Störungen in NRW Pro Bahn: Fehlende Weichen führen zu Bahn-Chaos

Düsseldorf · Immer wieder legen Gewitter und Sturm den Bahnverkehr in NRW lahm. Dennoch baut die Bahn Weichen auf den Strecken ab – die bei einer Störung jedoch wichtige Umleitungsmöglichkeiten bieten würden. So verschärfe sich die Lage im Nahverkehr noch zusätzlich, kritisiert Pro Bahn.

Bahn-Chaos in Ruhrgebiet und Rheinland
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Immer wieder legen Gewitter und Sturm den Bahnverkehr in NRW lahm. Dennoch baut die Bahn Weichen auf den Strecken ab — die bei einer Störung jedoch wichtige Umleitungsmöglichkeiten bieten würden. So verschärfe sich die Lage im Nahverkehr noch zusätzlich, kritisiert Pro Bahn.

Anfang der Woche herrschte im Ruhrgebiet Chaos. Bäume waren rund um Duisburg auf Gleise und Oberleitungen gefallen. Viele Züge waren stark verspätet oder fielen komplett aus. Hinzu kamen Kommunikationsprobleme bei dem Konzern, die für Verwirrung bei Pendlern sorgten. Die Bahn machte das Wetter für die Probleme verantwortlich und wehrte sich auch gegen Vorwürfe, sie müsse gründlichere Grünpflege an den Gleisen betreiben.

Tweets zum Chaos bei der Bahn
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Foto: Laura Sandgathe

Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn sieht indes noch einen anderen Grund für das massive Ausmaß der Probleme. "Die Bahn hat in den vergangenen Jahren aus Kostengründen viele Weichen ausgebaut. Das führt dazu, dass es bei Wetterschäden weniger Möglichkeiten gibt, Züge umzuleiten." Während der Konzern gerne von einer "Verschlankung" spreche, spricht Ebbers provokativ von "Magersucht". "Die Bahn ist auf einen Schönwetterbetrieb eingestellt", behauptet der Fahrgastvertreter.

Die Bahn will die Vorwürfe nicht kommentieren, äußert sich aber dennoch zum Thema Infrastruktur. "Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass einige Gleise und Weichen nicht notwendig sind", teilt das Unternehmen schriftlich mit. Nach dem Wegfall der Gleise kämen die Mittel, die sonst für deren Instandhaltung nötig wären, der Verbesserung der bestehenden Infrastruktur zugute. Zudem könne durch den Abbau von nicht mehr benötigten Gleisen und Weichen die Geschwindigkeit der Züge teils erheblich erhöht werden. Das wiederum führe zu einer "beschleunigten Betriebsabwicklung".

Neues Stellwerk in Duisburg: Diese Züge sind betroffen
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Foto: dpa, Boris Roessler

In den vergangenen Jahren hatte die Bahn im Herbst vor allem mit Laubfall zu kämpfen. "Nasses Laub bildet einen Schmierfilm auf den Gleisen, der das Bremsen erschwert", erklärt ein Bahnsprecher. Um solche Situationen und dadurch entstehende Schäden und Verspätungen zu vermeiden, will die Bahn ab dem 6. Oktober einen Gleisreinigungszug einsetzen, der nach einem bestimmten Fahrplan durch ganz NRW fährt, um das Laub von den Schienen zu entfernen. "Der Zug fährt so lange, bis die Bäume kahl sind", teilt die Bahn mit. 2011 hatte die Bahn noch zwei Gleisreinigungsfahrzeuge im Einsatz. Zudem können die Lokführer in brenzligen Situationen durch Drücken eines Knopfes Sand aus einem Behälter unter dem Zug auf die Schienen streuen, um das Metall aufzurauen und das Bremsen zu erleichtern. "Auch diese Behälter werden regelmäßig aufgefüllt", verspricht die Bahn.

Der Fahrgastverband pro Bahn stellt dem Konzern in Sachen Laubbekämpfung in der Tat ein gutes Zeugnis aus. "Diese Probleme hat die Bahn besser im Griff als früher", sagt Lothar Ebbers vom Pro Bahn-Landesverband NRW. Auch Probleme, die durch Frost entstehen, seien mittlerweile weniger gravierend als früher. "Angeblich hat die Bahn mittlerweile an allen Weichen eine elektrische Weichenheizung eingebaut", sagt Ebbers.

Gut funktioniere auch die Entschädigung der Fahrgäste bei Verspätungen. Der Europäische Gerichtshof hatte im vergangenen Jahr beschlossen, dass Bahnunternehmen auch bei Verspätungen, die durch höhere Gewalt entstanden sind, Entschädigungen zahlen müssen. Dazu gehören auch Wettereignisse. "Dementsprechend erwarten wir auch nach dem Vorfall im Ruhrgebiet wieder eine hohe Zahn von von Anträgen", sagt der Bahnsprecher. Für die einfache Beantragung hat die Bahn ein Fahrgastrechteformular im Internet eingerichtet.

Laut Beatrix Kaschel von der Schlichtungsstelle Nahverkehr, einem Projekt der Verbraucherzentrale, lohnt sich das Ausfüllen des Formulars für Nahverkehrspendler jedoch kaum. "Die meisten haben eine Monats- oder Jahreskarte und erhalten bei Verspätungen daher nur einen geringen Betrag", sagt Kaschel. So können Pendler nur rund drei Euro Entschädigung für Hin-und Rückfahrt beantragen. Die Mobilitätsgarantie der Verkehrsunternehmen in NRW, die für Verspätungen ab 20 Minuten die Erstattung einer Alternativfahrt vorsieht, greift bei wetterbedingten Verspätungen und Zugausfällen nicht.

Die Bahn hatte im vergangenen Jahr ihren Gewinn halbiert. Statt rund 1, 5 Milliarden im Jahr 2012, betrug er 2013 nur noch rund 650 Millionen. 200 Millionen davon gingen an den Bund als Eigentümer. Die Zahl der Fahrgäste in Deutschland lag 2013 bei rund zwei Milliarden. Pro Bahn-Sprecher Ebbers befürchtet jedoch, dass es weniger werden. "Die Leute werden langsam sauer über die Massivität der Probleme und Verspätungen", sagt er.

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