NRW Terrorfahnder überrumpeln Salafisten

Düsseldorf · Neun Islamisten sind bei der Razzia am Mittwoch im Rheinland festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, Terroristen zu unterstützen. Die Polizei überraschte die Salafisten in ihren Wohnungen. NRW gilt als Hochburg der Bewegung.

Fakten zum Salafismus in Deutschland
Infos

Fakten zum Salafismus in Deutschland

Infos
Foto: afp, FETHI BELAID

Der Einsatz war von langer Hand geplant, nichts sickerte vorher durch, obwohl 240 Polizisten aus drei Bundesländern beteiligt waren. Gesprochen wurde nur über abhörsichere Kanäle. Über den Polizeifunk, so heißt es, soll kein Wort über die Razzia gegen die Islamisten in Köln und Umgebung gefallen sein. Der Zugriff am Mittwochmorgen traf die Salafisten dann auch völlig unerwartet. Nach Informationen unserer Redaktion leistete bei der konzertierten Aktion, die zeitgleich in mehreren Städten stattfand, niemand der Festgenommen Widerstand. Sie zeigten sich vielmehr überrumpelt, als die Beamten vor ihren Türen standen.

Die Einsatzleitung hatte der Vertreter des Generalbundesanwalts. Ein Insider erklärt: "Das war ein großer logistischer Aufwand. Wir wollten nichts dem Zufall überlassen. Bei einer ähnlichen Maßnahme mit dem Bundeskriminalamt zuletzt mussten wir die Aktion vorziehen, weil zu befürchten war, dass die Sache bekannt werden könnte."

Auch wenn der Generalbundesanwalt die Ermittlungen leitet, stieg seine Behörde erst spät in den Fall ein - erst Mitte dieses Jahres soll das gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft Köln hingegen war den Islamisten bereits seit 2013 auf der Spur gewesen - aber auch das zunächst nicht wegen möglicher Terrorismusunterstützung. Die Islamisten gerieten vielmehr wegen Einbruchsdelikten ins Visier der Fahnder. Darauf deutet auch der Name der zuständigen Ermittlungskommission (EK) "Reise" hin. Der Name der EK ist nicht etwa angelehnt an ausreisewillige Islamisten, die für die Terrormiliz "Islamischer Staat" in Syrien und dem Irak kämpfen, sondern vielmehr an mobile Einbrecherbanden, die für ihre Beutetouren von Stadt zu Stadt ziehen.

Erst im Laufe der Ermittlungen stieß das Polizeipräsidium Köln auf mögliche Zusammenhänge zwischen den Einbrüchen und islamistischen Terroristen. So heißt es dazu im Polizeibericht auch: "Die Beschuldigten werden dringend verdächtigt, die erlangte Tatbeute zum einen zur unmittelbaren Weiterleitung an dschihadistische (Dschihad, der heilige Krieg) Kämpfer in Syrien und zum anderen zur Finanzierung der Ausreise kampfwilliger Personen nach Syrien verwendet zu haben."

Bombe an Hauptbahnhof Bonn: Prozess in Düsseldorf
7 Bilder

Prozess nach Bombe an Bonner Hauptbahnhof gestartet

7 Bilder
Foto: dpa, htf

Was die weiteren Ermittlungen und Verhöre der Beschuldigten ergeben werden und wie viel Geld durch in NRW verübte Einbrüche tatsächlich in die Kassen der IS-Schergen geflossen ist, bleibt abzuwarten. Der Großeinsatz zeigt aber schon jetzt eines: Die islamistische Gefahr in unserem Land ist nicht abstrakt, sondern real. Erich Rettinghaus, NRW-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, betont: "Die Gefahr vor Anschlägen ist vorhanden, auch wenn keine konkreten Hinweise vorliegen. Es ist bislang nur Glück und der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden zu verdanken, dass bei uns noch kein Anschlag gelungen ist."

Razzia gegen Solinger Salafisten im Juni 2012
11 Bilder

Razzia gegen Solinger Salafisten im Juni 2012

11 Bilder

Seit Jahren gilt NRW als Hochburg des Salafismus in Deutschland. Die meisten Islamisten leben in Bonn und entlang der Rheinschiene. Die Sicherheitsbehörden führen eine Liste mit rund 200 dort gemeldeten Männern, von denen eine potenzielle Gefährdung ausgeht. Neuesten Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zufolge schnellte die Zahl der Salafisten in NRW 2014 dramatisch nach oben. Waren es Ende 2013 noch rund 1500 Islamisten, sind es mittlerweile schon fast 2000 - Tendenz steigend.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort