Wegen Personalmangels Pensionierte Ermittler sollen „Cold Cases“ in NRW neu aufrollen

Düsseldorf · Die Polizei in NRW kommt bei den ungeklärten Todesfällen nicht hinterher. Um Abhilfe zu schaffen, sollen 28 Mord-Ermittler aus dem Ruhestand geholt werden. Schon dieses Jahr werden sie die ersten „Cold Cases“ analysieren.

 NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) redet bei der Pressekonferenz zum Einsatz pensionierter Ermittler bei lange Zeit ungeklärten Todesfällen.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) redet bei der Pressekonferenz zum Einsatz pensionierter Ermittler bei lange Zeit ungeklärten Todesfällen.

Foto: dpa/David Young

28 ehemalige Mord-Ermittler will das NRW-Innenministerium wieder ins Berufsleben holen. Sie sollen dazu beitragen, ungeklärte Tötungsdelikte aufzuklären, sogenannte Cold Cases. Teilweise liegen die Fälle 50 Jahre zurück. „Mit dem bisherigen Tempo werden wir den Angehörigen und unseren Ansprüchen nicht gerecht. Ihre Strafe kriegen die Täter zu spät oder oft gar nicht.“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Das neue alte Personal soll bereits dieses Jahr seine Arbeit aufnehmen.

2017 hat das Landeskriminalamt (LKA) mit dem Aufbau einer Cold-Case-Datenbank begonnen. Insgesamt wollen die Ermittler darin 1160 ungeklärte Fälle digital erfassen und analysieren. Rund 500 von ihnen sind aus den Jahren 1970 bis 1989, 650 weitere ab 1990 bis 2015 und einige aus den vergangenen sechs Jahren. Das bisherige Tempo bei der Prüfung dieser Fälle war offenbar ein Grund für den neuen Vorstoß. Bislang hat das LKA erst 261 Fälle in die Datenbank aufgenommen und 23 neu aufgerollt. „Das ist besser als nichts. Aber in der Geschwindigkeit werden wir nie fertig“, sagte Reul.

Von den pensionierten Ermittlern verspricht sich das LKA ziemlich viel. Sie sollen zum einen die vorhandenen Akten digitalisieren. Gerade bei älteren Fällen sei das ein enormer Aufwand. Die Alt-Ermittler könnten auch neue Ansätze erkennen, die etwa erst durch die modernen Verfahren der heutigen Polizeiarbeit möglich werden, sagte Andreas Müller. Er leitet die operative Fallanalyse beim LKA und hat den Aufbau des neuen Teams angestoßen. „Neue Methoden können uns zum Beispiel zeigen, aus welchem Organ ein Blutstropfen stammt“, sagte Müller. Die Ermittler könnten auch überprüfen, ob die Tat vollständig rekonstruiert, das Motiv ausreichend geklärt sei. „Die ehemaligen Kollegen haben ein unschätzbares Erfahrungswissen.“

Rekrutieren will die Polizei die pensionierten Ermittler in Zusammenarbeit mit den 16 Kriminalhauptstellen in NRW. „Vor Ort weiß man, wer die Besten sind“, sagte Müller. Die 28 Stellen will die Polizei nämlich nach einer besonderen Auslese besetzen. „Wir suchen die Ermittler, die Lust haben, jeden Stein nochmal und nochmal umzudrehen, um die Täter zu kriegen“, sagte Reul. Fünf Beamte hat das LKA schon für das Programm gefunden. Sie seien auf den Job „heiß wie Frittenfett“, sagte Müller.

Die Pensionäre sollen aber selbst gar nicht ermitteln. Falls sie bei einem „Cold Case“ einen Ermittlungsansatz finden, übergeben sie diesen an die zuständige Polizeibehörde. „Wenn die Ermittlung anfängt, ist die Arbeit für die Kollegen beendet und sie widmen sich dem nächsten Fall“, sagte Müller. Laut Reul könne das Programm auch für den Nebeneffekt sorgen, dass junge Kollegen von dem Wissen der Älteren profitieren. „Ich glaube, dieser Effekt wird riesig“, meinte der Innenminister.

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