Kritik von Experten und Lehrern Schwimmunterricht an Grundschulen ist ungenügend

Düsseldorf · Kinder lernen in den Grundschulen nicht mehr richtig, wie man schwimmt. So lautet die Kritik von Experten in Richtung Landesregierung. Sie habe es seit Jahren verpasst, den Schwimmunterricht zu intensivieren. Die DLRG befürchtet, dass es zu mehr Badeunfällen kommen könnte. Besondere Risikogruppe seien Flüchtlinge.

 Viele Grundschüler können nicht gut genug schwimmen.

Viele Grundschüler können nicht gut genug schwimmen.

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Schlechte Noten für die Grundschulen: Der Schwimmunterricht für Kinder ist ungenügend, meinen Experten. Stundenkontingente, Qualifikation der Lehrer und die Räume in vielen Sportstätten reichten häufig nicht aus, um Nichtschwimmern bis zum Ende ihrer Zeit an der Grundschule Sicherheit im Wasser zu vermitteln. Das geht aus Stellungnahmen von Wissenschaftlern, Bädergesellschaften, dem Sportlehrerverband und kommunalen Sportdezernaten an den Sportausschuss des Düsseldorfer Landtags hervor. Das Thema "Schwimmfähigkeit am Ende der Grundschulzeit" stand dort am Dienstag auf Antrag der FDP-Opposition auf der Tagesordnung. Die Experten empfehlen, schon Kindergärten einzubinden.

Doch die Schwimmzeiten sind knapp, sowohl für Flüchtlinge als auch für Grundschüler. Nach Angaben der letzten Befragung der DLRG können fast 45 Prozent aller Kinder nach der Grundschule gar nicht oder nicht richtig schwimmen. Viele Schulen seien mit dem Unterricht überfordert, sagt Sebastian Krebs, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Jeden Sommer reden wir darüber, wenn die ersten Kinder ertrunken sind, aber nichts bessert sich."

Der Lehrplan in NRW sieht vor, dass Grundschüler ein Jahr lang mindestens eine Stunde pro Woche Schwimmunterricht haben müssen. Doch es mangelt an Lehrern, die die sogenannte Fortbildung zur Rettungsfähigkeit absolviert haben. So gebe es weder ausreichend Fortbildungskurse noch Geld, um diese zu bezahlen, sagt Krebs. "Ich weiß von einer Schule, da gibt es nur eine einzige Schwimmlehrerin für alle, und die geht bald in den Ruhestand." Zudem gebe es viele Städte, die gar nicht genügend Schwimmbäder haben, weil dort der Rotstift angesetzt wurde.

Zudem befürchtet die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), dass es im Sommer vermehrt zu Badeunfällen mit Flüchtlingen kommen könnte. Diese könnten die Gefahr, die von Seen und Flüssen ausgeht, oft nicht richtig einschätzen, sagt DLRG-Sprecher Michael Grohe. "Viele haben nie gelernt, wie man schwimmt." Im vergangenen Jahr hat die DLRG erstmals Flüchtlinge als Gruppe in ihre Ertrinkungsstatistik mit aufgenommen. Das Ergebnis: Von 488 ertrunkenen Menschen waren 27 Asylsuchende. "Das ist eine Entwicklung, die wir mit Sorge betrachten", sagt Grohe.

Ob die Zahl steigen werde, hänge auch davon ab, wie die Schwimmausbildung von Flüchtlingen künftig organisiert wird. "Unsere Ehrenamtlichen kämpfen schon jetzt um ausreichend Wasserzeiten für den Schwimmunterricht", bemängelt Grohe. Die Wahrscheinlichkeit, dass man zusätzliche Zeiten und ehrenamtliche Schwimmlehrer bekomme, sei gering.

Schon heute ist es Alltag, dass Bademeister Flüchtlinge aus dem Wasser retten. "Das ist immer noch besser, als wenn die Asylsuchenden in unbewachten Badeseen schwimmen, wo ihnen im Notfall niemand helfen kann", sagt Joachim Heuser, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. "Die Kommunen müssen auf dieses Problem reagieren. Es gibt hier so viele Kanäle und Flüsse, die können nicht alle überwacht werden."

(jnar)
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