„Rebellen“ in der Corona-Krise Bleibt verdammt noch mal zu Hause!

Meinung | Düsseldorf · Im Horrorfilm sterben die Dumm-Dreisten als Erstes. Im echten Leben erhöht, wer noch immer demonstrativ in Gruppen unterwegs ist, das Risiko für alle anderen.

 Dicht an Dicht sitzen die Menschen in der Sonne zusammen. Hier am Starnberger See in Bayern.

Dicht an Dicht sitzen die Menschen in der Sonne zusammen. Hier am Starnberger See in Bayern.

Foto: dpa/Ursula Düren

Liebe Mitmenschen, die Ihr jetzt noch fröhlich rausgeht, um in großen Gruppen Weinschorle oder Dosenbier zu trinken, anzugrillen oder auf einer quasi-illegalen „Corona-Party“ abzutanzen – ich verstehe euren Freiheitsdrang. Eure Sehnsucht nach Gesellschaft und den ersten echten Sonnenstrahlen nach einem langen Winter. Wirklich.

Und ich hasse es auch, wie ein Kleinkind behandelt zu werden. Aber gerade deshalb verhalte ich mich freiwillig vernünftig. Mache es mir im Home Office bequem und danke denen, die das nicht können (Bauern und Supermarkt-Kassierern, Pflegern, Polizisten, Ärzten usw.). Ihr aber – und von Euch gibt es offenbar mehrere Zehntausend – drängt euch bis zur letzten Minute in die Biergärten und Clubs oder verabredet euch danach privat mit euren paar dutzend (hundert?) Kumpels und Freundinnen.

Das hier ist kein Spiel. Die besten Mediziner der Welt versuchen zunehmend verzweifelt, uns Laien den Ernst der Lage klarzumachen. Bei den meisten ist das inzwischen zum Glück angekommen, einige machen sich leider auch mehr Sorgen als angemessen. Wer aufpasst und sich, wo nötig, helfen lässt, hat sehr gute Chancen, die Corona-Krise unbeschadet zu überstehen.

Doch Euch ist eure vermeintliche Coolness, das billige Rebellentum auf der Rheinpromenade wichtiger als das Leben eurer Mitmenschen – insbesondere der Alten, Kranken, Behinderten. Das ist nicht viel weniger schlimm, als Desinfektionsmittel oder Atemschutzmasken zu klauen.

Zum hundertsten Mal: Niemand reagiert über. Schulen und Läden, Kirchen und Bordelle und sogar die hochheilige Bundesliga mussten nicht aus Jux und Dollerei auf unbestimmte Zeit dichtmachen. Das hier ist auch kein Fall von deutschem Strebertum. Die ganze Welt steckt in einer Naturkatastrophe in Zeitlupe, die Zehntausende Tote fordern wird. Eher mehr.

Es ist irrelevant, dass hierzulande bislang erst „ein paar Menschen“ am Coronavirus gestorben sind, und erst recht ist es irrelevant, wie wenige das im Vergleich zu den Grippe-, Krebs-, Unfall- und sonstigen Toten sind. Der Punkt ist, dass die Menschen in Norditalien noch vor anderthalb Wochen genau so gedacht haben wie Ihr – und jetzt bestehen ihre Lokalzeitungen praktisch nur noch aus Todesanzeigen, weil die überforderten Ärzte manche bewusst sterben lassen müssen. Die Krematorien laufen rund um die Uhr. Und die Akkord-Beerdigungen müssen ohne die Hinterbliebenen stattfinden. Sowas kommt von sowas.

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Foto: dpa/Fabian Strauch

Im Horrorfilm sterben die Dumm-Dreisten als Erstes – und dienen den anderen so als mahnendes Beispiel. Im echten Leben ist es leider andersherum: Wer seine physischen Sozialkontakte nicht auf das absolut notwendige Maß einschränkt, stirbt höchstwahrscheinlich nicht selbst. Er erhöht bloß die statistische Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches, dass er das Virus weitergibt, an dem dann andere sterben. Im Grunde genommen gibt es einen juristischen Begriff dafür. Er lautet: fahrlässige Tötung. Damit wollt Ihr nicht leben.

Unsere Großeltern mussten in den Krieg ziehen. Von uns wird bloß verlangt, verdammt noch mal zu Hause zu bleiben. Mit Whatsapp und W-LAN. Die übergroße Mehrheit von uns schafft das, trotz teils existenzbedrohender Sorgen. Der Preis für Euren andauernden Trotz sind echte Menschenleben.

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