Knapp 100 Fälle in NRW Kirchengemeinden schützen Flüchtlinge vor Abschiebung

Düsseldorf · Noch immer suchen Flüchtlinge, denen die Abschiebung droht, in Kirchen Zuflucht. In vielen Gemeinden Nordrhein-Westfalens haben die Fälle zugenommen. Das Kirchenasyl wird vom Staat respektiert.

 Afrikanische Flüchtlinge in einer Kirche in Hamburg (Symbolbild).

Afrikanische Flüchtlinge in einer Kirche in Hamburg (Symbolbild).

Foto: dpa, hei mov

Die Kirchengemeinden in Nordrhein-Westfalen gewähren derzeit rund einhundert Flüchtlingen Kirchenasyl, um sie vor der Abschiebung zu schützen. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab, befinden sich mindestens 98 Asylbewerber in der Obhut der Kirchen, bei der Evangelischen Kirche im Rheinland ist der Andrang mit 66 Flüchtlingen besonders hoch.

"Seit 2015 haben sich die Zahlen mehr als verdoppelt", sagte ein Sprecher der Kirche Rheinland. Gründe für die steigenden Fallzahlen seien unter anderem eine immer striktere Abschiebepolitik sowie die prekäre Situation in anderen EU-Staaten wie Italien, Ungarn oder Bulgarien.

Auch im Bistum Paderborn lässt sich nach Auskunft der Kirche in diesem Jahr ein Anstieg bei den Asylfällen feststellen. "Anfragen zu Beratungen von Kirchengemeinden zum Thema Kirchenasyl sind, analog der steigenden Zahl drohender Rückführungen, aktuell steigend", bestätigte auch ein Sprecher des Erzbistums Köln.

Die Zahl der Flüchtlinge, die tatsächlich ins Kirchenasyl aufgenommen wurden, habe sich in Köln seit 2015 allerdings nicht deutlich verändert. Ohnehin sind die Unterschiede in NRW je nach Kirchengemeinde und Region erheblich. So befindet sich im Bistum Essen derzeit niemand im Kirchenasyl, im Bistum Aachen ist es nur ein Asylbewerber.

Kirchenasyl wird vom Staat respektiert

Zwar gibt es für die Gewährung des Kirchenasyls keine gesetzliche Grundlage. "Asyl zu gewähren, obliegt ausschließlich dem Staat", betonte das Integrationsministerium NRW. Dennoch werden Kirchenasyle von der Polizei und anderen staatlichen Stellen respektiert. Abschiebemaßnahmen werden dann solange ausgesetzt, bis der Asylantrag erneut überprüft wurde. Nach Angaben des Integrationsministeriums wurde diese Regelung zuletzt durch einen Erlass im Juni 2017 bekräftigt.

"Dennoch ist jeder Fall auch eine große Belastung für diejenigen, die über ein solches Kirchenasyl entscheiden", sagte Peter Iven von der Evangelischen Landeskirche im Rheinland. "Immerhin ist es ein Akt zivilen Ungehorsams und dafür muss man im Zweifel auch grade stehen."

Aktuell zählt die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" bundesweit 351 Fälle mit 551 Asylbewerbern. Die meisten Kirchenasyle sind sogenannte Dublin-Fälle, bei denen die Abschiebung in ein anderes EU-Land geprüft wird. In vielen Fällen führe die erneute Prüfung zu einem dauerhaften Aufenthalt, sagte Iven von der Landeskirche im Rheinland. "Die Erfolgsquote liegt bei 80 bis 90 Prozent."

(lnw)
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