Sperrung der A59 bei Duisburg Stau-Experte: "Autofahrer sind keine Lemminge"

Duisburg · Stau ist während der kommenden Sperrung auf einem Teilstück der A59 in Duisburg praktisch programmiert. Das behauptet zumindest Stau-Experte Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen. Er wird untersuchen, wo die 80.000 Fahrzeuge bleiben. Der Experte macht aber auch Hoffnung: "Die Leute fahren nicht blind in den nächsten Stau", sagt er.

Ab Freitag werden die Auf- und Abfahrten zur A59 zwischen dem Kreuz Duisburg und der Verbindung zur A42 gesperrt. Bis Oktober ist der Teilabschnitt der Stadtautobahn dicht. Staufrei wird der Bereich - den sonst 80.000 Fahrzeuge pro Tag befahren - aber nicht bleiben. "Es wird erhebliche Beeinträchtigungen geben", sagt Professor Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen. Die Physik von Transport und Verkehr ist sein Fachgebiet und als Stau-Experte machte er sich in den vergangenen Jahren bundesweit einen Namen. Er sagt: "Die umliegenden Autobahnen sind jetzt schon am Limit, wenn Zehntausende Fahrzeuge dazu kommen, könnte es ein Verkehrs-Chaos geben."

Staus auf den Ausweichstrecken

Ob die ausgewiesenen Umleitungen entlang der A3 oder der A57 in Richtung Düsseldorf funktionieren, zeige sich nach etwa drei Tagen. Dann hätten sich alle Verkehrsteilnehmer auf die neue Situation eingestellt. "Autofahrer sind keine Lemminge, man ist da lernfähig", sagt der Stau-Experte und spielt damit auf den Erfindungsreichtum der Verkehrsteilnehmer an, Schleichwege zu entdecken.

Bergbauschäden: A40 und A52 gesperrt
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Ein entscheidendes Problem sieht er in dem Zeitpunkt der Sperrung. So voll wie im Monat Mai sind die Autobahnen nie. "Die Osterferien sind gerade vorbei, alle sind in Arbeit, es gibt keine Sonderentlastungen", sagt Schreckenberg. Eine genaue Prognose zum Stauaufkommen lasse sich jedoch kaum treffen. Den Stau-Experten interessiert, wo genau die Fahrzeuge bleiben.

A59 ist Forschungsobjekt

So verläuft der Verkehr am Kaarster Kreuz
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Foto: Hammer, Linda

Mit seinen Studenten wird Schreckenberg untersuchen, über welche Wege die Autofahrer ausweichen. In einer Vorher-Nachher-Studie soll die Anzahl der Fahrzeuge pro Minute verglichen werden, die auf die Autobahnen der Umleitungsstrecken auffahren. Nicht immer gäbe es Ausgleiche. Im Gegenteil: Schreckenberg stellt in Sondersituationen wie diesen immer wieder das Phänomen des Verkehrsausfalls fest. "Die Leute fahren nicht blind in den nächsten Stau", sagt der Experte. Sind Sperrungen bekannt, würden diese Richtungen nicht angefahren. Sogenannter Freizeitverkehr falle teilweise komplett weg. Und auch die Flexibilität der Verkehrsteilnehmer könne den Verkehr über einen begrenzten Zeitraum deutlich entzerren. So würden Pendler bekannte Sperrungen zu den Stoßzeiten schon im eigenen Interesse meiden oder früher als gewohnt losfahren.

Neue Welle: Navi aus!

Wer jetzt auf die Ansagen des Navigationsgerätes hofft, dem erteilt Schreckenberg einen Dämpfer. "Navigationsgeräte können oftmals nicht auf aktuelle Änderungen reagieren", sagt Schreckenberg. Ist die Software veraltet, wird der Autofahrer unter Umständen direkt in den Stau geleitet. Er empfiehlt vor allem Ortsfremden, immer einen Stadtplan oder Straßenatlas im Auto zu haben. So ließen sich im Zweifelsfall alternative Routen ermitteln. Im Vorteil ist auch, wer sich schon vor Fahrtbeginn über die Verkehrsdichte auf der geplanten Strecke informiert. Eine Abfrage ist hier möglich.

ÖPNV ist "blauäugig"

Den Vorschlag der Stadt Duisburg, auf Busse und Straßenbahnen auszuweichen, hält er für blauäugig. "Nicht alle werden öffentliche Verkehrsmittel nutzen", sagt Schreckenberg. Dabei wäre eine Großlage wie die Sperrung der A59 seiner Meinung nach eine gute Gelegenheit, neue Kunden zu gewinnen. "Das Auto steht 23 Stunden am Tag still und ist für viele Jugendliche keine Option mehr", sagt der Stau-Experte.

(apd)
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