Polizeieinsatz im Hambacher Forst Suche nach unterirdischen Gängen verzögert Räumung der Baumhaus-Siedlung

Kerpen · Von Dorothea Hülsmeier, dpa - Die Braunkohlegegner im Hambacher Forst lassen sich viel einfallen, um die Räumung durch die Polizei zu erschweren. Sie verschanzen sich - auch unter der Erde.

Hambacher Forst: So leben die Aktivisten in ihren Baumhäusern
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So leben die Aktivisten in ihren Baumhäusern im Hambacher Forst

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Foto: dpa/Jana Bauch

Die Suche nach unterirdischen Gängen und dort möglicherweise verschanzten Braunkohlegegnern hat die Räumung der Baumhäuser im Hambacher Forst erschwert. Mit Teleskopkameras suchte die Feuerwehr am Samstag in der Baumhaus-Siedlung „Oaktown“ unter der Erde nach dort versteckten Aktivisten. Experten der Grubenwehr einstiger Zechen unterstützten die Einsatzkräfte. Seit Beginn der Räumung am Donnerstag wurden bis Samstagnachmittag nach Angaben der Polizei zehn von rund 50 Baumhäusern geräumt und beseitigt. Die Behörden begründen die Räumung unter anderem mit fehlendem Brandschutz und fehlenden Baugenehmigungen. Die Polizei beendete nach mehreren Stunden auch die Blockade von Baggern und einem Förderband im Braunkohlekraftwerk Niederaußem in der Nähe des Hambacher Forstes.

Der Energiekonzern RWE will im Herbst weite Teile des Waldes abholzen, um weiter Braunkohle abbauen zu können. Der Hambacher Forst gilt als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung. In dem westlich von Köln in Nordrhein-Westfalen gelegenen Wald stehen Jahrhunderte alte Buchen und Eichen.

Rund 500 Menschen folgten am Samstag einem Demonstrationsaufruf der Aktion Unterholz und wollten mit Sitzblockaden gegen die Rodung protestieren. Am Sonntag wollten die Umweltschützer hunderte junge Bäume anpflanzen.

Die Einsatzkräfte wollten bis zum Einbruch der Dunkelheit weiter räumen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag auf Anfrage. Der Wald werde auch in der Nacht so weit wie möglich gesichert und beleuchtet. „Wir werden mit allen Mitteln verhindern, dass neue Bauten errichtet werden.“ Die Räumung werde auch am Sonntag „ohne Pause“ weitergehen.

Nach Angaben der Aktivisten der Organisation „Hambi bleibt“ hatten sich zwei Personen in einem Gang unter einem Baumhaus in „Oaktown“ verschanzt. Solange unklar sei, ob dort Aktivisten versteckt seien, könne auch kein schweres Räumgerät eingesetzt werden, sagte der Sprecher der für die Räumung zuständigen Stadt Kerpen, Erhard Nimtz. Die Experten hätten die „Stollen“ geprüft und für einsturzgefährdet erklärt, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Seit dem Morgen wurde laut Polizei auch die Räumung einer weiteren Siedlung mit dem Namen „Gallien“ vorbereitet. Mitarbeiter des Bauordnungsamtes hätten die Aktivisten mit Lautsprechern aufgefordert, die Baumhäuser binnen 30 Minuten zu verlassen. Unklar war, ob es auch im Bereich „Gallien“ unterirdische Gänge gibt.

Die Räumung des Forstes belastet auch die Arbeit der sogenannten Kohlekommission in Berlin, obwohl sie offiziell kein Mandat für den Wald hat. Die Kommission, die den Ausstieg aus der Kohleverstromung beschließen soll, komme mit konkreten Ausstiegsvorschlägen gerade in Fahrt, teilte die Umweltorganisation Germanwatch mit. NRW und RWE dürften die Arbeit des Gremiums „nicht weiter gefährden, indem sie versuchen, im Hambacher Wald Fakten zu schaffen“.

Nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“ könnte sich in der Kommission ein Kompromiss beim Ausstieg aus der Kohleverstromung abzeichnen. Demnach könnten die letzten Kohlekraftwerke zwischen 2035 und 2038 geschlossen werden. Umweltorganisationen fordern einen Aufschub der Rodung im Hambacher Forst bis zu einer Entscheidung der Kommission.

(dpa/heif)
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