Studie zum ÖPNV im Revier „Es ist leichter, von Essen nach Barcelona zu kommen als nach Dinslaken-Lohberg“
Essen · Wer im Ruhrgebiet auf Bus und Bahn angewiesen ist, muss häufig mit deutlich längeren Fahrtzeiten rechnen. Die Folge: Viele fahren mit dem Auto - Stau hin oder her.
Der Regionalverband Ruhr (RVR) sieht deshalb großen Nachholbedarf im öffentlichen Personennahverkehr. Nur zehn Prozent aller Wege werden im Ruhrgebiet laut einer RVR-Studie mit Bussen und Bahnen zurückgelegt. „Das ist für eine Metropolregion ein dramatisch schlechter Wert“, sagte RVR-Planungsdezernent Martin Tönnes am Montag in Essen. Das dominierende Verkehrsmittel sei das Auto, mit dem 58 Prozent aller Wege zurückgelegt würden.
Der RVR entwickelt derzeit einen Masterplan zur Mobilität in dem Ballungsraum, in dem gut fünf Millionen Menschen leben. Als ersten Schritt hat der Verband die Stärken und Schwächen in Sachen Mobilität untersuchen lassen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie: Das Ruhrgebiet ist bei Luft- und Schienenverbindungen national und international zwar gut angebunden, innerhalb der Region sind Fahrten mit dem Nahverkehr jedoch oft mühsam. „Es ist leichter, von Essen nach Barcelona zu kommen als nach Dinslaken-Lohberg. Das zeigt den Handlungsbedarf, den wir haben“, sagte Tönnes.
Der RVR-Planungsdezernent verwies auf die vor kurzem veröffentlichte Untersuchung „Mobilität in Deutschland“. Demnach legen die Menschen im Ruhrgebiet nur zehn Prozent aller Wege mit Bussen und Bahnen zurück. „Das ist für eine Metropolregion ein dramatisch schlechter Wert“, sagte der Planungsexperte. Das dominierende Verkehrsmittel sei das Auto, mit dem 58 Prozent aller Wege zurückgelegt würden. Auf das Fahrrad entfielen im Ruhrgebiet neun Prozent. Zum Vergleich: In den Metropolregionen Deutschlands stellt die Untersuchung im Schnitt eine Nutzung von 20 Prozent ÖPNV, 38 Prozent Auto und 15 Prozent Fahrrad fest.
Zum Thema drohende A40-Sperrung in Essen für ältere Diesel sagte Tönnes: „Eine Stadt Essen wird das Luftreinhalteproblem nicht allein lösen können. Da gehören Dortmund, Duisburg und Bochum genauso an den Tisch.“ Nötig sei daher eine regionale Problemlösungsstrategie etwa durch die Aufstellung eines regionalen Nahverkehrsplans, der für alle RVR-Mitgliedskommunen gelte.
Die RVR-Studie zur Mobilität nennt viele Knackpunkte: Bei den Bahnverbindungen in Richtung West-Ost sei das Angebot gut, nicht jedoch in Richtung Nord-Süd. Bei Regionalexpresszügen gebe es „Unzuverlässigkeit und Kapazitätsengpässe“. Car- oder Bikesharing-Angebote für den Alltagsverkehr blieben vor allem auf die großen Kernstädte beschränkt. Und: „Zwölf Städte im Ruhrgebiet wie Bergkamen, Herten oder Neukirchen-Vluyn verfügen nicht einmal über eine S-Bahn-Station“, sagt Tönnes. Nur durch ein attraktiveres Nahverkehrsangebot könnten jedoch Menschen im Umland des Ruhrgebiets dazu gebracht werden, auf dem Weg in die Ballungszentren das Auto stehen zu lassen, heißt es in der Studie.