Tödlicher Unfall auf A3 bei Köln Abgestürzte Betonplatte war wohl zu groß und „wurde passend gemacht“

Köln · Beim Einbau des nun hinabgestürzten Betonteils an der A3 bei Köln soll es eine „absichtlich gewählte Improvisation“ gegeben haben. Bei der letzten Untersuchung bekam die Betonplatte dennoch die Bestnote. Nun sollen ähnliche Bauwerke in NRW geprüft werden.

Betonplatte stürzt auf A3 in Köln - Frau stirbt
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Foto: dpa/Feuerwehr Köln

Die Betonplatte, die an der A3 bei Köln auf ein Auto gestürzt ist, war laut Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) offenbar zu groß ausgefallen. Um sie beim Einbau 2007 dennoch befestigt zu bekommen, habe man absichtlich improvisiert. „Sprich: Da hat was nicht gepasst und das ist dann passend gemacht worden“, sagte Wüst am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Landtags.

 Das Bild zeigt die Bruchstelle an der Betonplatte.

Das Bild zeigt die Bruchstelle an der Betonplatte.

Foto: dpa/-

Wüst sagte, dass er am Montagvormittag die Unfallstelle selbst besucht habe. „Ich bin nach wie vor fassungslos“, schilderte Wüst: „So was schüttele ich auch nicht einfach so aus den Kleidern.“ Der Minister betonte erneut, dass die mangelhafte Stelle verdeckt war und auch bei einer neuerlichen Prüfung wohl nicht entdeckt worden wäre. Sechs weitere Platten, die genauso falsch befestigt wurden, sollen laut Wüst ab Donnerstag abgebaut werden.

Die hinabgestürzte Betonplatte an der A3 wurde bei ihrer letzten planmäßigen Untersuchung 2013 mit „Sehr gut“ bewertet. Laut einem Bericht der NRW-Landesregierung an den Verkehrsausschuss des Düsseldorfer Landtags waren die jetzt festgestellten Mängel an der Halterung allerdings nicht sichtbar. „Es ist davon auszugehen, dass auch bei der kommenden Prüfung die fehlerhafte Konstruktion nicht aufgefallen wäre, weil sie versteckt hinter der Lärmschutzplatte liegt“, so das Verkehrsministerium in dem Bericht.

Tatsächlich hätte das Bauwerk 2019 erneut überprüft werden sollen. Weil zu viele andere Prüfungen ausstanden, hatte man das Vorhaben aber verschoben – „was aufgrund des Baujahres und der sehr guten Zustandsnoten der letzten Hauptprüfung von den zuständigen Fachleuten der Landesstraßenbauverwaltung als verträglich angesehen wurde“, heißt es in dem Bericht an den Landtag. Regelmäßige Sichtprüfungen hätten stattgefunden.

Der tödliche Unfall mit der Betonplatte aus einer Lärmschutzwand geht laut dem Landesdienst Straßen.NRW auf eine „absichtlich gewählte Improvisation“ beim Einbau im Jahr 2007 zurück. Damit sollte offensichtlich ein Höhenunterschied bei der Montage überbrückt werden, sagte ein Sprecher des Landesbetriebs am Mittwoch. Bei der gewählten Konstruktion mit einem Winkel habe eine angeschweißte Schraube die Zugkräfte des vier bis fünf Tonnen schweren Teils aus Stahlbeton aber auf Dauer nicht getragen. Eventuell könnte – so der Bericht an den Landtag – auch der Sog von Lastwagen an der Platte gezogen haben, sodass sie hinab stürzte.

Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet – zunächst gegen Unbekannt. Zur Frage einer Haftung durch das beauftragte Unternehmen gab es zunächst keine Informationen. Die Suche nach den Verursachern scheint jedoch schwierig: Laut einem Bericht des Verkehrsministeriums an den Landtag hatte eine Firma aus Gelsenkirchen 2007 die Stützwand errichtet, eine andere fertigte die Betonplatte an. Beide Unternehmen seien inzwischen aber insolvent. Ob eine der beiden Firmen auch die mangelhafte Befestigung veranlasste oder dafür zum Beispiel ein Subunternehmen engagiert wurde, blieb zunächst unklar. Der Hersteller der hinabgestürzten Betonplatte – ein Unternehmen aus Hessen – meldete nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur schon 2014 Insolvenz an und ist seit Jahren nicht mehr existent. Ein Teil der Betonplatten der betreffenden Stelle an der A3 wurde laut Straßen.NRW korrekt angebracht.

Die gleiche Konstruktion sei an sechs weiteren Lärmschutzplatten verbaut worden, die nun schnellstmöglich ausgebaut würden. Wann dies passieren würde, konnte der Sprecher am Mittwochmorgen noch nicht sagen. Bis es soweit ist, sollen die beiden äußeren Fahrspuren der Autobahn gesperrt bleiben.

Es sei nicht davon auszugehen, dass bei ähnlichen Bauwerken akute Gefahr bestehe, hatte es am Dienstag geheißen. Die Landesregierung erklärte in ihrem Bericht an den Verkehrsausschuss trotzdem, alle „kommunalen Straßenbaulastträger in Nordrhein-Westfalen“ würden „anlässlich des Unfalls ebenfalls informiert und gebeten, die Bauwerke in ihrem Zuständigkeitsbereich auf vergleichbare Befestigungskonstruktionen zu überprüfen.“

Der Fall ist auch Thema im Verkehrsausschuss des Landtages am Mittwoch. Den vollständigen Bericht der NRW-Landesregierung finden Sie hier.

(chal/mba/rky/dpa)
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