Emmerich Schlägerei: Richterin befangen?

Emmerich · Das ist selten in Emmerich: Im Prozess um die Schlägerei zwischen zwei türkischen Familien stellten alle fünf Verteidiger Anträge wegen Befangenheit gegen Richterin Wacker. Der Prozess wird so in die Länge gezogen.

 Richterin Waltraud Wacker

Richterin Waltraud Wacker

Foto: End, MVO

Erst am Donnerstag war vor dem Amtsgericht Emmerich der Prozess um eine Schlägerei zwischen zwei türkischen Familien im Jahr 2008 gestartet. Und schon jetzt gerät der Zeitplan aus den Fugen. Denn Richterin Waltraud Wacker steht unter Beschuss der Verteidigung.

 Im Zuschauerraum beobachteten Familienmitglieder der fünf Angeklagten den Prozess. Verhandelt wird der Fall in einem Saal des Landgerichts Kleve – aus Platzgründen und wegen erhöhter Sicherheitsmaßnahmen.

Im Zuschauerraum beobachteten Familienmitglieder der fünf Angeklagten den Prozess. Verhandelt wird der Fall in einem Saal des Landgerichts Kleve – aus Platzgründen und wegen erhöhter Sicherheitsmaßnahmen.

Foto: van Offern

Alle fünf Rechtsanwälte der ebenso vielen Angeklagten stellten gestern Anträge auf Befangenheit gegen Wacker. Die Begründung: Die Richterin habe sich bereits ein Urteil gebildet, indem sie von räuberischer Erpressung als Grund für eine gemeinschaftliche Körperverletzung ausgehe. Von Objektivität könne also nicht die Rede sein.

Schon nach einer Stunde endete so der Prozesstag. Eigentlich wollte Richterin Wacker den Strafverteidigern die Möglichkeit geben, sich zu ihrem Vorhaben zu äußern, das Verfahren an das Schöffengericht Kleve abzugeben. Denn tatsächlich sei sie der Meinung, dass aus der Akte ein hinreichender Verdacht auf das Verbrechen einer räuberischen Erpressung hervorgehe.

Polizeischutz beantragt

Warum? Noch bevor am Abend des 11. Februar 2008 rund 40 Mitglieder der rivalisierenden Familien aneinandergerieten und es zu der Schlägerei mit fünf Leichtverletzten in Hüthum kam, hatte eines der späteren Opfer schon am Vormittag des selben Tages Polizeischutz beantragt. Er habe Angst vor Übergriffen seitens der Familie, von der jetzt fünf Mitglieder auf der Anklagebank sitzen.

Das sei ein wichtiges Indiz für einen geplanten Übergriff zur Durchsetzung einer Geldforderung, sagte Richterin Wacker. Näheres zu dieser Geldforderung ist jedoch noch nicht bekannt geworden — darüber gibt nur die Gerichtsakte Auskunft.

Dass jetzt die Richterin mit den fünf Befangenheitsanträgen gegen sie beschäftigt ist, verzögert das Verfahren ungemein. Und gibt der Verteidigung Zeit. Denn selbst, wenn in der Sache entschieden ist — ob sie befangen ist oder nicht (siehe Info) — kommt wieder der Antrag auf eine Verlegung des Verfahrens an ein Schöffengericht auf die Tagesordnung.

Daran aber können die Strafverteidiger kein Interesse haben. Denn ein möglicher Schuldspruch wegen räuberischer Erpressung würde ein weitaus höheres Strafmaß erlauben als eine Verurteilung wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung.

Dass Richterin Wacker mit der Verlegung an das Schöffengericht lediglich ein ihr lästiges Verfahren loswerden will, werfen ihr die Verteidiger vor. Dass sie aber damit die Ursache für die Familienfehde ergründet sehen möchte, ist ebenso möglich.

(RP/jul)
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