Reise in den Vatikan Obdachlose aus NRW zu Gast beim Papst

Rom · Papst Franziskus hat am Freitag Tausende Obdachlose aus Europa im Vatikan empfangen. Einige der Besucher umarmten den Papst, eine Reisende gab ihm einen Kuss. Schon seit Beginn seiner Amtszeit setzt sich Franziskus für die Armen ein.

 Der Papst zeigte keine Angst vor Nähe: Einige der Obdachlosen umarmten das Kirchenoberhaupt.

Der Papst zeigte keine Angst vor Nähe: Einige der Obdachlosen umarmten das Kirchenoberhaupt.

Foto: dpa, dtm ukit dak

Rainer Rümke aus Hamburg steht mit einem kleinen gefalteten Zettel vor der Audienzhalle neben dem Petersdom in Rom. Das knittrige Papier mit einem Gruß vom Erzbischof aus Hamburg will er dem Papst überreichen. Zusammen mit einer persönlichen Botschaft. "Ich will Franziskus sagen, dass es traurig ist, dass in einem reichen Land wie Deutschland die Menschen immer noch auf der Straße schlafen müssen." Rümke ist zum Abschluss des Heiligen Jahres zusammen mit Tausenden anderen Obdachlosen und Menschen in Armut aus ganz Europa auf einer Pilgerreise zum Papst. Erster Höhepunkt der Wallfahrt: eine Audienz mit Franziskus.

Viele Teilnehmer sind zum ersten Mal gereist

Aus Deutschland sind mehrere Hundert Bedürftige mit ihren Begleitern dabei, sie kommen aus Hamburg, Bremen, München, aus Münster und anderen Städten in Nordrhein-Westfalen - viele sind zum ersten Mal gereist. Entsprechend aufwendig ist die Logistik, alle zusammenzuhalten. "Die Organisation war gar nicht so einfach", sagt Ingrid Riesenberg, eine Begleiterin von der Münchner Tafel. "Manche haben kurz vorher abgesagt, weil sie einen Gichtanfall bekommen haben oder weil sie Angst vor einem Erdbeben hatten." Jetzt haben sie alle ein straffes Programm: Papst-Audienz, Gottesdienste, Transport von und zu der Unterkunft, Mittagessen. Die durch Spenden finanzierte Wallfahrt endet am Sonntag mit einer Papst-Messe auf dem Petersplatz.

So manch einer schimpft über die Sicherheitsvorkehrungen und andere Tücken: "Hier gibt es lauter Kanäle und Knöpfe, welchen soll man da nur drücken? Sowas Doofes", sagt einer, der an seinem Audiogerät nestelt, mit dem die Sprachen ausgewählt werden können. Ein anderer ruft über mehrere Köpfe hinweg: "Hey Lothar, sehen wir uns nachher auf ein Bierchen?" Wieder andere reden über ihre Zimmer in ihrer Unterkunft in Rom. "Super mit Dusche und Bad", meint einer. "Auch 'ne Mattscheibe?", fragt sein Gesprächspartner. "Ne, das nicht... Hier haste so ein straffes Programm, da stehst du auf und los geht's. Und ich komm echt oft nicht aus dem Quark."

 Rainer Rümke (re.) aus Hamburg ist einer der deutschen Obdachlosen, die zum Papst gereist sind. Hier steht er vor der Audienzhalle in Rom.

Rainer Rümke (re.) aus Hamburg ist einer der deutschen Obdachlosen, die zum Papst gereist sind. Hier steht er vor der Audienzhalle in Rom.

Foto: dpa, cul

Obdachlose umarmen des Papst

Seit Beginn seiner Amtszeit setzt sich Franziskus für die Armen ein, er will weg von Macht und Protz in der Kirche und hin zu einer Kirche für die Armen. Vielleicht ist die Obdachlosen-Audienz am Freitag die Essenz des Heiligen Jahres, das in gut einer Woche endet. Barmherzigkeit hieß das Motto. Dass dies die zentrale Botschaft seines Pontifikats sein soll, vermittelt der 79-jährige Argentinier auch dieses Mal wieder. Einige Obdachlosen umarmen ihn auf der Bühne, eine Frau küsst ihn. "Arm ja, unterdrückt nein, ausgenutzt nein", sagt der Papst. "Arm ja, Sklaven nein." Großer Applaus. Die Reichen würden sich immer mehr bereichern, das sei "sehr traurig".
Berührungsängste hat Franziskus nicht. Von der Gesellschaft ausgeschlossene Menschen sollen im Mittelpunkt stehen, nicht die Machthaber der Kirche.

Was er für eine Botschaft an die Welt sendet, ist klar. Aber was bleibt bei den Teilnehmern? "Der Papst hat keinen Schmuck, kein nichts. Der kommt selbst aus der Armut. Der geht mitten ins Volk. Meine Freundin hat mir noch gesagt, ich soll eine lange Hose und ein langärmliges Hemd anziehen, aus Respekt und so. Jetzt schwitze ich total", sagt Michael Stenger, der auch aus Hamburg gekommen ist. Sein Sitznachbar, Olaf Stahr, fügt hinzu: "Das ist manchmal schon etwas komisch, was der Papst so sagt. Nicht Gott hilft einem, sondern nur man selbst."

(lnw)
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