Rechtsstreite um Windräder Nachbarn klagen, Naturschützer klagen, Windradbetreiber klagen

Münster · Wenig braucht Deutschland so dringend wie Energie, die nicht aus Russland kommt. Aber bevor Windräder gebaut werden können, wird vor dem NRW-Oberverwaltungsgericht in Münster erst einmal ausgiebig um Hunderte Anlagen gestritten. Eindrücke aus dem Sitzungssaal I, in dem auch über die Energiewende verhandelt wird.

Die Windkraftanlagen am Oermter Berg.

Die Windkraftanlagen am Oermter Berg.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Früher Nachmittag, die Sonne blinzelt durch die Lamellen in Saal I, der Physiklehrer Dirk H. beginnt den Unterricht. Auf den Tisch vor sich stellt er zwei Stimmgabeln, kleine, metallische Us, die auf Holzblöcken befestigt sind. Er werde jetzt, sagt H. seinen Zuhörern, das Prinzip des Schalls erläutern. Bereit? Mit einem Schlägel klopft er gegen die erste Stimmgabel, es brummt. Er klopft gegen die erste und die zweite Stimmgabel, es brummt lauter. Hören Sie das, fragt H.? Die Akustik im Raum sei ja leider schlecht.

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Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Der Mann, der direkt vor dem Physiklehrer sitzt, hat sein Kinn mit einer Hand abgestützt, er sucht nach den richtigen Worten. Dann sagt er: „Wir wollen hier keinen Physikunterricht erleben. Ich bin nicht Ihr Schüler.“ Der Mann heißt Jens Saurenhaus, ist Vorsitzender Richter des siebten Senats des Oberverwaltungsgerichts Münster und verhandelt an diesem Nachmittag in Sitzungssaal I das Verfahren mit dem Aktenzeichen 7 D 38/21.AK. Die Klage, mit der Dirk H. den Bau von fünf Windrädern in Vlatten in der Eifel verhindern möchte.

Vlatten, Stadt Heimbach, Kreis Düren, ist ein Dorf von knapp 900 Einwohnern, in das Dirk H. vor 15 Jahren mit seiner Frau Uta gezogen ist. Sie leben in einem Haus am äußeren Rand eines Wohngebiets, dort, wo die Luft gut ist und die Kinder auf der Straße spielen können, weil nur selten ein Auto kommt. In der Nähe ihres Grundstücks stehen acht Windräder. Bei Google ist der Windpark mit 3,8 Sternen bewertet. Dirk H. würde vielleicht fünf Sterne geben, wenn dann die neuen Windräder nicht kämen.