Ratingen Statistiker schicken Drohbriefe

Ratingen · Wer als Immobilienbesitzer die Zensus-Fragebögen noch nicht zurückgeschickt hat, bekommt eine missverständliche Verfügung zugestellt: Das Zwangsgeld entfällt, wenn man doch noch spurt.

Zensus 2022: Die wichtigsten Fragen & Antworten zur Volkszählung
Infos

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Zensus

Infos
Foto: dpa/Arno Burgi

Manche Immobilienbesitzer bekommen in diesen Tagen böse Briefe vom Statistischen Landesamt NRW: Wer die Erhebungsbögen zum "Zensus 2011 — Gebäude- und Wohnungszählung" nicht ausgefüllt zurückgeschickt hat, gegen den ergeht nun eine "Verfügung", der zufolge er zwischen 300 und 4000 Euro Zwangsgeld, je nach Anzahl der Einheiten, zu zahlen habe. Der Betrag sei innerhalb von zwei Wochen zu zahlen, ansonsten erfolge "die Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren", heißt es im Beamtendeutsch. Aber erst auf der Seite 2, quasi im Kleingedruckten, wird erklärt: Wer die Fragebögen ausfüllt und fristgerecht zurückschickt oder die Fragen online beantwortet, muss gar nicht zahlen. Bei der Hotline von IT NRW und in der Pressestelle gab es interessanterweise unterschiedliche Erklärungen zu den Drohbriefen. Wer die Hotline wählt, bekommt bereits nach wenigen Sekunden eine freundliche Dame, die sofort an den zuständigen Sachbearbeiter weiterleitet. Dort ist man sehr bemüht, schaut alle Unterlagen durch und guckt auch nach, ob nicht ein ein Nachbar im Objekt schon alles ausgefüllt hat. "Ja", heißt es auf Nachfrage, die Formulierung in der Verfügung sei "missverständlich". Die Panne sei erst nach dem Druck aufgefallen.

Nicht zahlen, sondern ausfüllen

Also: nicht zahlen, sondern ausfüllen und abschicken oder eben online beantworten. Beim Online-Formular solle man beachten: Erst auf "Senden" drücken und dann den Sendebericht als Nachweis ausdrucken. Es gab sogar das Angebot, in ein paar Tagen noch mal anzurufen, um zu erfahren, ob alles angekommen sei. Dafür rückte der Mitarbeiter sogar seine Durchwahl heraus.

Claudia Key, Pressesprecherin bei IT NRW, sprach dagegen nicht von einer Panne, sondern von "Entgegenkommen": Die betroffenen Bürger seien zwei Mal gemahnt worden. Sie seien "grundsätzlich verpflichtet zu zahlen". Das sei gesetzlich geregelt. Aber eben nicht, wenn man die Fragebögen noch rechtzeitig ausgefüllt zurückschicke. Und was passiert, wenn der Bürger die Verfügung nicht zu Ende gelesen hat und irrtümlich zahlt, um dem angedrohten weiteren Zwangsgeld in Höhe von nunmehr 500 Euro zu entgehen? Wer versehentlich zahle, bekomme das Geld zurück, sagte Key. Sie betonte, dass man nicht am Geld interessiert sei, sondern an den Daten: Der Stichtag sei bereits der 9. Mai 2011 gewesen. Ein Widerspruch gegen das Verfahren ist im Übrigen nicht möglich, es bleibt nur der Klageweg vorm Verwaltungsgericht. Denn mit Einführung der Bürokratieabbaugesetze sind auch gleich ein paar alte Bürgerrechte gekappt worden. So verweist IT NRW immerhin auf die Möglichkeit eines "außergerichtlichen Einigungsversuches".

Dazu Verwaltungsrechtler Edzard Traumann, Dozent an der Uni Düsseldorf: Damit werde versucht, das ehemalige Widerspruchsverfahren zu ersetzen. Doch er warnte davor, dass man möglicherweise die einmonatige Frist für eine Klage versäume. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht gehe ins Geld. Die Gerichtsgebühren betrügen 140 Euro, ein Anwalt sei nicht nötig, es reiche ein formloser Antrag. Juristischer Beistand schlage mit 220 Euro zu Buche, so Traumann.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort