Streik der privaten Sicherheitskräfte Tausende Fluggäste sitzen fest

Düsseldorf · Lange Schlangen, kollabierende Reisende, Wutausbrüche - ein Erfahrungsbericht vom Streik der Passagier-Kontrolleure in Düsseldorf.

Streik am Flughafen: So warten die Fluggäste in Düsseldorf
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So warten die Fluggäste in Düsseldorf beim Streik

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Die Warteschlange vor dem Flugsteig B des Düsseldorfer Flughafens reicht von einem Ende der Abflughalle zum anderen. Wartende, wohin man sieht. Viele sind genervt, nur Wenigen ist noch zum Scherzen zumute. Geschäftsreisende starren konzentriert auf ihre Smartphones - sie versuchen, irgendwie die Zeit in der Schlange totzuschlagen. Selbst die Überprüfung eines herrenlosen Gepäckstücks durch Spürhund und Polizeikräfte - sonst wohl eher ein Ärgernis - gerät zur willkommenen Abwechslung.

Der Streik der Passagierkontrolleure fordert Kunden, Airline-Mitarbeitern und Flughafenbeschäftigten einiges ab. 215 Flüge haben die Fluggesellschaften vorsorglich gestrichen. Im Laufe des Tages kommen fünf hinzu. Ursprünglich waren 530 Verbindungen mit 48.000 Reisenden geplant. Nur fünf der 50 Sicherheitskontrollen sind geöffnet. Auch Gäste, die von den Flugsteigen A und C starten sollten, müssen durch das Nadelöhr am einzig geöffneten Flugsteig.

Gegen 8.25 Uhr wird sichtbar, wie angespannt die Nerven bei einigen Gestrandeten sind: Ein aufgebrachter Fluggast schleudert eine Wasserflasche mit voller Wucht gegen eine Anzeigetafel, auf der inzwischen recht häufig in roter Schrift das Wort "annulliert" aufblinkt. Gottlob ist die Plastikflasche nicht ganz gefüllt; die Anzeigetafel übersteht den Wutausbruch unbeschadet. Der Mann verschwindet schnaubend in der Menge.

Wohl wissend, wie aggressiv die Stimmung bei einigen Reisenden ist, hat sich die Verdi-Streikleitung dazu entschlossen, am Nachmittag keinen Protestzug durch die Abflughalle zu starten. "Wir sind nicht scheu, wollen aber auch nicht provozieren", sagt Gewerkschaftssekretär Andreas Rech. Er steht vor den Räumen des Kötter-Betriebsrats, zwei Stockwerke über der Abflughalle. Um ihn herum drängen sich die Beschäftigten der Essener Sicherheitsfirma, um sich in die Streiklisten einzutragen. Nur wer unterschreibt, bekommt als Lohnersatz das Streikgeld.

Nach Angaben von Verhandlungsführerin Andrea Becker sind bis zum Nachmittag mehr als 90 Prozent der Mitarbeiter im Streik. "Ich kann nicht verstehen, dass die Arbeitgeber es nach den Erfahrungen von 2013 noch einmal auf eine solche Eskalation des Konflikts ankommen lassen", sagt sie, macht zugleich aber Hoffnung auf ein Ende des Konflikts: "Anders als vor zwei Jahren gibt es immer noch Kontakt zu den Arbeitgebern." Verhandelt wird wieder in der kommenden Woche. Die Stimmung der Sicherheitskräfte ist gut. Die Streikenden, weithin erkennbar an ihren Verdi-Westen, sind zuversichtlich, dass sie wie 2013 am Ende deutlich mehr im Portemonnaie haben werden. Damals stieg der Stundenlohn schrittweise um 2,34 Euro.

Erstaunlich gelassen wirkt auch Manuela Billmann (43), die zwei Stockwerke tiefer wartet. Die Bocholterin ist mit Freunden auf dem Weg in die Türkei. Zehn Tage wollen sie es sich am Mittelmeer gutgehen lassen. Der Flug nach Antalya sollte um 10.15 Uhr starten. Schon eine Stunde lang stehen sie in der Schlange. Nur 60 Meter sind sie vorangekommen. "Wir bekommen unseren Flieger, da sind wir ganz sicher. Air-Berlin-Mitarbeiter haben uns das gerade fest versprochen", sagt Billmann. Tatsächlich laufen Männer und Frauen mit Warnwesten, auf denen die Logos der Airlines prangen, neben den Schlangen auf und ab. "Alitalia nach Rom?", ruft eine Dame und lotst die aufzeigenden Reisenden an der Schlange vorbei. Es ist der verzweifelte Versuch, das Chaos in den Griff zu bekommen. Nicht alles funktioniert dabei reibungslos. Uwe Monczkowski (60) aus Kaarst war zwar rechtzeitig am Flughafen, hat aber 45 Minuten verloren, weil er sich in eine falsche Schlange eingereiht hatte. "Ich hätte mir da bessere Informationen gewünscht", sagt Monczkowski, der geschäftlich auf dem Weg ins französische Nantes ist. Ob er Verständnis für den Streik habe? Der Kaarster überlegt: "Teils, teils." Die Forderung sei schon gerechtfertigt. "Aber dass wir Reisenden das dann ausbaden müssen." Monczkowski zuckt resigniert mit den Schultern.

Zwei Mitarbeiter des Flughafens schieben einen Kofferwagen an Monczkowski vorbei. Darauf gestapelt sind Wasserflaschen, wie sie am Morgen ein wütender Reisender gegen die Anzeigetafel gepfeffert hat. Die Mitarbeiter bemühen sich demonstrativ um Freundlichkeit - fast schon wie Animateure in einem Ferienclub. Kamerateams bahnen sich ebenfalls ihren Weg durch die Menge. Ein Mitarbeiter der Flughafenfeuerwehr kommt herbeigeeilt. Der Mann schiebt eine Ambulanz-Trage vor sich her. Polizisten weisen ihm den Weg in Richtung Schalter 168. Dort ist jemand kollabiert..

Und was ist mit der Bocholter Reisegruppe? Deren Optimismus wird am Ende des Tages nicht belohnt. Auf der Anzeigetafel leuchtet trotz anderslautender Versprechen hinter Flugnummer AB 3044 in roten Buchstaben das Wort "annulliert".

(RP)
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