150 Polizisten im Einsatz Reichsbürger-Gruppe verboten - Durchsuchungen in drei NRW-Orten

Düsseldorf · Schlag gegen einen besonders aggressiven Teil der Reichsbürger-Szene: Die Bundesregierung hat die Gruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ verboten. Im Morgengrauen rückten deswegen in NRW 150 Polizisten aus.

Das bundesweite Verbot der Reichsbürger-Gruppe „Vereinte deutsche Völker und Stämme“ ist in Nordrhein-Westfalen mit einer Reihe von Durchsuchungen durchgesetzt worden. „Diese Typen können sich auch in Corona-Zeiten nicht in Sicherheit wiegen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf. Er sei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für das Vorgehen gegen die „braune Soße“ dankbar.

150 Polizisten waren in NRW im Morgengrauen im Einsatz, um fünf Objekte in Bünde, Preußisch Oldendorf und Gummersbach zu durchsuchen. Dabei seien Datenträger, Schusswaffen, Baseballschläger, Propaganda und Drogen entdeckt und sichergestellt worden. Festnahmen gab es keine.

„Diese Menschen leugnen die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland und hetzen gegen Juden und Ausländer“, sagte Reul. „Gerade jetzt müssen wir gegen Leute vorgehen, die solche Verschwörungstheorien verbreiten. Da gibt es keine Toleranz, sondern nur eine harte Linie.“

Die verbotene Gruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ habe bundesweit aus einem harten Kern von 21 Mitgliedern und einem Umfeld von 100 Menschen bestanden. In NRW seien es drei Mitglieder und ein Umfeld von 15 Personen gewesen.

48 Reichsbürger in NRW besitzen verschiedene Waffen-Berechtigungen. In 27 Fällen seien bereits Widerrufsverfahren eingeleitet worden, in den anderen 21 Fällen werde dies geprüft, so Reul.

Insgesamt werden 3200 Personen der Reichsbürger-Szene in NRW zugerechnet. Dabei handele es sich zu 75 Prozent um Männer im Alter von 40 bis 60 Jahren. Rund 100 von ihnen seien zudem einschlägig bekannte Rechtsextremisten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat damit erstmals eine Reichsbürger-Gruppierung bundesweit verboten. Polizisten durchsuchten in zehn Bundesländern.

Die Mitglieder des Vereins „bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie deutlich zum Ausdruck“, hieß es aus dem Bundesinnenministerium. In den vergangenen Jahren sei die Gruppierung unter anderem durch „verbalaggressive Schreiben“ aufgefallen.

Darin sei den Adressaten „Inhaftierung“ und „Sippenhaft“ angedroht worden. Das „Höchste Gericht“ der Gruppe drohte Regierungsmitgliedern mit Klagen wegen der „Zersetzung hoheitlicher Staatlichkeit“.

Die Gruppierung soll auch eigene Stempel hergestellt und ein Zahlungsmittel als eine Art Phantomwährung geschaffen haben. Sogenannte „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland an. Einige dieser Gruppierungen berufen sich auf ein selbst definiertes „Naturrecht“, andere auf das historische Deutsche Reich.

Viele unter ihnen behaupten, die Bundesrepublik sei in Wirklichkeit kein Staat, sondern ein Unternehmen. Sie erkennen Gesetze und Behörden nicht an und wehren sich teilweise gewaltsam gegen staatliche Maßnahmen. Bundesweit soll es nach Angaben des Verfassungsschutzes rund 19 000 Mitglieder dieser Szene geben, deren Mitglieder als waffenaffin gelten.

Schwerpunkt der Aktionen der Kleingruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ war zuletzt Berlin. Nach Angaben der Polizei setzten sich ihre Mitglieder für eine vorzeitige Haftentlassung des Holocaust-Leugners Horst Mahler ein.

Jetzt wurde nach dpa-Informationen in Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen durchsucht.

(mba/dpa)
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