Satudarah in Duisburg Rocker-Chef nach Razzia verhaftet

Duisburg · Spezialkräfte der Polizei stürmen Wohnungen und das Hauptquartier des Rockerclubs Satudarah.

 "Ali Osman", der Deutschland-Chef von Satudarah, wurde in seinem Wohnhaus (links unten) von SEK-Beamten überwältigt. Gleichzeitig stürmte die Polizei auch das Vereinsheim der Rocker und sprengte die Eingangstüren.

"Ali Osman", der Deutschland-Chef von Satudarah, wurde in seinem Wohnhaus (links unten) von SEK-Beamten überwältigt. Gleichzeitig stürmte die Polizei auch das Vereinsheim der Rocker und sprengte die Eingangstüren.

Foto: apr (2), boett, Polizei

Um fünf Uhr morgens lassen Sprengladungen das mehrstöckige Wohnhaus an der Friedrich-Ebert-Straße in Rheinhausen erzittern. Lichtblitze der Blendgranaten durchzucken die Nacht. Im Erdgeschoss rücken Spezialkräfte der Polizei vor. Ihr Ziel: Das Vereinsheim des Rockerclubs Satudarah "Satudarah Clown-Town".

Gleichzeitig stürmt ein Spezialeinsatzkommando (SEK) rund zwei Kilometer entfernt das Wohnhaus des Duisburger Satudarah-Chefs "Ali Osman". Polizeikräfte dringen in mehrere Wohnungen anderer Club-Mitglieder ein, in den Niederlanden schlägt die Polizei an vier Stellen zu. Das Ergebnis des konzertierten Einsatzes: Drei Festnahmen, die Sicherstellung von Waffen und Drogen sowie die Nachricht, dass dem Deutschland-Chef von Satudarah, "Ali Osman", nun eine Haftstrafe droht.

Einige Stunden nach der Stürmung des Vereinsheimes an der Friedrich-Ebert-Straße schwanken die Bewohner des Wohnhauses zwischen Entsetzen und Hoffnung. "Ich bin fassungslos. Schauen Sie sich doch mal hier um. In diesem Haus leben Kinder, ganz normale Familien. Hier sieht es aus wie in einem Kriegsgebiet", sagt eine Nachbarin.

Mit einer Motorsäge hatten die Beamten die hölzerne Eingangstür des Vereinsheims aufgesägt, am Neben- und Hintereingang setzte das SEK Sprengladungen ein. Die Spuren sind unübersehbar: Im Hausflur hängt der Sicherheitskasten schief an der Wand, Aschefetzen liegen auf einem abgestellten Kinderwagen, die Wohnungstür im ersten Stock ist durch die Druckwelle aus der Fassung gehoben worden. Die Bewohnerin der betroffenen Wohnung musste sich mit ihrem Kind über das Vordach befreien.

Doch der massive Polizeieinsatz weckt auch Hoffnungen. "Vielleicht wendet sich ja jetzt alles zum Guten. Nun müsste doch auch dem Letzten klar sein, dass diese Rocker keine normalen Motorradfahrer sind", sagt ein Anwohner. Viel zu lange schon leide das Viertel unter den Rockern, zuletzt hätte der Club an Karfreitag eine wüste Party gefeiert. "Wenn man die Polizei ruft, um dem Lärm ein Ende zu bereiten, dann schicken die noch nicht mal einen Wagen", beschwert sich eine Frau.

Vertreter der Hausverwaltung stehen zunächst stumm daneben. Sie sind gekommen, um den Schaden am Haus zu begutachten. Das Vereinsheim sei durch den Eigentümer der Räume vermietet, die Verwaltung hätte keinen Einfluss, sagen sie auf Nachfrage. Die Verantwortung für einen Neubeginn liege bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft: "Die Polizei kann sich doch nicht immer rausreden und sagen, sie könne das Clubheim nicht verbieten. In dieser Umgebung, in der normale Mieter leben wollen, darf so eine Einrichtung einfach keine Lizenz bekommen."

Gut zwei Kilometer entfernt steht die Nachbarschaft ebenfalls in kleinen Gruppen zusammen. Einige haben noch gesehen, wie Polizeibeamte mit Säcken und Kisten das Haus des Duisburger Rockerchefs "Ali Osman" verlassen haben. Die tatsächliche Verhaftung hat niemand mitbekommen. Vor dem Haus steht der schwarze Geländewagen, mit dem "Osman" zuletzt durch Duisburg gefahren war. Im Vorgarten liegen die Tretroller seiner Kinder, die Jalousien sind heruntergezogen, eine Glasscheibe neben der Haustür ist gesprungen.

Plötzlich rollt ein Van heran, zwei Mitglieder von Satudarah sitzen darin. Einer steigt aus, geht zum Haus des verhafteten Club-Präsidenten und klingelt. Die Ehefrau von "Osman" öffnet, übergibt einige Papiere, eine weitere Frau ruft dem Rocker etwas aus dem Hausflur zu. Dann verschwindet das Duo wieder.

Ihr Auftritt ist eine Ausnahme in der gutbürgerlichen Gegend. "Bisher war von der Szene eigentlich kaum etwas zu bemerken", sagt ein Nachbar. Allerdings hat nicht zuletzt der Auftritt "Osmans" in der RTL-Sendung "Stern TV" Fragen aufgeworfen. "Wie finanziert sich dieser Mann?", will ein Nachbar wissen. Das rund 300 000 Euro teure Haus habe er zu zwei Dritteln bar bezahlt, behauptet ein Anderer: "Woher stammt dieses Geld, wenn er doch angeblich keine krummen Geschäfte macht, tatsächlich aber die meiste Zeit zu Hause ist?" Die Tatsache, dass die Polizei im Haus von "Ali Osman" ein Sturmgewehr AK-47 und eine Pistole des Typs P 99 gefunden hat, trägt nicht zur Beruhigung der aufgebrachten Nachbarschaft bei: "Das schaukelt sich doch immer weiter hoch. Bisher haben wir uns hier sicher gefühlt. Hoffentlich hat der Spuk bald ein Ende."

Tatsächlich wertet die Polizei den Schlag gegen Satudarah als Erfolg. Auch der Stellvertreter von "Ali Osman" wurde verhaftet, damit ist die Führungsriege des Clubs vorerst nicht handlungsfähig. "Osman" soll heute dem Haftrichter vorgeführt werden. Wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz droht ihm mindestens ein Jahr Haft. Auch in den Niederlanden vollstreckte die Polizei bei ihren Hausdurchsuchungen einen Haftbefehl, hob zudem eine Cannabis-Plantage aus.

(RP/rl/top)
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