Oberhausen Türkischer Ministerpräsident schwört Anhänger auf Volksabstimmung ein

Oberhausen · Binali Yildirim warb in Oberhausen um die Zustimmung der Deutsch-Türken für die Verfassungsänderung. Er feuerte sie immer wieder zu euphorischen "Ja"-Rufen an. Bis zu 750 Menschen demonstrierten gegen seinen Auftritt. Nach Angaben der Polizei gab es bislang keine Zwischenfälle.

Türkische Ministerpräsident Yilderim spricht in Oberhausen
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Türkische Ministerpräsident Yilderim spricht in Oberhausen

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Foto: rtr, WR/joh

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat in Oberhausen vor in Deutschland lebenden Landsleuten für die umstrittene Verfassungsreform in seiner Heimat werben — trotz massiver Kritik an seinem Auftritt. Nach Berichten des WDR lobte er in seiner Rede unentwegt die "Erfolge" der Regierungspartei AKP und schwor die Anhänger auf die Volksabstimmung ein. Seine Botschaft lautete schlicht: "Mit dem Präsidialsystem wird alles besser." Auch die rund 500.000 Deutsch-Türken aus NRW können im April ihre Stimme abgeben und entscheiden, ob sie dem bisherigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan mehr Macht geben wollen.

"Sie sagen, dass ein Ein-Mann-System kommt", sagte Yildirim über Kritiker der Reform. "Gibt es in Deutschland etwa zwei Kanzler? In einem Präsidialsystem gibt es natürlich nur einen Präsidenten. Auf einem Schiff kann es nicht zwei Kapitäne geben."

Yildirim forderte die in Deutschland lebenden Türken zu "sehr hohem Selbstbewusstsein" auf. "Ich möchte, dass ihr euren Pass der Republik Türkei und eure Identität mit Stolz tragt", sagte er. Zugleich rief er sie dazu auf, Deutsch zu lernen und von ihrem politischen Mitspracherecht Gebrauch zu machen.

Zu der Veranstaltung am Samstagmittag kamen nach Angaben der Polizei Oberhausen etwa 8000 Menschen. Das sind rund 2000 Teilnehmer weniger, als die Regierungspartei erwartet hatte. Die ersten Teilnehmer trafen am späten Vormittag in der Arena in Oberhausen ein.

In der Innenstadt von Oberhausen versammelten sich am Vormittag nach Polizeiangaben zwischen 500 bis 750 Gegendemonstranten. Die Partei "Die Linke" hatte zu einer Demonstration aufgerufen. Alles sei ruhig geblieben, teilte die Polizei auf Anfrage unserer Redaktion mit. Auch bei Yildirims Anreise sei alles reibungslos verlaufen. Nur vereinzelt sei es zu Provokationen zwischen Erdogan-Anhängern und Gegendemonstranten gekommen. Es wurde aber niemand verletzt und niemand in Gewahrsam genommen, teilte die Polizei mit. Strafanzeigen lägen auch keine vor. Die Polizei hat sechs Platzverweise ausgesprochen.

Bevor der türkische Ministerpräsident vor die jubelnde Anhängerschaft trat, sprach der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci. Er lobte nach Berichten des WDR die Wirtschaftsentwicklung seines Landes.

Die Oberhausener Polizei betonte, bei der Rede Yildirims handele sich um eine "nicht öffentliche, private Veranstaltung", auf die nicht Einfluss genommen werden könne. Vor Beginn der Veranstaltung hatte der Grünen-Politiker Volker Beck mit der Forderung auf sich aufmerksam gemacht, gegen Yildirim wegen Spionage zu ermitteln. Er äußerte den Verdacht, dass Yildirim der türkischen Religionsbehörde Diyanet den Auftrag erteilt haben könnte, Gülen-Anhänger in Deutschland bespitzeln zu lassen.

Problematisch war auch, dass ein "taz"-Journalist vom Sicherheitsdienst der türkischen Regierungspartei AKP trotz Akkreditierung nicht in den Saal gelassen worden ist, teilte die Redaktion am Samstag mit. Dies sei mit Sicherheitserwägungen und einer Absprache mit der Polizei begründet worden. Eine derartige Absprache habe die Polizei aber dementiert.

Sollte Präsident Recep Tayyip Erdogan das Referendum über eine Verfassungsreform am 16. April gewinnen, würde er deutlich mehr Macht bekommen. Abstimmen dürfen auch rund 1,41 Millionen Türken in Deutschland. Rund 500.000 von ihnen leben in NRW. Oberhausen ist zudem auch gut für die in Belgien und den Niederlanden lebenden Türken zu erreichen.

(heif)
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