Rheinliebe Ein Rhein-Wein aus dem Exil

Königswinter · Das Weingut Pieper in Königswinter gehört zu den nördlichsten Winzern am Rhein - ein Besuch fernab der großen Weinszene, die sich eigentlich zwischen Bingen und Koblenz abspielt.

 Malerisch: Die Weinberge rund um den Drachenfels sind die nördlichsten Weinberge des Anbaugebiets Mittelrhein.

Malerisch: Die Weinberge rund um den Drachenfels sind die nördlichsten Weinberge des Anbaugebiets Mittelrhein.

Foto: Frank Homann

Drüber, drunter, drumherum - und dann auch noch innendrin. Es schaut ein bisschen so aus, als habe der Drachenfels mit felsenharter grauer Faust in den Weinkeller der Piepers eingeschlagen. Dabei bildet der blanke Stein nur die natürliche Rückseite des Raumes und gehört sozusagen zum Inventar. Ohnehin ist der Drachenfels fester Bestandteil des Pieperschen Besitzes. Er ist Wand und Fundament des Kellers zugleich - und auch die Grundlage des Bodens, auf dem die Reben stehen: insgesamt neun Hektar auf Königswinterer und Rhöndorfer Ortsseite. "Wir haben gelernt, miteinander zu leben", sagt Felix Pieper mit Blick auf die steilen Weinberge und den Rhein im Tal.

Seit 1958 betreibt Piepers Familie den Jesuiter Hof mit Weinstube in Königswinter, wo jedes Jahr ein beträchtlicher Teil des hauseigenen Weins von den Gästen getrunken wird. Die Weinproduktion selbst befindet sich an der Rhöndorfer Ortsgrenze. Der Urgroßvater habe in den 1920er Jahren mit dem Weinbau begonnen, sagt Felix Pieper. Heute teilen sich der 33-Jährige (seit 2007 verantwortlich für den Wein) und Vater Adolf Wilhelm "Bobbi" Pieper (seit 2007 vor allem verantwortlich für den "Papierkram") die Arbeit im Weingut, Mutter Heike kümmert sich um die Gutsschänke und Schwester Roxana um den Verkauf. Ein richtiger Familienbetrieb.

 Felix Pieper in einem seiner Weinberge in Rhöndorf. Sein Urgroßvater hatte mit dem Weinbau in den 1920er Jahren begonnen.

Felix Pieper in einem seiner Weinberge in Rhöndorf. Sein Urgroßvater hatte mit dem Weinbau in den 1920er Jahren begonnen.

Foto: Volker Lannert

Zusammen mit dem Weingut Broel und dem Weingut Blöser bilden Piepers die nördliche Nachhut der Winzer entlang des Rheins. Offiziell gehören die Weingüter am Siebengebirge noch zur Weinbauregion Mittelrhein, inoffiziell sind sie eine Ausnahmeerscheinung, fernab vom Kern der Weinszene, die sich in Rheinland-Pfalz zwischen Bingen und Koblenz abspielt - jenen 65 Flusskilometern, die auch zu Unesco-Welterbestätten ernannt worden sind. In den nordrhein-westfälischen Weinbauorten Oberdollendorf, Königswinter und Rhöndorf fühle es sich dagegen bisweilen so an "wie im Exil", sagt Felix Pieper. Es fehlt an Bekanntheit, vor allem aber an Anerkennung für die mühsame Arbeit in den steilen Hängen, die einem viel Handarbeit abverlangt. Geblieben sind von den einst 500 Hektar Rebfläche im Rhein-Sieg-Kreis (NRW) insgesamt nur rund 20, vorwiegend rund um den Drachenfels gelegen.

Dass so weit oben im kühlen Norden überhaupt Trauben ausreifen können, klappt nur im Zusammenspiel von Drachenfels und Rhein. Der steile Hang ermöglicht der Sonne einen günstigen Einfallswinkel, außerdem können kalte Luftströmungen nachts hinab ins Tal gleiten; so wird Frost vermieden. Das vulkanische Trachytgestein mit dem hohen Kaliumgehalt hilft später, die prägnante Säure im Wein geschmacklich abzupuffern. Unten übernimmt der Rhein die Aufgaben als Heizung, Sonnenreflektor und Wolkenvertreiber: Der Fluss reflektiert das UV-Licht, das wichtig ist für den Stoff- und Energiewechsel in den Blättern der Reben. Tagsüber speichert er die Wärme der Sonnenstrahlen und gibt sie nachts an die Rebstöcke ab. Durch seine Erwärmung entsteht zugleich aufsteigende Luft, die die Wolken vergrault. So entsteht ein Klima, das mit einer mittleren Jahrestemperatur von 9,3 Grad ein bis zwei Grad höher liegt als in der Nachbarschaft, mit 1500 Sonnenstunden und nur 550 bis 600 Millimetern durchschnittlichem Niederschlag.

Doch das Ganze würde nichts nützen ohne das Engagement des Winzers. Dass der Weinbau am Drachenfels bei all seiner Vergangenheit auch eine Zukunft hat, ist qualitätsorientierten jungen Weinmachern wie Felix Pieper zu verdanken. Nur heiteren Zechwein zu produzieren, ist ihm nicht genug. Er setzt auf Qualität, reduziert den Ertrag im Weinberg, experimentiert im Keller mit Spontanvergärung und ausgedehntem Hefelager und plant, sich Stückfässer zuzulegen. Er will gleichberechtigt auf der Bacharacher Weinmesse neben den Kollegen aus dem Süden stehen und seinen Riesling aus den Lagen Rüdenet und Domkaule zeigen - Wein, der auf feine Art und Weise seine Heimat widerspiegelt: Drachenfels, Rhein und die stilistische Handschrift des Winzers gleichermaßen.

Die Serie Die Folgen der "Rheinliebe" erscheinen dienstags und donnerstags im Lokalteil und mittwochs und freitags auf den Seiten Wissen, NRW oder Panorama. Das Buch Die Serie entstand mit dem Bonner "General-Anzeiger" und der "Kölnischen Rundschau". Die besten Folgen münden in das Buch "Rheinliebe", das am 9. September im Droste-Verlag erscheint. Preis: 24,99 Euro; es kann vorbestellt werden unter der Telefonnummer 0211 - 505 2255 (Mo-Fr 8-16 Uhr) oder www.rp-shop.de. Das Buch wird kostenfrei versandt.

(RP)
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