Extremtemperaturen Städtetag fordert Anti-Hitze-Bündnis

Berlin/Düsseldorf · Eine verstärkte Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen soll Menschen besser gegen die Folgen von Extremhitze schützen. Der Sozialverband VdK kritisiert die bisherigen Ergebnisse am Niederrhein.

Extremhitze belastet viele Menschen.

Extremhitze belastet viele Menschen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Es wird wieder heiß. Schon an diesem Wochenende sollen sich mancherorts die Temperaturen der 30-Grad-Marke nähern – und der Sommer kommt erst noch. In Nordrhein-Westfalen soll es am Sonntag bis zu 27 Grad warm werden, manche Voraussagen gehen in NRW noch für Mai von 30 Grad aus.

Klimaforscher sind sich sicher: 40 Grad und mehr werden generell künftig keine Seltenheit sein. „Wir müssen die Menschen vor diesen Extremtemperaturen schützen“, fordert der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Die Kommunen bräuchten für die Umsetzung von Hitzeaktionsplänen mehr Geld von Bund und Ländern. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass bereits erarbeitete Vorhaben „zum Papiertiger werden und in der Schublade verschwinden“.

Gerade die Städte seien aufgrund ihres hohen Versiegelungsgrads von Extremtemperaturen betroffen. „Besonders für Kinder, ältere Menschen, chronisch Kranke und Obdachlose könnten Rekordtemperaturen im Sommer eine echte Gesundheitsgefahr sein“, so Dedy. Schon jetzt sorgten die Kommunen zwar mit mehr Bäumen, Pflanzen und Wasserflächen im Stadtgebiet für Abkühlung: „Wir stellen Trinkbrunnen auf, halten Frischluftschneisen frei, lassen Fassaden und Dächer begrünen.“ In einigen Städten gebe es zudem Apps, die Hitzeinseln anzeigten und Menschen rechtzeitig warnen würden. „Trotz vieler Maßnahmen bleibt aber beim Thema Hitzeschutz noch viel zu tun“, ergänzte Dedy.

Die Stadt Essen erklärte auf Anfrage, eine lang anhaltende Hitzeperiode sei eines der Szenarien im Katastrophenschutzbedarfsplan der Kommune. Bei einigen Szenarien bedürfe es noch der Mittel und Ressourcen, um weitere Vorsichtsmaßnahmen umzusetzen. Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf, verwies auf das Strategiepapier „Stadt der Zukunft“, das von den Unternehmen in den IHK-Ausschüssen entwickelt worden sei und in dem Fragestellungen „einer resilienten Stadtentwicklung eine besondere Rolle“ spielten. Dabei gehe es auch um konkrete Maßnahmen, unter anderem Gebäudebegrünung. Als Beispiel nannte Berghausen den Kö-Bogen II.

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Beteuerungen, es sei schon viel geschehen, sieht man beim Sozialverband VdK indes kritisch. Dieser mahnt seit Jahren besseren Hitzeschutz nicht nur in Großstädten, sondern auch Kreisen und Gemeinden an. „Die Kommunen haben seit 2018 Vorschläge vom Bundesumweltamt, wie sie sich beim Hitzeschutz besser aufstellen könnten“, sagte Horst Vöge, Landesvorsitzender des Sozialverbands, unserer Redaktion. „Das spielte in vielen Kommunen bis heute keine große Rolle. In den vergangenen fünf Jahren ist nicht viel passiert.“ Der VdK habe im vergangenen Sommer 35 Städte und Kreise am Niederrhein angeschrieben und nach ihren Hitzeschutzbemühungen befragt. Es habe entweder gar keine oder sehr zurückhaltende Antworten gegeben, gelegentlich die Versicherung, es seien Maßnahmen geplant. Erfolgsmeldungen habe es keine gegeben. „Das war sehr ernüchternd für uns“, so Vöge. Insbesondere Menschen in der Altersgruppe über 60 Jahren seien durch Hitze gefährdet. Die Forderungen des VdK: „Hitzeschutz muss in der Stadtplanung endlich eine echte Rolle spielen“, so Vöge. Konkret müsse man wegkommen von der „autogerechten“ Stadt und den Fokus auf Fußgänger legen. Es müsse Trinkwasserspender in den Innenstädten geben, Ruhebänke und viel mehr großflächige und schattenspendende Begrünung.

Der Städtetag fordert eine bessere Kooperation, um die Folgen von Hitzewellen in den Griff zu bekommen. „Hitzeschutz geht nur im breiten Bündnis“, betonte Dedy. Kommunen, Krankenkassen, Ärzteschaft, Rettungswesen, auch Planer und Architekten müssten an einen Tisch. Bund und Länder erwarteten zudem von den Kommunen, dass sie bis 2025 Hitzeaktionspläne erstellen. „So sinnvoll das ist – für diesen ambitionierten Zeitplan brauchen die Städte für die Umsetzung vor Ort mehr Unterstützung“, sagte Dedy. „Hilfreich wäre eine zentrale Stelle auf Bundesebene, die die Kommunen berät.“

Der Städtetag hat jetzt ein Positionspapier beschlossen, wie mehr Hitzeschutz in den Kommunen gelingen kann – „damit Hitze nicht krank macht“, lautet der Titel. Aktionspläne seien ein wirksames Instrument, um Menschen und Infrastrukturen auf die extreme Wärme vorzubereiten. Sie beinhalteten sowohl langfristige Maßnahmen wie Anpassungen im Wohnungsbau als auch Pläne für Handlungsabläufe in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen.

In dem unserer Redaktion vorliegenden Papier wird betont, dass Kommunen wie Düsseldorf, Köln, Lüneburg, Leipzig und Schwerin bereits umfangreiche Klimaanalysen angestellt und Anpassungsmaßnahmen ergriffen hätten – mehr Verschattung, Dachbegrünung, Entsiegelung oder die Anlage von Wasserflächen. „In den letzten Jahren sind in den Städten in der kommunalen Hitzevorsorge erhebliche Anstrengungen unternommen worden“, heißt es in dem Papier. Insbesondere die Erwartungshaltung der Länder, dass Kommunen bis 2025 Hitzeaktionspläne erstellt haben müssten, „muss gedämpft werden“. Dafür seien erhebliche personelle sowie finanzielle Ressourcen notwendig. Ohne weitere Unterstützung auf Landes- und Bundesebene sei dies flächendeckend nicht realisierbar, so der Städtetag.

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