Tierschutzbund über Pferde beim Rosenmontagszug "Risiko für Mensch und Tier"

Köln/Grevenbroich · Fünf Menschen wurden bei einem Unfall mit Pferden beim Rosenmontagsumzug in Köln verletzt. Tierschützer wollen die Teilnahme von Pferden bei Karnevalszügen verbieten. Die Grünen ziehen nicht mit, fordern aber eine Diskussion.

Köln: Unfall mit Pferden am Rosenmontagszug
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Unfall mit Pferden beim Rosenmontagszug in Köln

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Sie hatten die Gelassenheitsprüfung mit guten Noten bestanden und am Montag keine Auffälligkeiten gezeigt. So beschreibt Friedhelm Tillmann vom Gut Neuhaus bei Grevenbroich die Pferde, die er schon lange für die Umzüge in Köln und Düsseldorf zur Verfügung stellt und die nun beim Rosenmontagsumzug in Köln durchgegangen sind.

Fünf Menschen wurden verletzt. Nach Augenzeugenberichten sollen die Tiere mit einer Flasche beworfen worden sein. Die Polizei kann nicht bestätigen, dass das Unglück so ausgelöst wurde. "Die Ermittlungsgruppe Karneval befasst sich jetzt mit dem Fall", sagte ein Sprecher. Die Pferde blieben unverletzt. Im vergangenen Jahr war ein Pferd im Kölner Rosenmontagszug kollabiert.

Tierschützer pochen auf ein Verbot von Pferden bei Karnevalszügen. "Es ist teilweise so eng und so laut, dass das für die Tiere purer Stress ist", sagte Claus Kronaus vom Netzwerk für Tiere Köln. Weil Pferde Fluchttiere seien, würden sie durchdrehen. Hohe Auflagen änderten nichts. Auch der Deutsche Tierschutzbund bekräftigte seine Forderung nach einem Verbot. Pferde bedeuteten ein "unkalkulierbares Risiko für Mensch und Tier".

"Panik, wenn es zu eng wird"

Das bestätigt auch eine erfahrene Reiterin. "Die Pferde bekommen Panik, wenn es ihnen zu eng wird. Dann der Lärm aus allen Richtungen, den sie nicht identifizieren können - es ist deren Natur, auf solche Dinge ängstlich zu reagieren", sagt sie. So etwas könne immer passieren. Und es wundere sie, dass nicht mehr passiere. Die wenigsten Pferde seien so nervenstark, dass ihnen der Trubel nichts ausmache.

Nach der Kritik der Tierschützer hatte die Stadt Köln strengere Kontrollen für den Umgang mit Pferden beim Rosenmontagszug angekündigt. Die Zahl der eingesetzten Tierärzte wurde so im Vergleich zu 2017 von drei auf neun erhöht. Sie sollten ständig einen Blick auf Pferde und Kutschen haben. Zudem wurden stichprobenartig rund 50 Blutproben genommen und auf Beruhigungsmittel überprüft. Im vergangenen Jahr gab es nur 13 Proben.

Die strengeren Kriterien für die Teilnahme von Pferden, Reitern und Kutschen bestätigt auch Alexander Dieper, der Zugleiter des Kölner Rosenmontagsumzugs. Dazu zählten etwa Kutschenführerscheine, Reitpässe, Basisschulungen für Begleiter sowie die Gelassenheitsprüfung für die Pferde. Für jene betreibt Gut Neuhaus einen immensen Aufwand.

Wurden die Pferde manipuliert?

"Wir errichten große Parcours, auf denen Pferde mit aufsteigenden Luftballons, aufgespannten Schirmen und lauter Musik konfrontiert werden", sagt Tillmann. "Tiere, die diesen Test nicht bestehen, werden nicht im Karneval mitgenommen." Warum die Pferde in Köln aus heiterem Himmel lospreschten, kann Tilmann sich nur damit erklären, dass die Tiere "von außen her manipuliert wurden, so dass es zu einer Überreaktion kam".

Willa Bohnet vom Institut für Tierschutz und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule Hannover ist nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Pferden im Zug. Wenn diese sorgfältig ausgewählt, gut vorbereitet und trainiert sind, sei das kein Problem. "Problematisch ist das ständige Stehenbleiben und Loslaufen", sagt sie. Zum einen sei es eine Kraftanstrengung, wenn die Pferde das Gefährt wieder ans Rollen bringen müssen. Und langes Stehenbleiben, das Ungewisse in dieser Zeit, falle einem Pferd schwer.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach sich unmittelbar nach dem Vorfall am Montag gegen ein generelles Pferdeverbot aus. "Ein Zug ohne Pferde ist Mist", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Man müsse erst klären, was genau die Ursache gewesen sei. Bevor man nicht wisse, woran es gelegen hat, solle man vorsichtig sein mit vorschnellen Rufen nach Verboten. "Ich bin sehr dafür, die Debatte zu versachlichen", sagte er gestern.

"Solche Schnellschüsse sind Mist"

Auch die Grünen in NRW sind nicht für ein generelles Verbot. "Angesagt sind zunächst die Ermittlung der Unfallursachen und eine Diskussion des Themas", sagte Mona Neubaur, Vorsitzende der Grünen NRW. Dabei hätten die Sicherheit der Zugbesucher und das Wohl der Tiere Priorität.

Letztlich müsse das Thema vor Ort entschieden werden. Dabei gehörten Karnevalsvereine, Tierschützer und Ordnungsämter an einen Tisch. Fehl am Platz sei der Tonfall, in dem sich Reul zu dem Unfall geäußert hat. Neubaur: "Solche Schnellschüsse sind Mist."

Laut Zugleiter Dieper seien die Verantwortlichen nun dabei, sich zu beraten. "Wir versuchen, alle Fragen zu klären", sagte er. Anschließend diskutiere man darüber, ob ein Pferdeverbot sinnvoll sei oder nicht.

(RP)
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