Kriminalitätsstatistik Polizeichef: Düsseldorf ist sicher

Düsseldorf · Herbert Schenkelberg hält nicht viel von statistischen Vergleichen, nach denen die NRW-Hauptstadt die viertgefährlichste deutsche Großstadt sein soll. Zu viele Faktoren blieben dabei unberücksichtigt. Für die Statistik gibt es keinen Unterschied zwischen Schwarzfahren und Mord.

 Tatgelegenheit Demonstration (jährlich circa 200 in Düsseldorf): Delikte wie das Zeigen von verbotenen Plakaten, Beleidigung, Widerstand, Körperverletzung kommen hier besonders oft vor.

Tatgelegenheit Demonstration (jährlich circa 200 in Düsseldorf): Delikte wie das Zeigen von verbotenen Plakaten, Beleidigung, Widerstand, Körperverletzung kommen hier besonders oft vor.

Foto: Andreas Bretz

In der bundesweiten Kriminalitätsstatistik sind für Düsseldorf 80 784 Straftaten im Jahr 2010 registriert, die nach einem Verteilungsschlüssel auf 100.000 Einwohner die viert-höchste Kriminalitätszahl unter den deutschen Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern ergeben.

Dabei, so Polizeipräsident Herbert Schenkelberg, sagen absolute Zahlen nichts über die tatsächliche Kriminalität aus. "Wir erfassen doch nur, was uns bekannt wird." Etwa durch Anzeigen. Und das ist regional unterschiedlich. So melden nicht alle Verkehrsbetriebe Schwarzfahrer der Polizei, erstattet nicht jedes Kaufhaus Strafanzeige gegen Ladendiebe.

Faktor Strafanzeigen

Das Anzeigenaufkommen hat sich dennoch allgemein erhöht. So steht es in Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes, dass mehr Körperverletzungsdelikte durch häusliche Gewalt angezeigt werden. "Auch unsere Zusammenarbeit mit den Schulen hat für Veränderungen gesorgt", sagt Schenkelberg. Während bis vor einigen Jahren Gewalt oder Raub auf Schulhöfen eher als internes Delikt behandelt wurden, seien Schulen heute eher bereit, Anzeigen zu erstatten, um so den Kampf gegen Jugendkriminalität zu unterstützen.

Faktor Internet

Aktuell ermittelt die Kripo Düsseldorf in einem Betrugsfall mit etlichen Opfern, weil der Täter seine — frei erfundene — Adresse in Düsseldorf angesiedelt hatte. Auch Anlagebetrüger locken ihre Opfer oft mit schicken Kö-Adressen im Briefkopf. Da können mit einem Fall leicht über tausend Anzeigen zusammenkommen. "Jede ist ein Strich in der Statistik", sagt Schenkelberg. Aber beim Spaziergang durch Düsseldorf eben nicht gefährlich.

Faktor Polizeipräsenz

Gerade die Altstadt zeige, so der Polizeipräsident: "Wenn wir viele sind, sehen wir auch viel." Eine Schlägerei zwischen zwei Betrunkenen würde vermutlich ohne Strafanzeigen enden. Sind Polizisten am Ort, müssen sie eingreifen. Sogar die Videoüberwachung am Bolker Stern verschlechtert Jahr für Jahr die Düsseldorfer Zahlen, weil "wir dadurch Straftaten erkennen, die wir ohne Kamera gar nicht gesehen hätten", so Schenkelberg.

Faktor Sicherheit

Immer mehr Einbruchsversuche scheitern an den verstärkten Sicherheitseinrichtungen. Eigentlich ist es also ein gutes Zeichen, dass die Zahl der gescheiterten Einbruchsversuche steigt. Nur für die Statistik macht das keinen Unterschied. Der Versuch wird wie ein vollendeter Einbruch gezählt.

Faktor Kontrollen

"Würden wir die Arbeit der Drogenfahndung einstellen, hätten wir im nächsten Jahr die niedrigsten Fallzahlen aller Zeiten", sagt der Polizeipräsident. Denn weil der Junkie, der beim Dealer Drogen kauft, das nicht anschließend anzeigt, wird so ein Händler nur durch Polizeiarbeit entlarvt. Je höher die gezählte Drogenkriminalität, desto mehr hat die Polizei in dem Bereich getan. Auch die Zahl der Schwarzfahrer steigt nicht, weil die sich selbst anzeigen. Sondern, weil die Rheinbahn ihre Kontrollen verstärkt hat — allein voriges Jahr rund 5000 Striche für die Statistik.

Faktor Tatgelegenheit

Dass Düsseldorf nicht nur aus seinen hier gemeldeten Bürgern besteht, wird in der Statistik ebenfalls nicht berücksichtigt. Täglich sind um die 300 000 Pendler in der Stadt, dazu Touristen und Messegäste. Berechnet wird die Kriminalitätszahl aber nur auf Basis der 586 217 Einwohner.

Die Messe, zahlreiche Großveranstaltungen, und der Flughafen auf Stadtgebiet sind laut Schenkelberg auch zusätzliche Tatgelegenheiten, die es nicht in jeder anderen Stadt gibt. Passvergehen am Flughafen etwa zähle die Polizei im — statistisch gesehen sehr sicheren — Stuttgart nicht mit: Der Flughafen liegt außerhalb des Stadtgebiets.

(RP)
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