Schulstart in NRW Feller schließt Verbot von Palästinensertüchern nicht aus
Düsseldorf · Der Krieg in Israel überschattet den Unterrichtsbeginn nach den Herbstferien in NRW. Alle Schulleitungen waren vom Ministerium darum gebeten worden, den Angriff der Hamas im Unterricht zu thematisieren. Wie der erste Tag lief.
Schon vor Schulbeginn haben sich am Montag die Aufsichtslehrkräfte vor der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule im Wuppertaler Westen positioniert, um Schüler anzusprechen, die an diesem ersten Schultag Probleme bereiten könnten. Vor den Herbstferien war die Situation noch eine andere, nun herrscht Krieg in Israel und im Gazastreifen – und der soll in Nordrhein-Westfalen nicht für Konflikte in den Klassenzimmern oder auf den Schulhöfen sorgen wie zuletzt in Berlin.
Die Lehrer in Wuppertal sollten also schauen, ob jemand etwa eine Palästina-Flagge dabeihat oder Symbole zu sehen sind, die möglicherweise den Hamas-Terror verherrlichen. „Aber wir hatten keinen einzigen Fall“, sagt Schuldirektor Silvio Geßner. An seiner Schule sind 1450 Kinder und Jugendliche aus mehr als 40 Nationen. „Die Lehrerschaft hat sich schon in den Ferien ausgetauscht, wie wir den Angriff auf Israel im Unterricht behandeln“, sagt Geßner. Die beiden ersten Schulstunden wurden an der Schule ganz dem Thema Israel gewidmet. Vor allem die älteren Schülerinnen und Schüler hätten viele Fragen gehabt. „Die Chance wollen wir natürlich nutzen, und das Thema weiter im Unterricht behandeln“, sagt Geßner.
Geßner hat wie alle Schulleitungen in NRW eine Nachricht des Schulministeriums erhalten, in der die Pädagogen darin bekräftigt wurden, den Angriff der Hamas auf Israel im Unterricht zu thematisieren. Die Lehrkräfte sind angehalten, antisemitischen und menschenverachtenden Aussagen entschieden entgegenzutreten sowie ihre Rolle als Wissensvermittler und Vertrauenspersonen wahrzunehmen.
Die Kölner Schulleiterin Monika Raabe hat deshalb alle Klassenlehrerinnen- und Lehrer der Trude-Herr-Gesamtschule im Stadtteil Mülheim gebeten, „in die Schülerschaft hineinzuhören, ob das Thema präsent ist und ob und auf welche Weise es in den Familien in den Ferien thematisiert wurde“, wie sie sagt. Unter den 860 Schülern der Kölner Gesamtschule seien auch einige, die selbst Kriegs- und Fluchterfahrung hätten. „Da kann das Thema unter Umständen ja auch eine Retraumatisierung auslösen“, sagt Raabe. „Andere Schüler waren vielleicht im Urlaub und sind noch gar nicht mit dem Thema in Kontakt gekommen.“ 60 Prozent der Schüler an der Schule kommen aus muslimischen Familien, einige auch aus jüdischen. Da die Klassenlehrer eine besondere Vertrauensebene mit den Schülern hätten, sieht sie die Thematisierung des Kriegs bei ihnen am besten aufgehoben. Auch an der Trude-Herr-Gesamtschule ist es am Montag ruhig geblieben.
„Das Thema sollte in den Schulen in jedem Fach besprochen werden, wenn die Kinder danach fragen“, sagt Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbands NRW. „Die Kinder brauchen Orientierung.“ Die Aufarbeitung der aktuellen Ereignisse und der Hintergrund des Nahost-Konflikts seien das eine, das Verhalten der Schüler das andere wichtige Thema. „Es kann auch auf den Schulhöfen in NRW etwas strafrechtlich Relevantes passieren, da müssen die Schulleiter wissen, wie sie damit umgehen“, sagt Bartsch. Er sieht aber auch die Eltern gefordert.
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wollte sich noch am Montagabend nach dem ersten Schultag mit Lehrerverbänden sowie Schulaufsicht über die Situation austauschen. Die Ministerin erklärte, dass es dabei auch um die Frage gehen werde, welche weitere Unterstützung die Schulen wünschten. Ein intensiverer Austausch könne bereits in der kommenden Woche stattfinden. Man werde die Situation weiter aufmerksam im Blick behalten und falls erforderlich, weitere Hilfen anbieten, sagte Feller. Auch ein Verbot etwa von Palästinensertüchern auf den Schulhöfen schloss sie nicht aus. Sollten entsprechende Wünsche aus den Schulen an sie herangetragen werden, müsse man darüber diskutieren. Bislang gebe es diese jedoch noch nicht. „Antisemitismus, Gewalt, Rassismus und Respektlosigkeit haben an unseren Schulen keinen Platz“, unterstrich Feller.