Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts NRW will Frist für Erschließungsbeiträge verdoppeln

Düsseldorf · Wie lange können Anlieger noch für Erschließungskosten zur Kasse gebeten werden? NRW will die Frist, wenige Monate nach der letzten rechtlichen Regelung, schon wieder ändern.

Der Gesetzentwurf soll in den nächsten Wochen im Plenum verabschiedet werden. (Symbolbild)

Der Gesetzentwurf soll in den nächsten Wochen im Plenum verabschiedet werden. (Symbolbild)

Foto: dpa/Oliver Berg

Grundstückseigentümer in Nordrhein-Westfalen sollen bald deutlich länger als bisher an Erschließungsbeiträgen für fertiggestellte Straßen und andere Infrastruktur herangezogen werden können. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, über den am kommenden Freitag abschließend im Kommunalausschuss des Düsseldorfer Landtags abgestimmt werden soll.

Er sieht vor, die Verjährungsfrist, innerhalb derer Eigentümer noch zu Kostenbeteiligungen herangezogen werden können, von zehn auf zwanzig Jahre zu verdoppeln. Die bisherige Beschränkung der Verjährungsfrist auf Beiträge für die technische Erschließung eines Baugrundstücks soll ausgeweitet werden auf andere kommunale Ausgleichsabgaben für Anlieger, die etwa von Kanalanschlüssen, Straßenausbau oder Sanierungen profitieren.

Der Gesetzentwurf soll in den nächsten Wochen im Plenum verabschiedet werden. Die Änderungen sollen rückwirkend zum 1. Juni 2022 in Kraft treten - zu dem Zeitpunkt war die Zehn-Jahres-Frist in NRW erst eingeführt worden.

Auslöser war im November 2021 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die damals noch zeitlich unbegrenzte Erhebung von Erschließungsbeiträgen in Rheinland-Pfalz kassiert hatte. NRW hatte daraufhin aufgrund einer ähnlichen Rechtslage ebenfalls Handlungsbedarf gesehen.

„Dass Anlieger in NRW sich über das Hin und Her bei den Erschließungsbeiträgen ärgern, können die Kommunen nachvollziehen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Christof Sommer, der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. „Bei der Einführung der neuen Regelungen im vergangenen Sommer ist der Landesgesetzgeber zu forsch gewesen.“

Die Zehn-Jahres-Frist nach Fertigstellung einer Straße sei nicht praxistauglich gewesen. Oft komme es zu erheblichen Verzögerungen bis zur endgültigen Abrechnung. „Nun korrigiert das Land seine Fehleinschätzung und passt die Vorgaben an die Realität in den Städten und Gemeinden an.“

Das werde von den Kommunen ausdrücklich begrüßt. „Mit den nun vorgesehenen 20 Jahren bewegt sich NRW in bester Gesellschaft“, unterstrich Sommer. Auch Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen orientierten sich an der 20-Jahres-Marke.

Die Neuregelung und die Vereinheitlichung der Fristen schafften einen fairen Interessenausgleich, lobte der Kommunalverbandsfunktionär. „Auf der einen Seite stehen die berechtigten Interessen der Anlieger, innerhalb eines zumutbaren Zeitraums Klarheit darüber zu haben, ob sie noch mit einer Beitragsbelastung rechnen müssen. Auf der anderen Seite haben wir das ebenso berechtigte Interesse der einfachen Steuerzahler, nicht den Sondervorteil einzelner Grundstückseigentümer tragen zu müssen.“

Von der technischen Erschließung durch eine Straße mit Gehweg, Fahrbahn, Beleuchtung und Entwässerung profitierten schließlich in erster Linie die Anlieger und nicht die Allgemeinheit. „Hier vom Abwälzen von Kosten auf die Bürgerinnen und Bürger oder gar vom Abkassieren zu sprechen, geht weit an der Wahrheit vorbei“, kommentierte er kritische Stimmen in der Debatte, die hohe Nachzahlungen für Hausbesitzer befürchten.

Die FDP-Opposition, die im vergangenen Jahr noch in der Regierung war und die Zehn-Jahres-Frist mitbeschlossen hatte, nannte die kurzfristige Neuregelung „unverhältnismäßig und beliebig“. Die Bürger benötigten Planungssicherheit und müssten sich gerade „in dieser Krisenzeit darauf verlassen können, dass politische Entscheidungen Bestand haben und nicht mit der Wetterfahne gedreht werden“, betonte der Kommunalexperte der FDP-Landtagsfraktion, Dirk Wedel. Wie zuvor beim Thema Abwassergebühren entscheide Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) erneut, „den Kommunen etwas Gutes zu tun und dafür die Bürgerinnen und Bürger zu belasten“.

(kag/dpa)
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