Ex-Bin-Laden-Leibwächter Gericht entscheidet über Rückholauftrag für Sami A.

Berlin · Die Oberverwaltungsrichter in Münster prüfen ab heute den Rückholauftrag für den mutmaßlichen Islamisten und Ex-Leibwächter des getöteten Terrorchefs Osama bin Laden. Sami A. wurde Mitte Juli nach Tunesien abgeschoben.

 Jetzt liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht. Danach bliebe nur noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Jetzt liegt der Fall beim Oberverwaltungsgericht. Danach bliebe nur noch der Weg zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Im juristischen Tauziehen um Sami A., den mutmaßlichen Ex-Leibwächter des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden, behält sich das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ein zweites Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro gegen die Stadt Bochum vor. Das sagte ein Sprecher des Gerichts unserer Redaktion. Ein entsprechender Antrag der Anwälte von Sami A. sei am vergangenen Freitag eingegangen.

Am Dienstagmittag endete die Frist für eine Stellungnahme der Stadt Bochum dazu. Die Kammer werde dann zügig entscheiden, hieß es, dabei aber auch das beim Oberverwaltungsgericht Münster anhängige Verfahren berücksichtigen. Dort musste die Stadt Bochum bis 0 Uhr der vergangenen Nacht erklären, warum sie den Rückholauftrag des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen für falsch erachtet. Zu den Inhalten der Ausführungen wollte ein Stadtsprecher keine Angaben machen. Eine Entscheidung des Gerichts, das die letzte Beschwerdeinstanz vor einem möglichen Gang zum Bundesverfassungsgericht ist, wird zeitnah erwartet.

In Gelsenkirchen hatten die Richter entschieden, dass der mutmaßliche Islamist Sami A. nach seiner Abschiebung Mitte Juli aus Tunesien zurückgeholt werden müsse, weil ihm dort Folter drohte. Sowohl die Behörden in Bochum als auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind anderer Auffassung. In Tunesien läuft zudem ein Verfahren gegen Sami A., er ist jedoch vorläufig wieder auf freien Fuß gesetzt worden – wenn auch ohne Reisepass. Eine Einreisesperre im Schengener Informationssystem für die Sicherheitsbehörden gegen Sami A., über die der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet hatte, wurde bereits automatisch mit dessen Abschiebung in Kraft gesetzt. Das Ausländeramt Bochum sei also nicht gesondert aktiv geworden, betonte ein Sprecher.

CDU-Innenexperte Armin Schuster äußerte unterdessen Zweifel an der Argumentation des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. „Die große Koalition wird Tunesien immerhin als sicheres Herkunftsland einstufen", sagte Schuster unserer Redaktion. „Es wäre daher schon interessant zu erfahren, über welche konkreten Hinweise das Gericht in Gelsenkirchen verfügt, die für die Gefahr einer Folter an Sami A. schon vor der Ausreise sprechen", so der CDU-Politiker. „Im Nachhinein erscheint diese Gefahrenprognose jedenfalls kaum noch haltbar. Es ist deshalb wichtig, dass sich jetzt das Oberverwaltungsgericht diesem Fall widmet", sagte Schuster. Dass die Stadt Bochum gegen ein Zurückholen des mutmaßlichen Ex-Leibwächters des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden argumentiert, begrüßte Schuster. „Die Stadt Bochum liegt mit ihrem Handeln insgesamt richtig, auch die Wiedereinreisesperre ist in solch einem Fall Routine und wurde nicht eigens wegen Sami A. verhängt", sagte er.

Nach der Abschiebung von Sami A. am 13. Juli hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den zuständigen Behörden rechtswidriges Verhalten vorgeworfen. Die Richter hatten die Abschiebung untersagt, weil dem Islamisten in seiner Heimat eine menschenrechtswidrige Behandlung drohen könnte. Das Fax war allerdings erst zugestellt worden, als das Flugzeug mit Sami A. und den begleitenden Bundespolizisten bereits in der Luft war. Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt wollten sich am Montag auf Anfrage nicht äußern.

Im Prozess um die islamistische Terrorvereinigung „Al Tawhid“ vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (2003 bis 2005) wurde der heute 42-jährige Sami A. von einem Zeugen schwer belastet: Sami A. habe 1999/2000 in einem afghanischen Islamistenlager eine militärische Ausbildung durchlaufen und später der Leibgarde des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden angehört. Daraufhin wurde im März 2006 die Ausweisung von Sami A. verfügt. Er stellt daraufhin einen Asylantrag. Es folgt eine Kette von Gerichtsverfahren.

(jd)
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