Erste Auflage von "Rock im Revier" Ein Rockfestival für Pendler

Gelsenkirchen. · Große Bands sind zum ersten Festival "Rock im Revier" gekommen: Metallica, Muse, Limp Bizkit. Das begeisterte die Fans, zelten wollten die meisten aber lieber nicht.

Fans feiern auf "Rock im Revier"-Festival
8 Bilder

Fans feiern auf "Rock im Revier"-Festival

8 Bilder
Foto: dpa, frg axs

Aus den Boxen der Veltins-Arena auf Schalke erklingt "The Ecstasy Of Gold", die berühmte Melodie aus dem Film "Zwei glorreiche Halunken". Die Leute jubeln. Sie wissen, was gleich kommt. Ein Vater im Publikum hebt seinen Sohn auf den Arm. Gebannt starrt der auf die große Bühne. Wenige Sekunden später krachen die ersten Akkorde von "Fuel" durch die Halle —Metallica stehen auf der Bühne. Der Vater beginnt im Takt zu nicken, der Sohn macht es nach. Beginn des Festivals "Rock im Revier", das an diesem Wochenende erstmals in Gelsenkirchen stattfindet.

Ursprünglich trug es den Namen "Grüne Hölle Rock" und sollte auf dem Nürburgring veranstaltet werden. Doch noch bevor die ersten Akkorde auf der Rennstrecke erklingen konnten, wurde das Festival nach Gelsenkirchen verlegt und in "Rock im Revier" umbenannt. Grund waren Differenzen zwischen dem Veranstalter und den Nürburgring-Betreibern. Dabei war die "Grüne Hölle Rock" als großer Nachfolger von "Rock am Ring" gedacht. Das Traditionsfestival kündigte im vergangenen Jahr an, die Rennstrecke in der Eifel zu verlassen. Auch hier wurden sich Veranstalter und Nürburgring nicht einig. "Rock am Ring" findet nun am kommenden Wochenende auf einem Flugplatz in Mendig statt.

Nun hat also Nordrhein-Westfalen ein neues Festival — mitten im Herzen des Ruhrgebiets. Der musikalische Fokus liegt auf Hardrock. Während bei anderen Openairs auch Popmusiker wie Deichkind, Jan Delay oder Cro auftreten, stehen hier Vertreter der härteren Musik wie Judas Priest, Faith No More oder KISS auf dem Programm. Rund 60 Bands spielen das gesamte Wochenende auf drei Bühnen. Die größte, "Big Stage", ist direkt in der Veltins-Arena. Viele Plätze dort sind leer, der Oberrang ist gar nicht geöffnet.

Rock im Revier 2015 in Gelsenkirchen mit Metallica
8 Bilder

Metallica rockt das "Revier"

8 Bilder
Foto: dpa, frg lre

Am Freitagabend stehen dort die Heavy-Metal-Giganten von Metallica auf der Bühne. Es war ihr 110. Deutschland-Konzert. Die Kalifornier spielen regelmäßig auf europäischen Festivals, gelten als absoluter Publikumsmagnet und dass, obwohl ihr letztes Studioalbum nunmehr sieben Jahre zurückliegt. Neue Songs stehen an dem Abend ohnehin kaum auf dem Programm. Metallica setzen auf Klassiker wie "One", "Sad But True" und natürlich "Nothing Else Matters", spielen ein paar Raritäten wie "King Nothing", "The Unforgiven II" oder "Metal Militia". Dass die Fans immer noch dieselben Lieder hören wollen, liegt an der energiegeladenen Show der Band — dabei ist sie dieses Mal für ihre Verhältnisse eher puristisch. Keine Pyrotechnik, nur wenige Lichteffekte. Doch das braucht es auch nicht. Sänger James Hetfield genügen zwei Worte, um die Halle in Fahrt zu bringen: "Oh, yeah!" schreit er heraus und die Leute flippen aus.

Als das Konzert nach gut zwei Stunden vorbei ist, geht es nur für einige Besucher in ein kaltes Zelt — die meisten zieht es auf die Autobahn oder in Richtung Hauptbahnhof. Nur die wenigsten campen bei "Rock im Revier". Sie pendeln. Ihre Autokennzeichen verraten, dass sie aus der Nähe kommen. Unter ihnen sind viele Tageskarteninhaber, die nur für ein paar Stunden bleiben, um ihre Lieblingsband zu sehen. Viele von ihnen sind bereits älter. Sie haben lange, graue Haare, enge verblichene Heavy-Metal-Shirts spannen über ihre Körper — Erinnerungen an Konzerte, die lange zurückliegen.

Rock im Revier Live Up 2015
15 Bilder

Diese Bands kommen zum "Rock im Revier"

15 Bilder
Foto: Veranstalter

Auf dem einzigen Campingplatz haben gerade einmal rund 6000 Besucher ihr Quartier bezogen, das ist nur ein kleiner Teil der geschätzt 40.000 Zuschauer. Hinzu kommt, dass er knapp zehn Kilometer entfernt liegt, an der Trabrennbahn. Wer dort zeltet, muss einen Shuttlebus nehmen. "Dass man erst 20 Minuten mit dem Bus durch die Stadt fahren muss, um zum Festival zu kommen, ist schon ziemlich blöd", findet Martin aus der Nähe von Erfurt. Er wäre lieber zum Nürburgring gefahren. Er mag die Atmosphäre an der Rennstrecke: "Da hat man alles: das Grüne der Natur und das Zelt in der Nähe zum Festival." Auf der anderen Seite müsse man aber auch berücksichtigen, dass "Rock im Revier" aus einer Not entstanden sei: "Dafür ist die Organisation zwar noch nicht optimal, aber schon in Ordnung." Andere wiederum freuen sich, ein Festival direkt in der Nähe zu haben. So wie Daniel aus Essen, er kommt wie viele jeden Tag mit dem Auto nach Schalke: "Gute Rockmusik, direkt vor der Haustür — das ist doch cool."

So richtig wie ein Festival fühlt sich "Rock im Revier" jedoch nicht an. Vor der Veltins-Arena ist es erschreckend ruhig — und dass obwohl auf dem Gelände harte Rockmusik aufgeführt wird. Auf den Parkplätzen geht es geordnet zu, vor den Eingängen sieht man keine großen Menschentrauben. Bunte, skurrile Kostüme, wie sie viele bei anderen Festivals tragen, findet man bei "Rock im Revier" nur selten.

Die typische Party-Stimmung kommt allenfalls auf dem Zeltplatz auf, wo die Leute grillen und feiern. In der Arena selbst fehlt die Openair-Atmosphäre. Daran kann auch nicht viel ändern, dass sich am Samstagabend für Muse langsam das Dach der Arena öffnet. Die Briten legen einen grandiosen Auftritt hin, spielen ein wildes, aufbrausendes Konzert. Doch am Ende fahren viele wieder nach Hause. So wie nach einem ganz normalen Stadionkonzert.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort