Kurzes Durchatmen Am Freitag zieht der nächste Orkan über NRW

Düsseldorf · Ab Freitagmittag stürmt es vor allem am Niederrhein und im Münsterland. In der Nacht flaut der Wind ab. Das Wochenende bleibt aber stürmisch und regnerisch.

Sturm "Ylenia" NRW: Unwetter mit Orkanböen - Bilder zu Einsätzen, Zugausfällen, Unfällen
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Sturmtief „Ylenia“ zieht über NRW

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Foto: dpa/Alexander Forstreuter

Kaum hat sich das eine Orkantief verzogen, rollte auch schon das nächste heran. Auf „Ylenia“ folgt ab Freitagmittag von den Britischen Inseln her „Zeynep“ und bringt erneut hohe Windgeschwindigkeiten mit. Laut Meteorologin Ines von Hollen vom Deutschem Wetterdienst wird wahrscheinlich wieder vor allem die nördliche Hälfte von Nordrhein-Westfalen betroffen sein. Der Schwerpunkt liegt im Bereich Niederrhein/Münsterland und natürlich in den Höhenlagen von Bergischem Land und Sauerland. Am stärksten weht es wohl in den Nachmittags- und Abendstunden, ab Mitternacht etwa flaut der Wind schon wieder ab. „Bis dahin haben wir es aber mit einem Orkan in der ähnlichen Größenordnung wie am Donnerstag zu tun“, sagt von Hollen.

 Los geht es laut der Meteorologin wohl schon am Freitagvormittag im Westen von NRW mit Böen der Windstärke acht, am Mittag können schon schwere Sturmböen dabei sei, die 90 bis 100 km/h erreichen. Zum Nachmittag nimmt das Potenzial des Sturms zu, dann sind auch Orkanböen mit deutlich über 100 km/h möglich. „In der zweiten Nachthälfte lässt der Wind dann deutlich nach“, prognostiziert von Hollen. Das heißt aber nicht, dass sich ruhiges Wetter einstellt. Am Wochenende bleibt es stürmisch, in der Nacht zu Montag können auch wieder schwere Sturmböen auftreten. Frühestens am Dienstag, wahrscheinlich aber erst zum Mittwoch, setzt sich wieder Hochdruckeinfluss durch.

 Mit den Tiefs einher gehen teils kräftige Regenfälle. Vor allem im Bergischen Land können in der Nacht zu Sonntag und am Sonntag mehr als 30 Liter innerhalb von 24 Stunden runterkommen. Der Deutsche Wetterdienst will für diese Region sowie für das Siegerland eine Dauerregenwarnung herausgeben. Kleinere Bäche können über die Ufer treten und Keller volllaufen. Die Temperaturen bleiben dabei durchweg für die Jahreszeit zu mild – am Freitag liegen sie zwischen 13 und 14 Grad, am Samstag und Sonntag zwischen acht und elf Grad. Auch in den Tagen danach ändert sich an den Temperaturen nur wenig.

 Orkan „Ylenia“ hatte am Donnerstag in NRW nur moderate Schäden angerichtet. In Wuppertal stürzte ein etwa 40 Meter hoher Baum um und fiel auf die Schienen der Wuppertaler Schwebebahn, wie die Feuerwehr mitteilte. Der Baum wurde noch in der Nacht zersägt. Im Kreis Borken fiel gegen 3 Uhr morgens für Zehntausende Menschen der Strom aus, weil Bäume auf ein Umspannwerk gestürzt waren. Laut dem Netzbetreiber Westnetz waren zwischenzeitlich etwa 54.000 Haushalte ohne Strom.  In Kleve hielt eine Corona-Teststation dem Sturm nicht stand. Der Wind zerstörte am Mittwochabend das Zelt des Drive-in-Testzentrums, wie die Feuerwehr mitteilte.

 Ein Schwerpunkt des Sturms lag im Münsterland und in Ostwestfalen. In Paderborn verursachte eine vom Dach gewehte Photovoltaikanlage einen Schaden von rund 30.000 Euro. Teile der Anlage hätten dabei ein parkendes Auto getroffen, sagte ein Sprecher der Polizei Paderborn. Etliche Einrichtungen sorgten auch vor: In Wuppertal blieb der Zoo am Donnerstag geschlossen. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte den Unterricht landesweit für Donnerstag abgesagt. Am Freitag soll der Unterricht stattfinden. Begründung: Noch sei unklar, wie stark das Unwetter werde, man stehe aber in Kontakt mit dem DWD, hieß es aus dem Schulministerium. Auch in mehreren Regionen Niedersachsens oder Bayerns durften Schülerinnen und Schüler am Donnerstag wegen der Wetter-Gefahren zu Hause bleiben.

 In anderen Teilen Deutschlands hinterließ der Orkan deutlichere Spuren als in NRW. So starb in Sachsen-Anhalt bei Südharz ein 55-Jähriger am Donnerstag auf einer Landstraße. Ein Baum sei durch den starken Wind auf den Wagen des Mannes gefallen, teilte die Polizei mit. Daraufhin habe sich der fahrende Wagen am Morgen überschlagen. Auf einer Landstraße in Niedersachsen zwischen Bad Bevensen und Seedorf starb ein 37 Jahre alter Mann. Auch hier war ein Baum auf das Auto gestürzt. Auf stürmischer Fahrt über die Elbe zerschlug am Donnerstagmorgen eine große Welle die Frontscheiben einer Hamburger Hafenfähre. Es sei offenbar niemand an Bord ernsthaft verletzt worden, sagte der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Hadag, Tobias Haack. In Berlin stürzte ein 15 Meter hoher Antennenmast im Sturm auf die Ringbahn. Die Feuerwehr rückte mit einem Kran aus, um die Strecke freizuräumen, wie ein Sprecher sagte. Die Berliner Feuerwehr rief sowohl in der Nacht als auch am Donnerstagvormittag den Ausnahmezustand aus.

 Einschränkungen wurden auch für den Flugverkehr gemeldet. Passagiere am Berlin-Brandenburger Flughafen BER brauchten am Donnerstagvormittag Geduld. Wegen starker Windböen war die Flugzeugabfertigung stark eingeschränkt, es kam zu Verspätungen, wie ein Sprecher der Betreibergesellschaft sagte. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt waren nach Betreiberangaben Verbindungen mit Berlin, München und Hamburg betroffen. Am Flughafen Hamburg fielen rund ein Dutzend Flüge aus.

 In Kleve wurde das Zelt eines Testzentrums verweht.

In Kleve wurde das Zelt eines Testzentrums verweht.

Foto: Guido Schulmann
 17.02.2022, Niedersachsen, Bad Bevensen: Ein durch den Sturm umgestürzter Baum liegt auf einem Pkw. Der 37-jährige Fahrer wurde dabei tödlich verletzt. Foto: Philipp Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

17.02.2022, Niedersachsen, Bad Bevensen: Ein durch den Sturm umgestürzter Baum liegt auf einem Pkw. Der 37-jährige Fahrer wurde dabei tödlich verletzt. Foto: Philipp Schulze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Philipp Schulze
 17.02.2022, Nordrhein-Westfalen, Dorsten: Feuerwehrleute räumen unter dem Triebwagen der Nordwestbahn einen Baum weg. Die Deutsche Bahn hat wegen des Sturms Ylenia den Fernverkehr in mehreren Bundesländern eingestellt. Der Zugverkehr sei in weiten Teilen Deutschlands stark eingeschränkt, sagte ein Bahn-Sprecher am Donnerstagmorgen. Foto: Bludau Foto/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

17.02.2022, Nordrhein-Westfalen, Dorsten: Feuerwehrleute räumen unter dem Triebwagen der Nordwestbahn einen Baum weg. Die Deutsche Bahn hat wegen des Sturms Ylenia den Fernverkehr in mehreren Bundesländern eingestellt. Der Zugverkehr sei in weiten Teilen Deutschlands stark eingeschränkt, sagte ein Bahn-Sprecher am Donnerstagmorgen. Foto: Bludau Foto/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Bludau Foto
 17.02.2022, Niedersachsen, Oldenburg: Ein umgekippter LKW liegt mitten auf der Huntebrücke der Autobahn A29. Das Fahrzeug wurde durch eine Sturmböe erfasst und umgekippt. Der Fahrer blieb unverletzt. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

17.02.2022, Niedersachsen, Oldenburg: Ein umgekippter LKW liegt mitten auf der Huntebrücke der Autobahn A29. Das Fahrzeug wurde durch eine Sturmböe erfasst und umgekippt. Der Fahrer blieb unverletzt. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam
 Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Foto: dpa/Mohssen Assanimoghaddam

 In der Hansestadt wurde am Donnerstagmorgen der Fischmarkt erneut überflutet. „Am Pegel St. Pauli wurde gegen 5 Uhr ein Wert von 1,98 Meter über dem mittleren Hochwasser (MHW) gemessen“, sagte ein Sprecher des Sturmflutwarndienstes des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. An der Nordseeküste spricht das BSH ab 1,5 Meter über MHW von einer Sturmflut. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird erst ab Werten von 2,5 beziehungsweise 3,5 Meter gesprochen. An der schleswig-holsteinischen Nordseeküste gab es in einigen Orten eine Sturmflut – in Husum etwa wurde ein Pegelstand von 1,64 Meter über dem mittleren Hochwasser gemessen. An vielen anderen Pegeln blieben die Wasserstände allerdings unter dem Wert einer Sturmflut.

(mit dpa)
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