Skandal um rechtsextreme Chats Beschuldigter Polizist soll Hooligan mit „Bandidos“-Kontakten sein

Essen · Der Skandal um rechtsextreme WhatsApp-Chats in Nordrhein-Westfalen weitet sich aus: Ein beschuldigter Beamter soll ein Hooligan sein, ein anderer Polizist soll Schläge gegen einen gefesselten Mann gedeckt haben.

Das Polizeipräsidium in Mülheim.

Das Polizeipräsidium in Mülheim.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Im Fall mutmaßlich rechtsextremer WhatsApp-Chats bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen soll einer der beschuldigten Beamten Mitglied der Essener Hooligan-Gruppierung „Alte Garde“ sein und private Kontakte zu den „Bandidos“ gepflegt haben. Das habe sich aus der Auswertung seines Handys ergeben, heißt es in einem auf Montag (26. Oktober) datierten Bericht der nordrhein-westfälischen Landesregierung an den Innenausschusses des Landtags in Düsseldorf.

So habe man in dem Mobiltelefon Fotos gefunden, die den Polizeibeamten „im privaten Umfeld gemeinsam mit Mitgliedern der Rockergruppierung ‚Bandidos’ zeigen“. Im Adressbuch seines Telefons hätten sich auch Kontaktdaten der Rocker gefunden.

Bei Razzien Mitte September seien bei den betroffenen Polizisten insgesamt 205 IT-Asservate sichergestellt worden, die ein Gesamtdatenvolumen von riesigen 18,5 Terabyte haben. In der zuständigen Sondereinheit „Janus“ seien derzeit rund 100 Polizeibeamte mit der Auswertung des Datenmaterials betraut, so das Innenministerium. Inzwischen stehe auch fest, dass in den Chatgruppen mit den Namen „Alphateam“, „Anton“, „A-Team“ und „Best of A-Team“ ausschließlich Polizeibeamte beteiligt gewesen seien.

Acht andere Beamte, die im Zuge der Chat-Affäre suspendiert worden waren, dürfen ab sofort wieder arbeiten. Die acht gehören zu den „minderschweren Fällen“ von insgesamt 31 mutmaßlich an den Chats beteiligten Beamten. Eine weitere Polizistin hatte ihre Suspendierung bereits vergangene Woche durch einen Beschluss des Verwaltungsgerichts gekippt. Nach Auswertung des Gerichtsbeschlusses sei man nun zu dem Ergebnis gekommen, dass in den acht „gleichgelagerten Fällen“ die Suspendierung aufzuheben sei, so das zuständige Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP).

Bei den Fällen rechtsextremer WhatsApp-Chats und den mutmaßlichen Schlägen eines Polizisten gegen einen gefesselten Verdächtigen gibt es eine bisher unbekannte Querverbindung bei der Polizei in Mülheim/Ruhr: Ein Vorgesetzter, der die angeblichen Schläge gedeckt haben soll und gegen den wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt wird, ist bereits suspendiert - weil er auch an den umstrittenen Chats beteiligt gewesen sein soll. Das bestätigte ein Sprecher des zuständigen LAFP der Deutschen Presse-Agentur.

Die Polizei Essen hatte zwei leitende Beamte angezeigt, die der Strafvereitelung verdächtig sind. Einer ist laut LAFP noch im Urlaub. Nach seiner Rückkehr müsse man entscheiden, wie man weiter vorgeht. Der andere Dienstgruppenleiter war bereits suspendiert, als er Anfang Oktober vom Präsidium angezeigt wurde - wegen des Falls der WhatsApp-Chats. Er gehört nach Angaben des LAFP nicht zu den acht Beamten, die auf eine Aufhebung ihrer Suspendierung hoffen können - aber auch nicht zu den 15 Beamten, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt.

In der umstrittenen Chatgruppe „Alphateam“ war auch der Polizist unterwegs, der Anfang 2019 einen Mann bei dessen Festnahme in Mülheim an der Ruhr geschlagen haben soll, als der bereits gefesselt war. Eine Kollegin meldete den Vorfall als Augenzeugin damals ihrem Vorgesetzten, der versprach, auch den Dienstgruppenleiter des Kollegen zu informieren. Letztlich taten beide Vorgesetzte aber nichts. Im Gegenteil: Das Opfer der Schläge kam sogar vor Gericht - weil der Mann den Polizisten zu Unrecht angeschwärzt habe. Von dem Vorwurf wurde das Opfer freigesprochen - da nun heraus kam, dass wohl doch alles so war.

(mba/dpa)
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