Konflikte häufen sich NRW-Städte haben Probleme mit Obdachlosen aus Osteuropa

Düsseldorf/Köln · Großstädte haben zunehmend mit osteuropäischen Obdachlosen zu kämpfen. Einen Rechtsanspruch auf Hilfe haben diese Bedürftigen nicht. In Dortmund versucht man, sie zum Gehen zu überreden. In Köln hofft man auf Hilfe vom Bund.

 Ein Obdachloser schläft in einer Unterführung (Archivbild).

Ein Obdachloser schläft in einer Unterführung (Archivbild).

Foto: dpa, scg pat

Fast jeden Morgen bietet sich den Mitarbeitern des Kölner Ordnungsamtes bei ihrem Weckdienst das gleiche Bild: Rund um den Kölner Dom liegen Obdachlose, die dort ihre Nacht verbracht haben. Viele von ihnen sind Osteuropäer, sogenannte Armutsflüchtlinge aus Rumänien und Bulgarien. Ähnlich sieht es auch an vielen anderen Plätzen in der Kölner Innenstadt aus. "Diese Orte werden deshalb den ganzen Tag über von Streifen mehrfach kontrolliert", sagt eine Stadtsprecherin.

Nicht nur Köln, sondern auch andere NRW-Großstädte haben zum Teil Probleme mit einer zunehmenden Anzahl von osteuropäischen Obdachlosen. In Köln sind es schon so viele, dass einige Einrichtungen die Bedürftigen nicht mehr aufnehmen können. In Dortmund versucht man das möglichst zu vermeiden. "Aber nur im absoluten Notfall. Denn klar ist auch: Die Bedürftigen aus Osteuropa haben keinen Anspruch auf Hilfe", sagt eine Stadtsprecherin. "Wir versuchen, diejenigen ohne Bleibeperspektive dazu zu bewegen, wieder in in ihre Heimat zurückzukehren."

Selbst in Düsseldorf, wo man einen Zustrom wie in Köln nicht verzeichnet, werden Obdachlose aus Osteuropa derzeit an manchen Anlaufstellen zurückgewiesen. "Wir können bei uns derzeit keinen mehr gebrauchen, der Zeitungen verteilt. Wir sind voll", sagt Oliver Ongaro, Sozialarbeiter bei der Obdachlosenzeitung "FiftyFifty". "Deshalb müssen wir die Leute leider wegschicken", betont er.

Wie viele Menschen aus Rumänien und Bulgarien derzeit auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen leben, kann niemand mit Sicherheit sagen. Man geht aber von Tausenden aus. Nach Angaben des NRW-Ministeriums für Arbeit und Soziales gibt es landesweit insgesamt rund 25.000 Menschen, die wohnungslos gemeldet sind. Damit hat sich deren Zahl seit 2011 landesweit um fast 60 Prozent erhöht. NRW ist das einzige Bundesland, das überhaupt eine solche Statistik führt und dafür jährlich rund eine Million Euro ausgibt. Inwieweit die Bedürftigen aus Südosteuropa in die Erhebung eingeflossen sind, könne man beim Land nicht sagen. Knapp 40 Prozent der gemeldeten Wohnungslosen seien Frauen. "Sie versuchen allerdings mit allen Mitteln, nicht als Wohnungslose identifiziert zu werden", erklärt das Sozialministerium. "Sie bemühen sich, sich sehr lange alleine durchzuschlagen."

In den von Armutszuwanderungen besonders betroffenen Städten häufen sich Konflikte mit den osteuropäischen Obdachlosen. Viele von ihnen sind alkoholisiert und pöbeln häufig Passanten an, heißt es bei den Ordnungsbehörden. "Akute Beschwerden von Bürgern und Gewerbetreibenden werden von uns sofort verfolgt", sagt die Sprecherin der Stadt Köln. In Düsseldorf löste die Bundespolizei vor wenigen Tagen ein Obdachlosen-Camp auf, in dem auch Rumänen wohnten.

Der Düsseldorfer Sozialarbeiter Ongaro sagt, dass es für Menschen aus Rumänien sehr lukrativ sei in Deutschland, insbesondere in der Weihnachtszeit, in irgendeiner Form zu arbeiten. Das wäre ein Grund, wieso derzeit mancherorts viele von ihnen auf der Straße leben würden. "Sie können zum Beispiel bei uns als Zeitungsverkäufer rund 300 Euro im Monat verdienen. Das ist viel Geld für sie. In ihrer Heimat haben sie maximal 100 Euro pro Monat zur Verfügung", erklärt der Sozialarbeiter. Außerdem, so sagt er, kämen derzeit viele Bettler aus Osteuropa gezielt in die Städte. "Auch sie schlafen auf der Straße", stellt Ongaro fest. Ein weiterer Grund für die allgemein hohe Zahl an Obdachlosen seien auch die seit Jahren steigenden Mieten und der knapper werdende Wohnraum in Großstädten. Das bestätigt auch das Statistische Landesamt. In seinem aktuellen Sozialbericht heißt es als Erklärung, dass der Konkurrenzdruck auf dem Wohnungsmarkt nicht zuletzt auf die steigende Zahl anerkannter Asylbewerber zurückzuführen sei.

Auf Duisburg träfe das aber nicht zu, sagt ein Sprecher der Stadt. "Bei uns besteht kein Mangel an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen", sagt er. In Duisburg leben fast 20.000 Rumänen und Bulgaren. Der Stadt seien aber nur wenige Fälle wohnungsloser Osteuropäer bekannt, denen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten geholfen werden musste, so der Sprecher. "Vermutlich halten sich aber wohnungslose Osteuropäer in der Stadt auf."

In Köln hofft man auf Hilfe von Land und Bund, denn das Problem des Zuzugs von Südosteuropäern könne nicht auf kommunaler Ebene geklärt werden. "Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, die notwendigen Schritte zur zügigen Problemlösung anzugehen", sagt Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

(csh)
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