Preisträger „Wirtschaft im Wandel“ Traditionsbäcker baut den Weizen für seine Brote selber an

Ahaus · Manfred und Susanne Verweyen führen seit mehr als 30 Jahren eine Bäckerei in Ahaus. Lange haben sie überlegt, wie sie nachhaltiger wirtschaften können – und schließlich einen Weg gefunden, den nicht nur ihre Kunden ziemlich beeindruckend finden.

 Bäckermeister Manfred Verweyen und Landwirt Gerd Schulze-Schwering fahren gemeinsam im Traktor.

Bäckermeister Manfred Verweyen und Landwirt Gerd Schulze-Schwering fahren gemeinsam im Traktor.

Foto: Susanne Verweyen

In deutschen Fußgängerzonen reiht sich Bäckereikette an Bäckereikette, im Supermarkt liegt kiloweise billiges Industriebrot, und immer mehr Traditionskonditoreien müssen wegen Nachwuchsmangel schließen. Unter diesen erschwerten Bedingungen hat Bäckermeister Manfred Verweyen es geschafft, sich von der Masse abzuheben: Er backt das Brot für seine Kunden seit diesem Sommer mit eigens angebautem Weizen. „Ich war schon immer ein Fan von kurzen Wegen und davon, das Geld im Dorf zu lassen“, sagt der 59-jährige Ahauser mit eigener Bäckerei.

Lange habe er deshalb darüber nachgedacht, wie er besonders nachhaltig wirtschaften könne. Im vergangenen Jahr kam ihm und seiner Ehefrau Susanne dann die Idee mit dem eigenen Getreide. Schnell fanden sie in Gerd Schulze-Schwering aus Ahaus einen Landwirt für ihr Vorhaben und schlossen einen Deal: Für 59 Euro pro 100 Kilogramm kaufen sie ihm regelmäßig Weizen ab. „Das sind nur zwei Euro mehr, als wir sonst für diese Menge zahlen würden. Ein fairer Preis“, sagt Verweyen. Doch das Getreide muss ja noch in einer Mühle zu Mehl verarbeitet werden. Die Suche nach einer geeigneten in der Region gestaltete sich deutlich schwieriger. Das Ehepaar wurde in Recklingshausen fündig, bei Roland Mills United. Nun war der Weg fürs Backen mit dem eigenen Getreide frei.

 Die Ehepartner Manfred und Susanne Verweyen führen die Bäckerei gemeinsam.

Die Ehepartner Manfred und Susanne Verweyen führen die Bäckerei gemeinsam.

Foto: Susanne Verweyen/Bäckerei Verweyen

Damit überzeugt Verweyen nicht nur seine Kunden, sondern auch die Jury des Wettbewerbs „Wirtschaft im Wandel“, den die Rheinische Post gemeinsam mit der Initiative „Deutschland - Land der Ideen“ und dem General-Anzeiger Bonn ausrichtet. Verweyens Ahauser Bäckerei gewann mit zwei weiteren Unternehmen, die unsere Redaktion in den kommenden Wochen  vorstellt, in der Kategorie Handwerk und kleine Unternehmen.

Susanne Verweyen hatte in einer Zeitschrift von dem Wettbewerb gelesen und die Bewerbung geschrieben. „Dafür bin ich meiner Frau sehr dankbar. Wir freuen uns sehr über den Preis“, sagt Manfred Verweyen. Das Ehepaar führt seine Bäckerei seit 1991 und eröffnete im Laufe der Jahre neben dem Hauptstandort in Ahaus drei weitere Verkaufsstellen in der Umgebung. Heute beschäftigen die Verweyens 22 Mitarbeiter, darunter vier Bäcker und vier Konditoren. Neben dem über die Grenzen von Ahaus bekannten Quantwicker Mühlenbrot sind sie für den betörenden Duft von Berlinern bekannt, der jeden Morgen durch ihre Ladenlokale zieht. Die werden nämlich von Montag bis Samstag täglich frisch gebacken. Und bald, in der kalten Jahreszeit, gibt es auch wieder den Ahauser Schloss-Stollen, der – wie der Name schon sagt – drei Wochen lang im Schlosskeller eingelagert wurde. Für den Teig verwenden Verweyens Bäcker ein Korn-Rumgemisch aus einer örtlichen Brennerei.

Das Geschäft mit den Backwaren läuft gut. 1,4 Millionen Euro Umsatz mache das Ehepaar im Jahr, sagt Manfred Verweyen. Der Gewinn liege im sechsstelligen Bereich. Eine genaue Zahl möchte er zwar nicht nennen, präzisiert aber: „Wir sprechen von deutlich über 100.000, aber unter 300.000 Euro.“ Und nun wirbt das Ehepaar unter anderem auf Instagram für sein neues nachhaltiges Geschäftsmodell. Das komme bei den Kunden gut an, sagt Verweyen.

 Land Ideen Logo neu

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Foto: Land Ideen Logo neu

 Er erinnert sich noch genau an den Tag, an dem Schulze-Schwering auf zehn Hektar den ersten Weizen aussähte. Es war Frühjahr, der 8. März. „Backweizen braucht nämlich etwas Vorlaufzeit“, sagt der Bäckermeister. Im Juli konnte dann endlich geerntet werden: 120 Tonnen, die erst in Ahaus zwischengelagert und dann zur Mühle nach Recklingshausen transportiert wurden. Davon können Verweyen und seine Mitarbeiter ein ganzes Jahr lang Brot backen, unter anderem das Quantwicker Mühlenbrot. Und ab 2023 will der Bäckermeister auch Dinkel anbauen lassen. Für die Liebhaber von „gesünderen Varianten“.

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