Wermelskirchen Ohne Fördergeld schließt Kita

Wermelskirchen · Politikerbesuch am Donnerstag in der evangelischen Kindertagesstätte Tente. Für den notwendigen U3-Umbau fehlt der Förderbescheid. Springt die Stadt ein, ist dies förderschädlich. Die Zeit drängt. CDU-Politiker versuchen zu helfen.

 Krisengespräch im ev. Kindergarten Tente über die U3-Situation (v.l.): Beigeordneter Jürgen Graef, Pfarrer Heiko Poersch, Kindergartenleiterin Jacqueline Picard und Frank Stobbe (Kindergartenausschuss) informierten Wolfgang Bosbach MdB und Rainer Deppe MdL.

Krisengespräch im ev. Kindergarten Tente über die U3-Situation (v.l.): Beigeordneter Jürgen Graef, Pfarrer Heiko Poersch, Kindergartenleiterin Jacqueline Picard und Frank Stobbe (Kindergartenausschuss) informierten Wolfgang Bosbach MdB und Rainer Deppe MdL.

Foto: Hans Dörner

Eigentlich wollte der ev. Kindergarten Tente schon zu Beginn der Sommerferien ins Gemeindehaus umziehen. Der Termin stand, das Unternehmen war bestellt. Denn: Zwei Drittel des Gebäudes sollen abgerissen werden. Ein Neubau soll entstehen, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

Doch dann ordnete zwei Tage vor dem Start Frank Stobbe, Vorsitzender des kirchlichen Kindergartenausschusses, den sofortigen Stopp an. Obwohl die Stadt in Vorleistung der Fördermittel gehen würde, wäre der erforderliche Baubeginn förderschädlich. Denn es gibt keinen Beweilligungsbescheid. Wolfgang Bosbach MdB wird mit der Bundesfamilienminsterin sprechen, Rainer Deppe MdL einen Brief an den NRW-Minister schreiben.

Die Kita in Tente, so stellte sich gestern beim Politiker-Besuch im Rahmen der 24-Stunden-Tour von Rainer Deppe MdL heraus, ist aus Sicht des Landesjugendamtes nur noch "geduldet", weil sie nicht mehr den neuen Anforderungen des Kinderbildungsgesetzes entspricht.

Die Kita macht zwar auf den ersten Blick einen "sehr gepflegten, netten Eindruck" (Deppe), aber das Gespräch mit der Leiterin Jacqueline Picard zeigt, wie schwierig die Situation ist: Nebenräume gibt es nicht, altersgerechte Angebote sind nicht möglich, die U3-Kinder sind in der großen Gruppe schnell überfordert. Picard: "Ein Buch vorzulesen ist unmöglich." Der Mittagsschlaf für die Kleinstenerfolgt nur im Schichtbetrieb, nebenan startet dann schon mal die Sprachförderung der Kinder im Büro der Leiterin. Die Wickelablage ist ein Provisorium, und der Aufenthaltsraum der Mitarbeiterinnen ist die Küche.

Eltern und Mitarbeiter nervös

Stadt und Kirchengemeinde ziehen an einem Strang. Das spürten die Politiker. "Wir haben im Jugendamt einen kompetenten und ehrlichen Partner", so Stobbe. Doch ohne Bewilligung des Förderbescheids oder einer Genehmigung zum "vorzeitigen Maßnahmenbeginn" (wäre nicht förderschädlich) beginnt die Hängepartie. Die macht die Eltern nervös, aber auch die Mitarbeiter.

Denn wenn kein Fördergeld fließt, wird die Kirche die Einrichtung schließen (müssen), ließ Stobbe durchblicken. Denn mehr Geld könne die Kirche nicht aufbringen. Und die Zeit läuft davon. Bis zum Sommer 2013 könne man sicher nicht mehr die geforderten Plätze schaffen. Er befürchtet jetzt, dass Eltern, die das bürokratische Gezerre nicht einordnen können, der Kirche die Schuld geben (könnten).

Während man im Baubereich den vorzeitigen, förderunschädlichen Baubeginn kennt, ist das anscheinend bei den Bürokraten im Familienministerium absolutes Neuland. "Wir sind in den Behördenmühlen gefangen", meinte denn auch Stobbe. Denn während die von der Landesregierung eigens eingerichtete "Task Force" eigentlich bürokratische Hemmnisse abbauen soll, blockiert das Landesjugendamt. "Wir haben alle Pläne abgestimmt und wurden gelobt. Die Papiere liegen seit einem Jahr in Düsseldorf. Seither ruht alles", berichtete Stobbe enttäuscht. Er hatte schon vor vier Jahren angefragt beim Landesjugendamt, ob einzelne Förderanträge schon möglich seien. "Die haben mir empfohlen, einen gemeinsamen Förderantrag zu stellen. Das haben wir gemacht", erzählte Stobbe gestern. "Andere Träger, die sich nicht drauf verlassen haben und gleich die Anträge stellten, haben das Geld schon."

Stadt müsste einspringen

Doch in Wermelskirchen steht Geld im Haushalt bereit. Jürgen Graef ist optimistisch, dass das Land mittelfristig den Förderbetrag bezahlt, so dass Wermelskirchen den (kreditfinanzierten) Betrag zurückbekäme.

Und wenn die Gemeinde als Träger nicht dem gesetzlichen Auftrag, 24 weitere U3-Plätze zu schaffen, nachkommen kann? Den Rechtsanspruch können Eltern einklagen — nicht bei der Kirchengemeinde, sondern der Stadt. Die muss dann U3-Plätze schaffen.

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(RP/rl)
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