„Point Whitmark“ Die drei Fragezeichen aus NRW

Fröndenberg · Seit 18 Jahren Teenager – in der Hörspielserie „Point Whitmark“ gehen drei Schüler mysteriösen Vorkommnissen in ihrer Heimatstadt nach. Ihr Schöpfer wohnt im Ruhrgebiet und legt nach langer Pause neue Folgen vor.

 Folge 33 der Hörspielreihe „Point Whitmark“ trägt den Titel „Das Schloss des Blutmalers“.

Folge 33 der Hörspielreihe „Point Whitmark“ trägt den Titel „Das Schloss des Blutmalers“.

Foto: Decision Products

Da sind diese drei Jungs, Schüler noch, die in einer fiktiven Kleinstadt an der US-amerikanischen Küste wohnen. In ihrer Freizeit ermitteln sie als Protagonisten einer deutschen Jugendhörspielserie am liebsten rätselhaften Vorfällen hinterher, die am Ende stets eine natürliche Ursache haben. Obwohl sie das schon sehr lange machen, werden sie keinen Tag älter. Doch die Hobby-Detektive heißen nicht Justus, Peter und Bob, auch bekannt als „Die drei Fragezeichen“, sondern Jay, Tom und Derek. Sie wohnen nicht an der Westküste in Rocky Beach, Kalifornien, sondern an der Ostküste in Point Whitmark, New Hampshire. „Point Whitmark“, so heißt auch der Radiosender, den sie in einem alten Leuchtturm betreiben, und so heißt auch die Hörspielserie, von der nach vier Jahren Pause wieder neue Folgen erscheinen.

Dass man gleich an die „Drei Fragezeichen“ denkt, ist kein Zufall, wird der Serie allerdings auch nicht ganz gerecht. Volker Sassenberg, 51, Schöpfer, Produzent und Regisseur von „Point Whitmark“, lernte die „Drei Fragezeichen“ in der Bibliothek seiner Grundschule in Unna kennen. Er verschlang die Bücher, wie es sich gehört, mit der Taschenlampe unter der Bettdecke. Auch die Hörspiele, die erst später erschienen, begeisterten ihn – bis er älter wurde und das Interesse verlor. Erst viele Jahre später sollten Hörspiele wieder ein wichtiger Teil seines Lebens werden.

Zunächst wurde Sassenberg Keyboarder in einer Band. Er war 18, da bekamen sie einen „sehr guten Plattenvertrag“, wie er sagt. In dieser Zeit verliebte er sich in die Arbeit im Tonstudio, und richtete sich selbst eins ein in einem Dorf bei Unna, Bausenhagen, fast schon Sauerland. Dort nahm er auch Sprecher auf. Es war nur eine Frage der Zeit, bis so einer wie Sassenberg auf die Idee kam, es mit Hörspielen für Jugendliche zu probieren.

Also dachte er nach. Bald wurde ihm klar, dass drei Protagonisten eine ideale Zahl waren, verschiedene Charaktere, aber nicht zu unübersichtlich. Auf der Suche nach einem Land, das nicht zu exotisch war, aber doch weit weg, landete er in den USA. Es hatte eben einen Grund, warum der Erfinder der „Drei Fragezeichen“ Jahrzehnte vorher ein ähnliches Rezept gewählt hatte. Sassenberg wollte sich vor den berühmten Vorbildern verbeugen, sie aber nicht kopieren. Und so klingt „Point Whitmark“ seit der ersten Folge 2001 eben trotz der Ähnlichkeiten nicht wie die „Drei Fragezeichen“. Zum Auftakt berichten die Protagonisten für ihren Radiosender über eine lokale Tragödie, ein Schiff, das vor 30 Jahren im Meer versank und 22 Seeleute mit sich riss. Doch mit ihrem Beitrag scheinen sie die Toten wieder zu erwecken.

Jay, der kleine, forsche Rechercheur, Tom, der technikverbundene Rangersohn, und Derek, der verfressene Punkbassist, haben ihren ersten Fall. Es folgen weitere mit Titeln wie „Im Bann der Totenmelodie“, „Die Kammer des schweigenden Ritters“ und „Der glühende Mönch“.

Filmischer sollten die Hörspiele klingen, das war Sassenbergs Ziel. So sind die Folgen keine Lagerfeuer, um das man sich gemütlich versammelt, sondern sehr aufwändig produzierte Abenteuer, die zwar keine Nostalgie erzeugen wie die „Drei Fragezeichen“, aber mit mehr Tempo und Humor erzählt werden. Kürzlich ist Folge 42 erschienen, „Der Ruf des Wellengängers“. Darin verarbeitet Sassenberg nicht nur den Ärger, den er einst mit dem Musiklabel Universal Records hatte – im Hörspiel heißt das „Galactic Sounds“ – sondern auch die Zeit, als ein Mitarbeiter sein Unternehmen verließ und das Geräuschearchiv gleich mitnahm, sprich: stahl.

In einer Fangruppe spekulieren die eifrigsten Hörer von „Point Whitmark“, ob die Serie nun auf Dauer fortgesetzt wird. Denen sagt Sassenberg: Ja, wird sie. Er hatte in den vergangenen Jahren anderes zu tun, unter anderem entwickelte er eine Software, die den Sprachstand von Kindern ermittelt.

Mit seinem Team lässt er sich viel Zeit für eine Folge, ein halbes Jahr kann es schon dauern. Sie betreiben viel Aufwand, wenn es sein muss, kommt auch ein Orchester ins Studio. Die Geräusche erzeugen sie selbst. Die Stimmen der Protagonisten sind prominent, darunter die Synchronstimmen von Leonardo DiCaprio und Zach Braff, die noch immer jugendlich klingen, auch wenn sie – noch eine Parallele zu den berühmten Vorbildern – schon längst erwachsen sind. Ebenso wie die meisten Hörer, die Sassenberg im Schnitt auf Mitte 30 bis 50 Mitte schätzt. „Die Kinder sind uns etwas flöten gegangen.“

Mittlerweile sind die Hörspiele über Streaming-Dienste verfügbar. Sassenberg sagt, dort liegen sie, was die Abrufe betrifft, gleichauf mit… nein, nicht den „Drei Fragezeichen“, aber immerhin mit anderen berühmten Ermittlern fernab der Volljährigkeit: den „Fünf Freunden“.

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