Teurer Müll NRW sagt der Plastiktüte den Kampf an

Oberhausen · In keinem anderen Bundesland werden so viele Plastiktüten verwendet wie in Nordrhein-Westfalen. Doch damit soll bald Schluss sein. Bürger, Kommunen und Handel arbeiten vielerorts an Konzepten für plastikfreie Einkäufe.

 Allein in Oberhausen kommen jedes Jahr 15 Millionen Plastiktüten zum Einsatz.

Allein in Oberhausen kommen jedes Jahr 15 Millionen Plastiktüten zum Einsatz.

Foto: Olaf Staschik

Besucher der Oberhausener Wochenmärkte müssen möglicherweise schon bald Taschen von zu Hause mitbringen, um Einkäufe zu verstauen. Nach Willen der Stadt sollen die Händler bald keine umweltschädlichen Plastiktüten mehr anbieten. "Wir prüfen gerade ein entsprechendes Verbot. Laut Ortsrecht ist das auf jeden Fall möglich ", sagt Robert Oberheid, Leiter des städtischen Agenda-Büros, das sich mit Unterstützung des Stadtrates zur Aufgabe gemacht hat, den Plastiktütenverbrauch in Oberhausen bis Ende 2017 um bis zu 70 Prozent zu reduzieren.

15 Millionen Tüten in Oberhausen

Es ist in dieser Vorgabe ein bislang beispielloses, aber auch sehr ehrgeiziges Projekt. Denn derzeit benutzen die rund 210.000 Einwohner Oberhausens jährlich rund 15 Millionen Plastiktüten. "Wollen wir unser Ziel erreichen, müssen wir auf 2,1 Millionen Tüten runter", betont Oberheid. Deshalb müssen einschneidende Maßnahmen her - wie das Plastiktütenverbot auf Märkten, das auch auf andere öffentliche Veranstaltungen im Stadtgebiet ausgeweitet werden könnte. Doch das allein wird wohl nicht reichen. "Die Bürger müssen auch mitmachen und Spaß daran haben. Sie sind dazu aufgerufen, Vorschläge zu machen für ein Leben ohne Plastiktüten", sagt Oberheid.

Neben Oberhausen wollen auch viele andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen den Verbrauch von Plastiktüten einschränken. Und das sei nach Meinung des Bundesumweltamtes dringend notwendig. "Bislang kommen auf jeden Einwohner 76 Plastiktüten pro Jahr", sagt ein Sprecher des Bundesumweltamtes. Das sind rund 1,3 Milliarden in NRW jährlich - in keinem anderen Bundesland sind es mehr.

"Wir verhüten Plastik"

Deutschland muss bis 2025 eine Vorgabe der EU erfüllen, wonach der Kunststofftütenverbrauch im Land pro Person auf 40 im Jahr sinken muss. Damit das gelingt, werden die Städte vermehrt von Umweltverbänden und Bürgern unterstützt. In Mönchengladbach suchen Politiker und Vertreter des Handels mit den Einwohnern nach Lösungen. In Leverkusen sensibilisierten vor Kurzem die Umweltorganisationen Nabu und BUND mit der "Aktion gegen die Plastikflut" die Bevölkerung für das Thema. In Düsseldorf haben private Initiatoren die Kampagne "Wir verhüten Plastiktüten " ins Leben gerufen.

Auf der dazugehörenden Facebook-Seite "Düsseldorf zu schön für Plastik" können Interessierte Vorschläge machen, wie man Plastikmüll vermeidet. Denn trotz eines guten Abfall- und Recyclingsystems gelangen in NRW immer noch viel zu viele der schädlichen Plastiktüten in die Natur, vor allem weil sie achtlos weggeworfen werden. "Das beeinträchtigt nicht nur Ökosysteme und Lebewesen, sondern verursacht auch einen massiven Verlust an Ressourcen", sagt ein Sprecher der Deutschen Umwelthilfe. Eigentlich sollen Plastiktüten im "Gelben Sack" gesammelt werden. "Allerdings kommen nur wenige Tüten in der Wertstoffsammlung an. Oft landen sie als Müllsack im Hausmüll", so der Experte. Ein weiteres Problem sei die Herstellung des Kunststoffs. "Denn dabei wird viel Kohlendioxid ausgestoßen."

Andere Einzelhändler wollen mitmachen

Aber auch Industrie und Handel sind gefordert - und viele ziehen auch schon freiwillig mit. So will etwa der deutsche Buchhandel Plastiktüten künftig nicht mehr gratis abgeben, sondern Geld dafür verlangen. Auch andere Einzelhändler wollen die Tüten nicht mehr gratis mitgeben.

Nach Angaben des Einzelhandelsverbandes sollen ab 1. April rund 60 Prozent der Tüten etwas kosten. Innerhalb von zwei Jahren sollen dann mindestens 80 Prozent der Tüten kostenpflichtig sein. Wie viel die Kunden zahlen müssen, legen die Händler aus wettbewerbsrechtlichen Gründen jeweils einzeln fest. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (Grüne) hatte den Handel zuvor mehrfach ermahnt, in der Sache endlich etwas freiwillig zu unternehmen.

(csh)
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