Wüst und Dreyer gedenken der Flutopfer „Wir bleiben an ihrer Seite“

Düsseldorf · Ein Jahr nach der Jahrhundertflut sind Trauer und Bestürzung in NRW immer noch lebendig. Neben der Anteilnahme am Leid der Angehörigen steht eine Frage im Vordergrund: Wie kann NRW sich besser gegen solche Katastrophen wappnen?

 Hendrik Wüst hat gemeinsam mit Malu Dreyer der Flutopfer gedacht. (Archivfoto)

Hendrik Wüst hat gemeinsam mit Malu Dreyer der Flutopfer gedacht. (Archivfoto)

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) haben der Opfer der Jahrhundertflut gedacht. „184 Menschen verloren ihr Leben. Hunderte wurden verletzt. Viele haben ihr ganzes Hab und Gut verloren“, bilanzierten die beiden Politiker am Mittwoch anlässlich des Jahrestags der Katastrophe in einem gemeinsamen Statement in sozialen Medien.

„Die Hochwasserkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021 war ein Einschnitt in die Geschichte unserer Länder und ganz Deutschlands.“ Allen Betroffenen versicherten die beiden Regierungschefs: „Wir bleiben an Ihrer Seite und setzen weiter alle Kraft in den Wiederaufbau.“ Den vielen Menschen, die ihr eigenes Leben riskiert hätten, um Andere zu retten, gebühre tiefste Dankbarkeit.

Auch zahlreiche weitere Politiker gedachten am Mittwoch der Opfer, besuchten die vor einem Jahr betroffenen Überschwemmungsgebiete oder legten Vorschläge für einen effektiveren Katastrophenschutz vor.

Landtagspräsident André Kuper erinnerte an „die schwerste Naturkatastrophe in der Geschichte“ Nordrhein-Westfalens. Er kondolierte den Hinterbliebenen der Opfer und dankte den Helfern: „Sie haben gezeigt, wie Bürgerinnen und Bürger in einer der dunkelsten Stunden unseres Landes zusammengestanden haben.“

Der Vorsitzende des neu aufgelegten Untersuchungsausschusses zur Jahrhundertflut, Sven Wolf (SPD), versicherte: „Wir werden aufklären und konkrete Vorschläge machen, um den Hochwasserschutz in Nordrhein-Westfalen zu optimieren. Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen, damit sich so eine Katastrophe nie wiederholt.“

Der Vorsitzende des Städtetags in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kufen, mahnte dabei Tempo an und legte konkrete Vorschläge vor. Dazu zählten mehr Übungen für Katastrohenschutz-Szenarien, umfassende, schnelle Lagebilder, krisensichere Kommunikationswege, technisch modernisierte Alarmketten und klare Verantwortlichkeiten.

Tempo beim Ausbau des Katastrophenschutzes sei nicht nur mit Blick auf Hochwasser wichtig, sagte der Essener Oberbürgermeister der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. „Flächendeckende Stromausfälle durch Cyberangriffe sind keine Science-Fiction mehr“, warnte Kufen. „Auch die aktuelle Entwicklung bei der Gasversorgung kann eine ernste Krisenlage auslösen.“

Der Oppositionsführer im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty (SPD), beklagte Vollzugsdefizite: „Weder der Wiederaufbau noch die politische Aufarbeitung sind abgeschlossen“, kritisierte er. „Leider sind die Antragsverfahren für Hilfen immer noch zu bürokratisch, zeitaufwändig und nervenaufreibend organisiert.“ Diese Hürden solle die Landesregierung zügig abbauen. Auch er mahnte an, den Hochwasserschutz organisatorisch und technisch auf den besten Stand zu bringen.

Die Landtagsfraktionschefin der Grünen, Verena Schäffer, betonte: „Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag haben wir bereits festgehalten, dass der vorsorgende Hochwasserschutz als Grundsatz in den Landesentwicklungsplan aufgenommen, dass der Katastrophenschutz ein Schwerpunkt der Innenpolitik und der zügige Wiederaufbau unterstützt wird.“ Für mehr Klimaschutz und Klimafolgenanpassung werde konsequent gesorgt.

CDU-Fraktionschef Thorsten Schick sprach von einer „gewaltigen Narbe auf der Seele unseres Landes“. Er versicherte: „Wir wollen als Land künftig unsere Verantwortung für die Menschen in einem großflächigen Katastrophenfall stärker wahrnehmen und die Behörden sowie Einsatzkräfte vor Ort aktiv unterstützen.“ Eine Erkenntnis aus der Flut sei, dass auch die Menschen in NRW nicht vor tödlichen Naturereignissen gefeit seien. Auch die FDP-Fraktion äußerte ihre Trauer über die Folgen der Katastrophe und forderte Konsequenzen.

Bei der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli 2021 waren allein in NRW 49 Menschen gestorben. Die Schäden werden hier auf etwa 13 Milliarden Euro beziffert. Mit 180 Städten und Gemeinden war fast die Hälfte der Kommunen in NRW betroffen. Im rheinland-pfälzischen Ahrtal hatte die Sturzflut am 14. und 15. Juli 2021 sogar 134 Todesopfer gefordert. In beiden Bundesländern sind für Donnerstag Gedenkveranstaltungen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant.

Ein Untersuchungsausschuss zur Flut durchleuchtet im NRW-Landtag seit vergangenem Oktober das Handeln der Behörden und mögliche Versäumnisse sowie Defizite im Katastrophenschutz. Vielerorts war eine zu späte Alarmierung der Bevölkerung beklagt worden; Kommunikationssysteme waren laut Schilderungen von Rettern teilweise zusammengebrochen.

(kag/dpa)
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