Warnstreik im öffentlichen Dienst "Stimmungsmache auf Rücken der Bürger"

Düsseldorf · Die Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst hat am Mittwoch einen Höhepunkt erreicht. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Land, legten laut Verdi allein 30.000 Streikende in vielen Städten an Rhein und Ruhr den Bus- und Bahnverkehr lahm. Auch in vielen Kindertagesstätten gab es nur einen Notdienst.

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Foto: dpa

Kaum Busse, keine Straßenbahnen, geschlossene Kitas, volle Mülltonnen: Der Warnstreik im öffentlichen Dienst hat den Alltag von Millionen von Menschen in NRW erheblich gestört. Besonders betroffen war der Berufsverkehr. In Köln, Düsseldorf, Dortmund, Essen und zahlreichen anderen Städten blieben Busse und Bahnen in den Depots. Auf den Straßen des Landes entstanden Staus mit einer Gesamtlänge von 150 Kilometern. "Normal sind an einem Mittwoch 100 Kilometer", sagte ein Sprecher der Landes-Verkehrsleitstelle in Neuss.

Insgesamt gab es am Mittwoch Arbeitsniederlegungen von mehr als 70.000 Beschäftigten in sechs Bundesländer. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangt unter anderem 6,5 Prozent mehr Gehalt für die zwei Millionen Staatsbediensteten. Die Arbeitgeber halten dies für nicht bezahlbar und haben in der ersten Gesprächsrunde kein Angebot gemacht. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den kommenden Montag und Dienstag in Potsdam angesetzt.

Bsirske: "Das ist ein deutliches Signal"

Die Gewerkschaft erklärte, mit der "heftigen Warnung" solle ein schnelles Ergebnis der Tarifverhandlungen erreicht werden. "Das ist ein deutliches Signal an die Arbeitgeber von Bund und Kommunen, die Erwartungen der Beschäftigten ernst zu nehmen", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske.

"Eine derartige Eskalation der gerade begonnenen Tarifverhandlungen ist in keiner Weise gerechtfertigt", hatte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber, Manfred Hoffmann, kritisiert. Die Gewerkschaften hätten erst vier Stunden verhandelt. "Damit streiken sie länger als sie bislang verhandelt haben. Das ist absurd." Die Warnstreiks seien "Stimmungsmache auf dem Rücken der Bürger".

Deutlich weniger Andrang auf Bus- und Bahn

In der Region sind die Auswirkungen der Arbeitsniederleung deutlich erkennbar: Am Morgen wirkt der Mönchengladbacher Busbahnhof wie ausgestorben, auch der Duisburger Hauptbahnhof wirkt im Vergleich zu normalen Wochentagen leer.

"Weit über 90 Prozent der Verkehrskapazität sind weggefallen", sagte ein Sprecher der Rheinbahn in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt fuhr keine Straßen- und keine U-Bahn. Mit privaten Subunternehmern wurde lediglich ein Bus-Notnetz mit 13 Linien aufrechterhalten. "Es fahren 100 statt 500 Busse", so der Sprecher weiter. Nach Angaben des Betriebsrats-Vorsitzenden Uwe David befanden sich 1400 Rheinbahner im Streik. Viele Pendler, die länger warten oder laufen mussten, haben dennoch Verständnis für den Streik, wie unsere Umfrage zeigt.

Viele Kitas blieben geschlossen

In Düsseldorf waren 13 Kindertagesstätten komplett geschlossen, in 27 gab es nur einen Notbetrieb. Die Eltern haben sich auf den Streik aber offenbar gut eingestellt: Bei der Notfall-Nummer der Stadt für Eltern, die heute keine Betreuung für ihre Kinder finden konnten, gab es nur einen Anruf.

Dennoch stellt der Streik der Beschäftigten in den Kitas vor eine logistische Herausforderung. Personaldisponentin Ümmikan Kazanci-Barienti hat ihre zwei Kinder in die Notgruppe an der Königstraße in Remscheid gebracht. Sie wohnt in Remscheid, arbeitet in Wuppertal und hat heute einen Auswärtstermin in Hagen. "Ich bin schon sehr genervt", sagt sie.

In Düsseldorf streikten die Erzieherinnen des Familienzentrums Garath gemeinsam mit anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor dem Rathaus. "Wir wollen, dass unsere Arbeit stärker anerkannt wird", sagte Erzieherin Petra Wickleder. Und dafür hätten auch viele Eltern Verständnis.

Auch in Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen folgten Mitarbeiter von Verkehrsbetrieben, Verwaltungen, Kitas und anderer öffentlicher Einrichtungen dem Streikaufruf von Verdi .

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