Aufnahmestopp für Migranten Essener Tafel wehrt sich gegen Kritik

Essen/Berlin · Wohlfahrtsverbände und Politiker lehnen das Vorgehen ab, Ausländer von Spenden auszunehmen.

Der Aufnahmestopp für Migranten an der Essener Tafel hat eine bundesweite Debatte ausgelöst. Dabei wird Kritik an der Maßnahme lauter. Neben vielen Wohlfahrtsverbänden äußerten sich auch NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) und Bundessozialministerin Katarina Barley (SPD) kritisch. Der Vorsitzende der Essener Tafel verteidigte die Maßnahme. "Ich stehe dazu", sagte Jörg Sator in Essen.

Die Reaktionen seien zu 80 Prozent positiv. Auch die Kunden der Essener Ausgabestelle und ihre Mitarbeiter befürworteten die Maßnahme. "Deutsche sollten vorrangig behandelt werden", sagte eine 54-jährige Kundin der Tafel.

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Tafel bis auf Weiteres nur noch Bedürftige mit deutschem Pass aufnimmt. Der Anteil der Migranten sei zuletzt auf 75 Prozent gestiegen, Alleinerziehende und Rentner seien kaum noch gekommen, hieß es zur Begründung. Sator zufolge ist der Aufnahmestopp allerdings zeitlich begrenzt.

Unterstützung kommt vom Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst, es sei nicht im Sinn einer Tafel, dass sich ältere Nutzer und alleinerziehende Mütter ausgeschlossen fühlten.

Viele Wohlfahrtsverbände reagierten hingegen mit teils harscher Kritik, darunter die Tafel-Landesverbände in Berlin, Bremen, Niedersachsen und Hessen. "Für Tafeln zählt die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft", sagte der Vorsitzende des Dachverbands, Jochen Brühl. Man wolle ausnahmslos allen Menschen in Not helfen. "Völlig inakzeptabel" nannte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, das Essener Vorgehen. Der Präsident des Deutschen Sozialverbandes, Adolf Bauer, forderte "Sofortmaßnahmen gegen Armut, anstatt mit dem Finger aufeinander zu zeigen".

Auch aus der Politik kamen deutliche Worte. Bundessozialministerin Katarina Barley (SPD) sagte: "Eine Gruppe pauschal auszuschließen, passt nicht zu den Grundwerten einer solidarischen Gemeinschaft." Ähnlich sieht das die NRW-Landesregierung. "Nächstenliebe und Barmherzigkeit kennen keine Staatsangehörigkeiten", sagte Sozialminister Karl-Josef Laumann. Es müssten andere Kriterien gefunden werden, den großen Andrang zu bewältigen.

"Ausgabestellen der Tafel in anderen Städten zeigen, dass man mit der Situation auch anders umgehen kann", erklärte der Bonner Grünen-Bundestagsabgeordnete Michael Kurth unserer Redaktion. Gleichzeitig kritisierte er die staatlichen Hilfen. Kern des Problems sei "das völlig unzureichende Existenzminium, das der Sozialstaat für Hartz IV-Empfänger und Asylbewerber zur Verfügung stellt."

Der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge warf der Politik vor, die Tafeln als "Ersatz für staatliche Sozialleistungen" zu benutzen. Die Maßnahme sei Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten. Statt Menschen auszuschließen, sollten Konflikte durch verschiedene Öffnungszeiten entschärft werden. So praktiziert es etwa die Tafel in Mönchengladbach.

(kess)
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