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Betrug, Geldwäsche, Hehlerei Landesweite Groß-Razzia gegen Organisierte Kriminalität in NRW

Update | Bochum/Essen · Die Polizei ist am Samstag im Ruhrgebiet und im Rheinland gegen kriminellen Clans vorgegangen - etwa in Essen und Bochum. Es gab mehrere Festnahmen. Eine solche Aktion hat es zuvor noch nicht gegeben.

Fotos: Polizei-Razzien in NRW - Verdacht auf Organisierte Kriminalität
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Polizei durchsucht mehrere Objekte in NRW - Verdacht auf Organisierte Kriminalität

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Foto: dpa/Roland Weihrauch

Es ist 13.22 Uhr am Samstagmittag, als Polizisten mit Mannschaftswagen vor der Einfahrt eines Schrotthandels in Bochum halten und aussteigen. Sie sind gekommen, weil im Zusammenhang mit dem Betrieb der Verdacht der Hehlerei, von Geldwäsche und Umweltverstößen besteht; die Kunden sollen kriminellen Clans angehören. „Sie geben dort Schrott ab und bezahlen dafür deutlich mehr als Marktpreis. Wir vermuten, dass das mit Geldwäsche zusammen hängt“, heißt es aus Ermittlerkreisen. „Mit jeder Festnahme rücken wir kriminellen Clans mehr und mehr auf die Pelle“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der bei der Polizeimaßnahme in Bochum dabei ist. Seit Samstagmorgen hat es landesweit in vielen Städten Durchsuchungen im Clan-Milieu gegeben. Insgesamt 1500 Polizisten waren im Einsatz, dazu noch mehr als 300 Mitarbeiter des Zolls, der Steuerfahndung und anderer Behörden.

Nach Angaben von Reul gab es bis zum frühen Nachmittag etwa ein halbes Dutzend Festnahmen. Wenige Stunden vor dem Zugriff in Bochum hat es etwa in der Nachbarstadt Essen Durchsuchungen im Clan-Milieu gegeben. Mit Hilfe des Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde am frühen Samstagmorgen ein 24-Jähriger festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, mit fünf Mittätern Kunden mit überteuerten Monteurleistungen betrogen zu haben. Laut Reul gehören alle sechs Verdächtigen zu einer größeren Bande mit Kontakten ins Clan-Milieu. Es gebe weitere Beteiligte in Callcentern, die den „angeblichen Monteuren“ die Aufträge vermittelt hätten. Deutschlandweit sei es zu 151 bekannten Betrugsfällen gekommen. Der Schaden liege bei 151.000 Euro, so Reul. Man gehe aber von weit mehr Taten aus.

Am Sonntag hat das Innenministerium den  landesweiten Einsatz gegen Clankriminalität bilanziert. Insgesamt wurden 159 Objekte kontrolliert und 2284 Fahrzeuge, neun wurden sichergestellt. Außerdem wurden 18 Haftbefehle vollstreckt, 27 Personen vorläufig festgenommen und mehr als 140 Strafanzeigen erstattet. Dazu wurden rund 800 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten geschrieben und mehr als 850 Verwarngelder verhängt. Mehr als 100.000 Euro Bargeld, 35 illegale Spielgeräte, vier Messer und circa 60 Kilogramm unversteuerten Tabak stellten die Beamten sicher. Zwölf kontrollierte Betriebe haben die Behörden aus gewerberechtlichen Gründen und zur Gefahrenabwehr sofort geschlossen. Mit diesen Razzien verfolgte die Polizei drei Ziele, so Reul: „Erstens erwischen wir Menschen, die sich strafbar gemacht haben. Zweitens klären wir Strukturen auf und finden Beweismittel. Und drittens wollen wir natürlich auch Unruhe stiften. Kriminelle Clanmitglieder sollen wissen, dass wir vielleicht morgen oder übermorgen wieder da sind."

Die Mitarbeiter des Schrotthandels in Bochum haben am Samstag kein Verständnis für die Polizeiaktion. „Wir haben nichts zu verbergen“, ruft einer von ihnen laut über den Hof. „Wir sind ehrliche und hart arbeitende Menschen. Was sollen die Nachbarn von uns jetzt denken. Das ist unter aller Sau“, sagt er.  Die Polizei ist mit mehreren Kräften vor und auf dem Gelände. Einer der Mitarbeiter sagt zu einem der Polizisten, dass er ihn privat schon mal sehen würde. Der Polizist reagiert nicht auf die Provokation.

Nach Angaben der Polizei soll die kriminelle Bande in Essen für Arbeiten als Rohrreiniger, Schlüsseldienst und Kammerjäger von ihren Opfern durchschnittlich 1000 Euro genommen haben.  Tatsächlich aber sollen sie dafür gar keine oder nur sehr schlechte Arbeit abgeliefert haben. Reul bezeichnet die Betrugsmasche als „wirklich perfide“. Das waren arglose Menschen, die Hilfe bestellten und Betrüger bekamen“, so der Minister des Inneren.

Polizisten nehmen einen Mann (24) mit Clanbezug fest.

Polizisten nehmen einen Mann (24) mit Clanbezug fest.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Das Landeskriminalamt NRW hat im Bereich der Clan-Kriminalität insgesamt 112 türkisch-arabische Familiennamen mit unterschiedlichen Schreibweisen auf dem Radar. Seit der landesweiten Polizei-Offensive gegen diese Strukturen hat es in NRW mehr als 2000 Kontrollaktionen, bei denen mehr als 5000 Objekte wie beispielsweise Shisha-Bars, Spielhallen, Wettbüros und Barber-Shops durchsucht worden sind. Bis Ende 2021 hat die Polizei in NRW rund 2900 Strafverfahren und 6500 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gegen kriminelle Clan-Angehörige geschrieben. Und im Bereich der Organisierten Kriminalität kommen noch 31 Ermittlungsverfahren dazu.

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