfer ein — bis dieses sich nicht mehr gerührt habe. Nachbarn wollen laut Polizei in der fraglichen Zeit "Schlaggeräusche wie von Handwerkern", aber keine Schreie gehört haben.

Der 48-Jährigen bot sich bei ihrer Rückkehr in die Wohnung gegen 15.15 Uhr ein schreckliches Bild. Michael N. lag blutüberströmt auf dem Boden, ihr Sohn flüchtete mit blutbefleckter Kleidung. Die Wohnungsinhaberin rief sofort den Notarzt. Reanimationsversuche blieben aber erfolglos. Da offensichtlich war, dass ein Tötungsdelikt vorlag, übernahm die Mordkommission Krefeld die Ermittlungen.

Bereits gegen 16.15 Uhr nahmen die Kriminalbeamten den 20-Jährigen in seiner Wohnung fest. Der Tatverdächtige wirkte auf die Fahnder völlig apathisch, reagierte nicht auf Fragen. In seiner Wohnung fanden die Ermittler blutverschmierte Kleidungsstücke, andere hatte er bereits gewaschen. Befragungen im Umfeld von Michael N. ergaben, dass der mutmaßliche Täter seit längerer Zeit Drogen jeglicher Art — Ecstasy, Speed und Amphetamine — sowie Alkohol konsumiert hat. "Mehrere Zeugen schilderten uns, dass vermutlich die Drogen in letzter Zeit eine Persönlichkeitsveränderung verursachten", sagte Gerd Hoppmann.

Zeugen sagten ferner aus, der Tatverdächtige sei unter Drogeneinfluss "unberechenbar und aggressiv". Zudem ist der 20-Jährige wegen Körperverletzungen und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz polizeilich bekannt. Die Untersuchungen, ob Michael N. zur Tatzeit unter Drogeneinfluss stand, waren gestern noch nicht beendet. Das Motiv ist bislang unklar. "Einen plausiblen Grund für die Tat konnte er uns nicht nennen", sagte Gerd Hoppmann.

Ludwig Tepest (73) lebt seit drei Jahrzehnten an der Küppersstraße. Zur Tatzeit am Dienstag war er mit seinem Jack-Russel-Mischling "Lucky" dort unterwegs. Als der 73-Jährige Notarzt- und Krankenwagen sah, machte er sich noch keine großen Gedanken. Als wenig später Polizeiwagen, schließlich Einsatzfahrzeuge der Krefelder Kripo hinzukamen, war dem Klever klar: Da ist was Schlimmes passiert. "Nachbarn, die die Leiche gesehen haben, sagten: ,Das Gesicht konnte man gar nicht mehr erkennen'", berichtet der Küppersstraßen-Bewohner.

Am Tag nach der Bluttat meint Ludwig Tepest, der in der Küppersstraße schon "einiges erlebt" hat: "Seit die Häuser, in denen Drogengeschäfte gemacht wurden, abgerissen worden sind, ist es hier eigentlich besser geworden." Klar werde es in mancher Wohnung immer wieder noch mal laut. "Das macht viel der Alkohol", meint der 73-Jährige, "aber so eine Bluttat. . ."

(RP/rl/ila)
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