NRW-Verkehrsunfallstatistik für 2022 E-Scooter-Unfälle haben drastisch zugenommen

Düsseldorf · Die elektrischen Roller werden zu einem immer größeren Problem im Straßenverkehr. Erstmals gab es tödliche Unfälle mit E-Scootern in NRW. Die Unfallursache ist häufig Alkohol. Eine weitere Sorge: Es gibt immer mehr tödliche Unfälle mit Pedelecs.

Die Elektroroller werden häufig mitten auf Gehwegen abgestellt.

Die Elektroroller werden häufig mitten auf Gehwegen abgestellt.

Foto: Gerhard Berger

Im vergangenen Jahr hat es in NRW einen deutlichen Anstieg bei Unfällen mit sogenannten E-Scootern gegeben. Laut Verkehrsunfallstatistik verunglückten im Jahr 2022 rund 1800 E-Scooter-Fahrer – etwa 700 mehr als im Jahr davor. Zudem starben in NRW auch zum ersten Mal Menschen bei der Fahrt mit einem E-Scooter – insgesamt drei waren es in Juni und August des vergangenen Jahres.

Besonders in den Nachtzeiten in Großstädten kam es laut der Statistik zu Unglücken. In 68 Prozent der Fälle hatten die Nutzer der kleinen Fahrzeuge – überwiegend jüngere Leute – die Unfälle selbst verursacht, in jedem vierten Fall war Alkohol die Hauptunfallursache. „Angetrunken, jung und ohne Helm“, fasste NRW-Innenminister Herbert Reul die Risikofaktoren zusammen, als die Verkehrsunfallstatistik am Mittwochvormittag präsentierte.

Tatsächlich seien die Unfallzahlen wahrscheinlich noch viel höher als bekannt: „Drei Viertel aller Unfälle werden der Polizei gar nicht erst gemeldet“, sagte Reul. Diese Erkenntnis hätten Gespräche mit Krankenhausärzten ergeben. Unfälle mit E-Scootern seien „ein junges Problem mit einem großen Dunkelfeld“.

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Besonders viele verunglückte E-Scooter-Fahrer gab es im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen im Monat August. Laut Statistischem Landesamt IT.NRW kamen in dem Monat bei insgesamt 265 Unfällen Verkehrsteilnehmer zu Schaden. Zwei Menschen verstarben im gleichen Zeitraum zudem bei einem Unfall mit einem Elektroroller. Der erste tödliche E-Scooter-Unfall hatte sich im Juni ereignet.

Auch in diesem Jahr gab es bereits einen tödlichen Unfall in Bonn. Ein 22-Jähriger war in der Nacht zum 9. Februar mit einem Elektroscooter gestürzt. Ein Taxifahrer hatte den jungen Mann mit schweren Verletzungen neben dem Roller liegend gefunden, wie die Polizei mitteilte. Zu dem Zeitpunkt sei der Verletzte noch ansprechbar gewesen, jedoch kurz darauf ohnmächtig geworden. Er sei wenig später im Krankenhaus gestorben. Nach Angaben der Feuerwehr hatte der 22-Jährige schwere Kopfverletzungen erlitten.

Auch für Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, spielt der Alkoholkonsum der Fahrer eine entscheidende Rolle bei vielen Unfällen. „Die E-Scooter-Fahrer müssen viel stärker kontrolliert werden – insbesondere an den Wochenenden. Außerdem muss es Schwerpunktaktionen geben, die den Fahrern vor Augen führen, wie gefährlich die Fahrt alkoholisiert ist“, so Rettinghaus. Grundsätzlich müsse auch das teils rücksichtslose Verhalten vieler E-Scooter-Fahrer stärker geahndet werden. „Es kann auch nicht sein, dass die Roller ständig auf Gehwegen liegen. Es muss klare Zonen geben, wo man sie abzustellen hat. Und wenn das nicht geschieht, muss der Anbieter für jedes Gerät Strafe zahlen“, fordert Rettinghaus.

Für die E-Scooter fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf maximal 15 km/h. „20 km/h sind einfach zu schnell für einen Roller“, sagte GdP-Verkehrsexperte Heiko Müller.

Seit zwei Jahren gehören die Elektroroller in NRW zum Straßenbild vieler Großstädte. Sie sollen eigentlich eine umweltfreundliche Alternative zum Auto bieten. Doch von Anfang an gab es Ärger, weil sie achtlos auf Bürgersteigen und in wichtigen Zufahrten abgestellt wurden. Vor allem für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind sie eine Stolperfalle.

Neben E-Scootern sorgten 2022 aber auch Pedelecs und E-Bikes für mehr Unfälle als noch im Jahr zuvor: 6700 Menschen wurden bei einem dieser Unfälle verletzt, 48 kamen ums Leben. Diese zahlen stiegen seit Jahren immer weiter, und es gebe mehr Todesfälle, vor allem bei älteren Fahrern, sagte Herbert Reul: 29 der 48 getöteten Personen waren über 65 Jahre. Es gebe also „sowohl ein generelles Pedelec-Problem als auch ein besonderes, tödliches Pedelecproblem bei älteren Menschen“, so der Innenminister. „Da wird unsere Polizei künftig noch mehr tun – mit Präventionsarbeit für Seniorinnen und Senioren, mit Pedelec-Trainings, Simulatoren, Schulungsvideos.“

Axel Fell, Landesvorsitzender des Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Clubs in Nordrhein-Westfalen (ADFC NRW) fordert von der Politik unter anderem mehr Tempo beim Ausbau einer sicheren Radverkehrsinfrastruktur und eine regelmäßigere Ahndung von Verstößen. „Mehr Radverkehr erfordert mehr Platz für sichere Radwege. Aber vielerorts fehlt eine sichere und einladende Fahrradinfrastruktur“, sagt er, „Es reicht nicht, mit dem Farbtopf nachträglich weiße Linien auf die Straße zu pinseln. Es muss endlich Schluss sein mit dem Flickteppich aus zu schmalen und kaputten Radwegen.“

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