Nach Unfall auf A57 bei Köln Polizei will Gaffer härter bestrafen

Düsseldorf · Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert, dass Gaffen ein eigener Straftatbestand wird. CDU und FDP wollen, dass die Schaulustigen konsequenter verfolgt werden. Auf der A57 sorgten Fahrer für einen Stau, weil sie einen Unfall filmten.

A57: Schwerer Unfall bei Köln-Bickendorf
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Der Polizist steht mitten auf der Autobahn 57 und notiert die Kennzeichen der Autos auf der Gegenfahrbahn, die mit Schritttempo an ihm vorbeirollen, obwohl ihre Fahrbahn nicht blockiert ist. In den Fahrzeugen sitzen Gaffer, die mit ihren Handys einen Unfall filmen und fotografieren. "Das ist gefährlich und behindert den Verkehr", sagt ein Verkehrspolizist. "Die werden noch von uns hören."

Bei dem schweren Unfall waren vorgestern auf der A 57 zwischen Longerich und Bickendorf mehrere Autos ineinandergefahren. Eine Frau erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen. Die Autobahn war in Fahrtrichtung Neuss stundenlang gesperrt. In der Gegenrichtung bildete sich ebenfalls ein langer Stau - wegen der Gaffer.

Immer wieder entstehen durch Schaulustige gefährliche Situationen im Straßenverkehr - entweder weil sie Rettungskräfte bei der Arbeit behindern oder durch ihr Verhalten gefährlich in den Verkehr eingreifen. Mit ihrer Sensationsgier behinderten sie nicht nur den Verkehr und die Polizeiarbeit, sie riskierten durch das plötzliche Bremsen Menschenleben, so Erich Rettinghaus, NRW-Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Er fordert deshalb, dass Gaffen bei Unfällen zu einem eigenen Straftatbestand wird. "So etwas muss einfach härter und konsequenter geahndet werden, als es bisher der Fall ist", sagte Rettinghaus unserer Zeitung.

Auch FDP-Rechtsexperte Marc Lürbke verurteilte die Vorfälle auf der A 57 vehement. "Ich habe null Toleranz und Verständnis dafür, dass Gaffer am Unfallort Opfer und Retter filmen oder fotografieren", sagte er. Es könne nicht sein, dass Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindert werden und ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Retten von Menschenleben, nicht mehr nachkommen könnten, so Lürbke weiter. Allerdings bewertet er die Einführung eines Strafbestandes als nicht zweckmäßig. "Unsere vorhandenen Vorschriften reichen aus", meinte er.

 Eine Polizistin schreibt sich die Nummernschilder von Gaffern nach einem Unfall auf der A3 auf.

Eine Polizistin schreibt sich die Nummernschilder von Gaffern nach einem Unfall auf der A3 auf.

Foto: Uwe Miserius

Bislang wird Gaffen als Ordnungswidrigkeit bestraft - je nach Schwere mit Bußgeldern zwischen 20 und 1000 Euro. Aber nur in den seltensten Fällen werden die Schaulustigen auch wirklich bestraft. Das Problem seien die Vollzugsdefizite, die dringend beseitigt werden müssten, so Lürbke. Nur so könnten Opfer und Rettungskräfte geschützt werden. "Polizisten, die auch an Einsatzorten zugegen sind, müssen trotz anderer Aufgaben wie der Absicherung ihr Augenmerk mehr auf die Verfolgung dieser Störer richten." Auch der CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach spricht sich für konsequentes strafrechtliches Vorgehen gegen die Schaulustigen aus. "Die Gaffer müssen bestraft werden. Es kann nicht sein, dass die meisten von ihnen immer wieder davonkommen", betonte er. Das wachsende "Gaffer-Phänomen" führt Biesenbach unter anderem auch auf eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft zurück.

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Foto: dpa/Nord-West-Media TV

Der Autoclub Europa (ACE) beobachtet diese Entwicklung bereits seit vielen Jahren. Unfälle auf der Gegenfahrbahn, aber auch liegengebliebene Fahrzeuge auf dem eigenen Seitenstreifen seien Sensationen, für die mancher auf die Bremse trete, so ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner. "Ein Gaffer, der länger hinschaut, kann dafür sorgen, dass eine eben noch freie Bahn plötzlich blockiert ist und die Gefahr von Auffahrunfällen rapide steigt", sagte Hillgärtner. Diese Delikte müssten geächtet werden. "Ein neues Gaffer-Gesetz sollte aber nur dann kommen, wenn man die bisherigen Strafen ausgeschöpft hat und meint, dass diese nicht mehr ausreichen", betonte der Verkehrsexperte.

Die Schaulustigen, die auf der A 57 den Unfall gefilmt und fotografiert haben, werden in den nächsten Tagen Post von der Polizei bekommen - ihnen drohen hohe Geldstrafen. Die Polizei kündigte zudem an, in Zukunft noch härter gegen die Gaffer vorgehen zu wollen.

(RP)
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