Sturm in NRW Baum kracht auf Sofa - Mülheimer entgeht knapp dem Tod

Mülheim/Ruhr · Unfassbares Glück hat beim Sturm am Samstag einem Mülheimer das Leben gerettet. Als ein umgewehter Baum auf sein Sofa krachte, war er gerade aufgestanden. In NRW wurden mindestens 27 Menschen verletzt.

Sturm in NRW: Baum kracht auf Sofa - Mülheimer entgeht knapp dem Tod
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Baum kracht auf Sofa - Mülheimer entgeht knapp dem Tod

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Foto: dpa/Tina Leppak

Andreas Kallweit (38) lebt noch, weil er eine rauchen wollte. Er war am Samstagnachmittag in einem Gartenhaus in Mülheim gerade vom Sofa hoch, als der Sturm „Dragi“ eine Tanne neben dem Haus umriss. Sie durchschlug das Dach und landete genau dort, wo Kallweit kurz zuvor gesessen hatte, um seine Hündin Milla zu streicheln. Auch das Tier, eine französische Bulldogge, kam mit dem Schrecken davon.

Ein Waldgebiet in Mülheim an der Ruhr, der Montag danach. Das kleine Häuschen steht im Garten der Familie L.. Fernsehteams und Reporter geben sich die Klinke in die Hand. Für ein paar Tage hat die Familie den Hundetrainer in diesen Tagen bei sich aufgenommen.

Am Samstag schüttelt ein Sturmtief Nordrhein-Westfalen durcheinander. Tina L. schaut gerade Fernsehen: Fußball-Bundesliga. „Dann hat es so gerummst.“ Sie schaut aus dem Fenster Richtung Gartenhaus: „Da waren die beiden Tannen verschwunden“, sagt die 50-Jährige. Sie und ihr Mann hätten gerufen: „Wo ist der Andreas? Wo ist der Andreas? Und dann kam er Gott sei Dank schon raus, uns entgegengelaufen.“

Kallweit selbst ist ein bisschen erstaunt, dass sein Schicksal solch ein Medieninteresse hervorruft. Immer wieder muss er die Geschichte an diesem Montag erzählen: „Ich habe auf der Couch gesessen mit Milla und sie gestreichelt.“ Dann sei er aufgestanden und wenige Meter zur Außentür gegangen, um draußen eine zu rauchen. „Keine drei Sekunden - da schepperte es schon.“ Er habe die Klinke noch in der Hand gehabt. „Ich habe noch Milla gesehen. Sie war in Sekundenbruchteilen aufgesprungen und stand dann neben mir.“ Dann seien sie in Panik rausgelaufen und hätten den Nachbarn gewunken: „Nach dem Motto: Ich lebe noch.“

Keinen Kratzer hätten er und sein Hund abbekommen. „Wir haben einfach Glück gehabt.“ Wäre er dort sitzengeblieben: „Der Kopf wäre weg gewesen“, sagt er mit ruhiger Stimme. Nur wenige Meter weiter warf „Dragi“ noch eine zweite acht bis zehn Meter hohe Tanne um. Sie verfehlte das Gartenhaus nur knapp, beschädigte aber eine Dachecke.

Die Feuerwehr kam schnell und hob den fast tödlichen Baumstamm mit schwerem Gerät vom Haus. Das mehrere Quadratmeter große Loch wurde notdürftig mit Latten geflickt und mit Plane abgedichtet. Ein Statiker habe zunächst eine „Teilnutzugsuntersagung“ ausgesprochen, sagt Tina L.. Doch als klar war, dass der Firstbalken nichts abgekommen hat, durfte Kallweit auch wieder in das Wohnzimmer des Häuschens. Ein Haufen Schutt mit Holzlatten, Dämmwolle, Plane und Gipskartonplatten lässt am Montag die Schäden an Dach und Hauswand erahnen.

Noch am Abend seien Nachbarn gekommen, erzählt Kallweit. Zusammen mit den Grundstückseigentümern habe man dann seinen „zweiten Geburtstag“ gefeiert. So viel Wind will Kallweit von seiner Geschichte aber gar nicht machen: „Die Gefahr ist vorbei, der Baum ist weg, das Leben geht weiter. Das ist jetzt passiert und gut.“ Und auf das Haus können nun auch keine Bäume mehr fallen. „Da fühle ich mich wieder ganz sicher.“

Einen Toten und mindestens 27 Verletzte hat das NRW-Innenministerium nach dem heftigen Sturm am Sonntag gezählt. Mehr als 20.000 Feuerwehrleute seien im Einsatz gewesen, teilte das Ministerium am Montag in einer ersten Bilanz mit. Landesweit habe es mehr als 10.000 Einsätze etwa wegen umgestürzter Bäume und abgedeckter Hausdächer gegeben. Zur Schadenshöhe gab es zunächst keine Angaben, da die Meldungen bei den Versicherungen zu Wochenbeginn erst eingingen. Der Schaden dürfte nach Schätzungen von Fachleuten aber in Millionenhöhe liegen.

(mba/dpa)
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