Besuche unter strengen Auflagen So lief das Wochenende in den Altenheimen von NRW

Düsseldorf · Bewohner der Altenheime in NRW dürfen endlich wieder Besuch bekommen. Zum Muttertag war eine Menge los. Das löst in den Heimen nicht überall Freude aus. Denn die Organisation der Besuche unter Corona-Auflagen ist aufwendig.

 Endlich wieder Besuch im Altenheim der Caritas in Düsseldorf-Lörick.

Endlich wieder Besuch im Altenheim der Caritas in Düsseldorf-Lörick.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Blumen zum Muttertag und auch einige Freudentränchen: Bewohner der Alten- und Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen dürfen nach wochenlanger Isolation wegen der Corona-Gefahr wieder Besuch bekommen. Zum Muttertag herrschte in vielen Heimen am Sonntag ein reges Kommen und Gehen. Überraschend hatte das Gesundheitsministerium Besuche schon am Samstag wieder erlaubt. Angekündigt war die lang ersehnte Öffnung eigentlich erst zum Sonntag.

Zu einem Besucheransturm in den mehr als 2200 vollstationären Einrichtungen mit rund 170.000 Bewohnern kam es nicht - dazu waren die Auflagen zu streng und der Ablauf minuziös geregelt. Aber auch Kritik an den komplizierten Vorschriften für Besucher wurde laut. Und es gab enttäuschte Gesichter bei Angehörigen, die spontan ohne Anmeldung in die Heime kamen und abgewiesen wurden.

Die 74 Jahre alte Elsbeth Djata hatte für den ersehnten Besuch von Sohn und Enkel in einem Altenzentrum in Heinsberg extra Rouge und Lippenstift aufgelegt. Die Zeit ohne Besuch habe sich angefühlt „wie im Gefängnis“, sagte sie. Wegen der umfassenden Hygienemaßnahmen schoben die Mitarbeiter des Heims am Sonntag Extra-Schichten - und bekamen dafür von der Heimleitung Rosen.

Dass Väter, Mütter und Großeltern in Pflegeheimen wegen der Corona-Gefahr wochenlang keinen Besuch bekommen durften, „war mit das Schmerzhafteste, das wir entscheiden mussten“, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Samstag in Bochum. Er habe Briefe bekommen von Menschen, die gesagt hätten, ihr Vater oder Mutter habe „den Lebenswillen verloren, weil keiner mehr gekommen ist“, sagte Laschet. „Das sind auch Opfer der Krise, die wir gerade durchleben“.

Die Heime zeigten sich zufrieden mit den Besuchen unter Corona-Bedingungen. „Es ist ruhig und geordnet gelaufen“, sagte der Geschäftsführer des Heims der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Heinsberg, Andreas Wagner. Angehörige wurden angerufen und Termine im Halbstundentakt vergeben. So konnten am Muttertag etwa 40 der 120 Heimbewohner Besuch bekommen, die anderen in der kommenden Woche.

Unangekündigt konnte kein Besucher ins Heim kommen. Statt normalerweise vier Mitarbeiter je Schicht wurden am Sonntag allerdings 20 eingesetzt, sagte Wagner. Auch in den kommenden Tagen sei reger Besuch angemeldet. „Das bedeutet, wir brauchen tagsüber mehr Personal.“ Zur Unterstützung würden Freiwillige aus anderen AWO-Bereichen eingesetzt.

Auch in der Quarantäne-Zeit seien die Bewohner nicht völlig isoliert gewesen, es habe etwa Gespräche über den Balkon und im Park gegeben. Zugleich betonte Wagner: „Es ist noch lange nicht alles normal.“

Die Angehörigen hielten sich an die Terminabsprachen und die Hygienevorschriften und zeigten viel Verständnis für die Maßnahmen, sagte auch die Sprecherin der Malteser Rhein-Ruhr, Olga Jabs, nach den ersten Besuchen in sechs Pflegeeinrichtungen in Duisburg. In den meisten Einrichtungen seien alle Termine schon vergeben. Einige Angehörige kämen bewusst erst unter der Woche. Die Freude über das Wiedersehen sei auf beiden Seiten groß.

Die schnelle Öffnung der NRW-Altenheime nach langem Besuchsverbot stößt bei Einrichtungen im Land wegen der geringen Vorbereitungszeit aber auch auf Skepsis und Kritik. Christian Woltering, Geschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW, sagte: „Viele Heime können in der Kürze der Zeit gar keine entsprechenden Hygienekonzepte umsetzen.“

Mit der Aufhebung des Besuchsverbots sind aufwendige Schutzvorkehrungen verbunden; etwa die Anmeldung und ein Gesundheits-Kurzscreening aller Besucher auf Fieber oder Schnupfen sowie Besucherboxen mit ausreichend Abstand und Abtrennungen etwa durch Plexiglasscheiben, Begleitung auf dem Weg durch die Heime und gründliche Desinfektion nach dem Besuch. Die Besuchszeit wird begrenzt - meist auf 15 bis 30 Minuten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz riet, sich vorab genau über die jeweiligen Besuchsmöglichkeiten zu informieren. Der Gesundheitsminister sei weit vorgeprescht, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Nicht jedes Heim ist auf einen Ansturm vorbereitet.“ Aktuelle Entwicklungen der Corona-Krise in unserem Newsblog.

(hsr/dpa)
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