Münster "Sie wollte nicht alleine sterben" — Mutter bringt drei Kinder um

Münster · Eine verzweifelte Mutter vergiftet ihre drei Kinder mit Kohlenmonoxid. "Die Welt ist zu furchtbar für meine Engel", hatte sie in einem Brief geschrieben. Sie selbst überlebt. Jetzt fiel das Urteil im Prozess in Münster.

Zwei Einweggrills mit glühender Holzkohle hatte die 41-jährige Mutter auf dem Fußboden ihres Schlafzimmer gestellt, Fenster und Schlüsselloch abgedichtet und ihre drei Kinder zu sich ins Bett geholt.

Zwei Einweggrills mit glühender Holzkohle hatte die 41-jährige Mutter auf dem Fußboden ihres Schlafzimmer gestellt, Fenster und Schlüsselloch abgedichtet und ihre drei Kinder zu sich ins Bett geholt.

Foto: dpa, bt jhe

Der Tod kam im Schlaf - ganz ohne Vorwarnung. Zwei Einweggrills mit glühender Holzkohle hatte die 41-jährige Mutter auf dem Fußboden ihres Schlafzimmer gestellt, Fenster und Schlüsselloch abgedichtet und ihre drei Kinder zu sich ins Bett geholt. Die Kinder wurden vergiftet. Am Donnerstag verurteilte das Schwurgericht in Münster die Frau wegen Mordes zu zehn Jahren Haft.

"Sie hat ihre Kinder in die Falle gelockt", sagte Richterin Gabriele Böhner bei der Urteilsbegründung. Wegen schwerer Depressionen gilt die 41-Jährige als vermindert schuldfähig. Auch sie wollte im Mai 2014 sterben, konnte aber als einzige gerettet werden.

Auslöser der Tat war wohl völlige Verzweiflung. Die 41-Jährige hatte bereits seit Monaten an Suizid gedacht. Ihr Ehemann saß in Haft, das Geld war knapp. "Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr", hatte sie ihrem Mann bei einem Besuch im Gefängnis gesagt. Der hatte daraufhin sogar noch das Jugendamt eingeschaltet. Doch bei einem Hausbesuch spielte die Angeklagte den Sozialarbeitern eine heile Welt vor.

Tatsächlich hatte sie sich nach eigenen Angaben längst entschlossen, ihre Kinder mit den Tod zu nehmen. "Die Welt ist zu furchtbar für meine Engel", hatte sie in einem Brief geschrieben. Sie habe Angst, dass ihre drei bis elf Jahre alten Kinder in verschiedene Pflegefamilien kämen und dass ihre Tochter möglicherweise missbraucht würde. In ihrem Abschiedsbrief hieß es wörtlich: "Meine Kinder gehören zu mir und bleiben bei mir für IMMER."

Heute scheint die Angeklagte zu wissen, dass sie damals wohl nicht mehr in der Lage war, klare Gedanken zu fassen. "Ich kann immer noch nicht realisieren, was passiert ist", hatte sie kurz vor der Urteilsverkündung noch einmal gesagt. "Ich möchte mich bei allen entschuldigen."

Monatelang war unklar gewesen, ob der 41-Jährigen überhaupt jemals der Prozess gemacht werden könnte. Das Kohlenmonoxid hat in Gehirn und Körper tiefe Spuren hinterlassen. Beim Gehen ist die Frau auf einen Rollator angewiesen, die Empathie scheint völlig abhandengekommen zu sein. "Wenn ich mit ihr rede, ist sie wie eine 16-Jährige", hatte ihr Ehemann den Richtern bei seiner Zeugenvernehmung gesagt. Er selbst habe seiner Frau längst verziehen - weil sie in einem "Tunnel" gewesen sei und nicht mehr herausgekommen wäre.

Die Richter werfen der Angeklagten vor allem egoistische Motive vor. "Sie wollte nicht alleine sterben", sagte Richterin Gabriele Böhner. Mit dem Urteil blieb das Schwurgericht vier Jahre unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte eine milde Bestrafung wegen Totschlags beantragt.

(dpa)
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